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Sieben

Sieben

Titel: Sieben
Autoren: Mark Frost
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waren bis auf die Haut durchnäßt. Doyle ließ sie herein und reichte Larry Handtücher. Dann legte dieser seinen Mantel ab und nahm am Kamin Platz. Doyle schenkte ihm einen Brandy ein. Zeus lag zu seinen Füßen. Larry starrte in die Flammen und leerte das Glas mit einigen Schlucken. Er wirkte kleiner, als Doyle ihn in Erinnerung hatte, sein Gesicht war härter und abgehärmter. Doyle wartete darauf, daß er etwas sagte. »Wir haben Sie einfach am Bahnhof zurückgelassen. Hat mir nich gefallen. Aber der Chef hat gesagt, sie wärn fertig.
    Hätten mehr als genug getan. Kein Grund, Sie noch weiter zu bemühen, hat er gesagt. Er ist schließlich der Boß, oder?«
    »Ich nehme es Ihnen nicht übel, Larry.«
    Larry nickte, dankbar für die Absolution. »Zuerst mußten wir nämlich meinem Bruder ʹn ordentliches Begräbnis verschaffen. Haben ihn nach Hause gebracht. Haben ihn neben unserer Mama beerdigt. Das war gut so.«
    »Ja.«
    »Dann hatte Mr. Sparks was in London zu erledigen. Er hat gesagt, ich soll nach Brighton runter fahren. Da habʹ ich dann gewartet. Wochenlang. Einen Monat. Hab jedes Spiel auf der Strandpromenade gemacht, wirklich. Dann kommt er eines Abends mit 'ner Neuigkeit. Die Fahrten von so 'nem Schoner. Da is nämlich einer aus'm Hafen von Whitby ausgelaufen, in der ersten Woche im neuen Jahr. Is nach Bremen gefahren. Und da wollen wir jetzt auch hin, hat er gesagt.
    Wir nehmen also den nächsten Frachter über'n Kanal. Fahren nach Bremen. Fragen in der Stadt rum; Jack spricht Deutsch, is also kein Problem.«
    »Nein.«
    »Wir suchen nach 'nem Paar; 'nem Mann und 'ner Frau, die in Whitby an Bord gegangen und den Schoner in Bremen verlassen haben. Scheint, daß sie im Frachtraum 'ne Kiste mitgebracht haben. 'n verstorbener Verwandter, haben sie dem Käpt'n erzählt; wollen ihn zurückbringen, damit er in der Heimat begraben wird. Das Paar verläßt Bremen mit der Bahn nach Süden. Da wird die Spur dann kalt. Jeder Bahnhof, jeder dämliche Pfeifenstopp zwischen Bremen und München. Hab mehr von Preußen gesehen als die Preußen. Anstrengend. War schon ziemlich wild drauf, wieder den Boden der Heimat unter die Füße zu kriegen, aber der Chef, der hatte so 'ne Ahnung ...«
    »Salzburg.«
    »Genau, Sir, wo die Brüder, wie Sie wissen, zur Schule gegangen sind. Österreich: Da fahr'n wir also hin und suchen die alte Stadt mit 'ner Lauseharke ab. Stoßen auf'n Kutscher, der sich dran erinnert, 'n Paar gefahren zu haben, auf das unsere Beschreibung paßt. Hat sie zu 'nem Ort gebracht, der zwei Stunden nördlich liegt, 'n kleines Städtchen am Inn. Scheint, das Paar hat sich dort 'n Haus genommen und bar dafür bezahlt. Wir haben Glück - daneben wohnt 'ne neugierige alte Schachtel, und 'ne alte Frau hat nichts Besseres zu tun, als 'n ganzen Tag und die ganze Nacht durch ihre Spitzenvorhänge zu schielen.
    Ja, sie hat sie ankommen sehen, aber sicher. Und sie haben 'ne große Holzkiste aus'm Wagen geladen. Das einzige Gepäck, das sie mitgebracht haben, außer dem, was sie in der Hand hatten, und das hat die Alte beschäftigt. Hat nämlich 'ne komische Lebensart, das Paar. Im Haus brennt die ganze Nacht das Licht. Sind zwei Monate geblieben, haben aber nie 'n Wort mit ihr gesprochen. Nicht sehr nachbarschaftlich, was?«
    »Wo waren die beiden, als Sie dort ankamen?«
    Larry schüttelte den Kopf. »Waren seit 'ner Woche weg, sagt die Alte. Wir gehen also selbst ins Haus. Wenn man's innen als 'n Schlachtfeld beschreiben würde, wär's untertrieben: Es war, als hätt' jemand 'n Fegefeuer angefacht, das Ganze halb zusammenschmelzen und dann abkühlen lassen. Alles war butterweich, die Mauern wie Aspik ... Ich hab' keine Ahnung, wie die noch stehen konnten.«
    Doyle kannte diese Auswirkungen nur zu gut: die Blavatsky hatte es als etwas beschrieben, das von der anderen Seite aus durchbrach. »Hat das Paar irgend etwas zurückgelassen?«
    »Die Kiste. Was noch davon übrig war. Versengt, zu Zahnstochern zersplittert. Leer. Stand auf 'nem Haufen Dreck, wie die, die wir in der Abtei von Whitby gesehen haben.«
    »Und es war nichts mehr drin?«
    »Nein, Sir.«
    Larrys Gesichtsausdruck gefiel Doyle nicht. Er kündigte etwas Schlimmes an.
    »Was ist dann passiert, Larry?«
    »Wir haben uns bemüht, ihre Spur wieder aufzunehmen, so frisch sie war, erst 'ne Woche alt. Führte nach Südwesten, in 'n kleinen Ort in der Schweiz, zwischen Zürich und Basel.
    'n Erholungsgebiet, die Leute gehn da hin, um das Wasser zu trinken.
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