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Sie sehen dich

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Titel: Sie sehen dich
Autoren: H Coben
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Dabei hab ich …« Er brach ab, schluckte, sah wieder zur Decke. »Ich wollte Betsy nichts davon erzählen. Sie hatte schon so viel durchgemacht, und ich dachte
mir, dass es doch eigentlich keine Rolle spielt. Spencer war tot. Warum sollte ich es Betsy noch schwerer machen? Und so etwas Ähnliches hast du dir auch gedacht, stimmt’s, Adam?«
    Adam antwortete nicht.
    »Also hab ich nichts gesagt. Aber in der Nacht, in der er gestorben ist, habe ich mich in seinem Zimmer umgesehen. Und dabei habe ich unter seinem Bett achttausend Dollar Bargeld gefunden  – und daneben ein paar von denen.«
    Ron warf einen Rezeptblock auf den Tisch. Einen Moment lang starrten alle darauf.
    »Du hast deinem Vater nicht die Rezeptblöcke gestohlen«, sagte Betsy. »Das war Spencer. Er hat sie aus euerm Haus gestohlen, stimmt’s?«
    Adam senkte den Kopf.
    »Und an dem Abend, an dem er sich umgebracht hat, hattest du es gemerkt. Du hast ihm das vorgehalten. Du warst wütend. Ihr habt euch gestritten. Darum hast du ihn geschlagen. Als er dich hinterher angerufen hat, wolltest du keine Entschuldigungen hören. Dieses Mal war er zu weit gegangen. Also bist du nicht ans Telefon gegangen, so dass Spencer nur auf die Mailbox sprechen konnte.«
    Adam kniff die Augen zu. »Ich hätte rangehen müssen. Ich hab ihn geschlagen. Ich hab ihn beschimpft und gesagt, dass ich kein Wort mehr mit ihm spreche. Dann hab ich ihn da allein sitzen lassen, und als er um Hilfe gerufen hat …«
    Danach ging es im Raum drunter und drüber. Natürlich gab es viele Tränen. Umarmungen. Entschuldigungen. Alte Wunden wurden aufgerissen und wieder geschlossen. Hester nutzte die Stimmung. Sie sprach mit LeCrue und Duncan. Alle verstanden, was hier los war. Keiner wollte die Bayes anklagen. Adam würde mit ihnen zusammenarbeiten und helfen, Rosemary und Carson ins Gefängnis zu bringen.
    Aber das war noch Zukunftsmusik.

    Später am Abend, als Adam wieder zu Hause war und sein Handy wiederhatte, kam Betsy Hill herüber.
    »Ich will sie hören«, sagte sie zu ihm.
    Und dann hörten sie sich gemeinsam die letzte Nachricht an, die Spencer abgeschickt hatte, bevor er seinem Leben ein Ende setzte.
    »Es geht nicht gegen dich, Adam. Okay, Mann. Du musst das verstehen. Es geht gegen niemand. Das ist einfach zu heavy. Das war schon immer zu heavy …«

    Eine Woche später klopfte Susan Loriman an Joe Lewistons Haustür.
    »Wer ist da?«
    »Mr Lewiston? Hier ist Susan Loriman.«
    »Ich bin ziemlich beschäftigt.«
    »Machen Sie bitte auf. Es ist sehr wichtig.«
    Ein paar Sekunden lang war es still, dann folgte Joe Lewiston ihrer Bitte. Er trug ein graues T-Shirt. Seine Haare standen wild vom Kopf ab, und er hatte noch Schlaf in den Augen.
    »Mrs Loriman, wie Sie sehen, ist das jetzt wirklich keine gute Zeit.«
    »Für mich ist es auch keine gute Zeit.«
    »Die Schule hat mich beurlaubt.«
    »Ich weiß. Das tut mir leid für Sie.«
    »Wenn es also um die Spendenrallye für Ihren Sohn geht …«
    »Das tut es.«
    »Sie glauben doch nicht, dass ich dafür als Leiter jetzt noch in Frage komme.«
    »Da irren Sie sich. Genau das tue ich nämlich.«
    »Mrs Loriman …«
    »Ist je ein naher Verwandter von Ihnen gestorben?«

    »Ja.«
    »Würden Sie mir erzählen, wer das war?«
    Das war eine seltsame Frage. Lewiston seufzte und sah Susan Loriman in die Augen. Ihr Sohn lag im Sterben, und aus irgendeinem Grund schien ihr diese Frage wichtig zu sein. »Zum einen meine Schwester Cassie. Sie war ein wahrer Engel. Man konnte sich überhaupt nicht vorstellen, dass ihr je etwas passiert.«
    Susan wusste das natürlich. In den Nachrichten hatten sie die ganze Zeit über Cassandra Lewistons verwitweten Ehemann und seine Morde berichtet.
    »Noch jemand?«
    »Mein Bruder Curtis.«
    »War er auch so ein Engel?«
    »Nein. Ganz im Gegenteil. Ich sehe ihm ziemlich ähnlich. Viele Leute sagen, dass ich ihm wie aus dem Gesicht geschnitten bin. Aber er hat sein Leben lang nichts als Ärger gemacht.«
    »Woran ist er gestorben?«
    »Er wurde ermordet. Wahrscheinlich bei einem Raubüberfall.«
    »Ich habe die Krankenschwester gleich mitgebracht.« Susan drehte sich um. Eine Frau stieg aus dem Wagen und kam auf das Haus zu. »Sie kann die Blutprobe sofort nehmen.«
    »Ich versteh nicht, was das soll.«
    »Eigentlich haben Sie gar nichts furchtbar Schlimmes getan, Mr Lewiston. Sie haben sogar die Polizei gerufen, als sie gemerkt haben, was Ihr früherer Schwager getan hat. Sie müssen jetzt an
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