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Sie sehen dich

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Titel: Sie sehen dich
Autoren: H Coben
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einen Neuanfang denken. Und dieser Schritt, Ihre Bereitschaft bei der Rettung meines Sohns zu helfen, obwohl Sie gerade so viel durchgemacht haben, wird die Menschen berühren. Bitte, Mr Lewiston. Bitte helfen Sie, meinen Sohn zu retten.«
    Er sah aus, als wollte er protestieren. Susan hoffte, dass er das nicht tat. Aber auch darauf hatte sie sich vorbereitet. In dem Fall würde sie ihm erzählen, dass ihr Sohn Lucas zehn Jahre alt war. Sie würde ihn daran erinnern, dass sein Bruder Curtis vor elf Jahren
gestorben war  – also neun Monate vor Lucas’ Geburt. Sie würde Joe Lewiston erzählen, dass die beste Möglichkeit, einen passenden Spender zu finden, ein Onkel des leiblichen Vaters war. Susan hoffte, dass es nicht dazu kam. Aber inzwischen war sie bereit, auch diesen Schritt zu gehen  – wenn es sich nicht vermeiden ließ.
    »Bitte«, sagte sie noch einmal.
    Die Krankenschwester kam näher. Joe Lewiston sah Susan noch einmal ins Gesicht. Offenbar erkannte er die Verzweiflung, die darin lag.
    »Also gut«, sagte er. »Kommen Sie rein, dann bringen wir es hinter uns.«

    Tia war fasziniert, wie schnell ihr Leben wieder zur Normalität zurückgekehrt war.
    Hester hatte Wort gehalten. Sie hatte Tia keine zweite Chance gegeben  – beruflich. Also hatte Tia gekündigt und suchte jetzt einen anderen Job. Die Vorwürfe gegen Mike und Ilene Goldfarb wegen Missbrauchs ihrer Rezeptblöcke waren fallen gelassen worden. Die Behörde hatte zwar pro forma eine Ermittlung eingeleitet, aber die Praxis lief ganz normal weiter. Es gab Gerüchte, dass ein passender Nierenspender für Lucas Loriman gefunden worden war, aber von sich aus sprach Mike nicht darüber, und sie fragte auch nicht nach.
    Während der ersten, sehr emotionalen Tage hatte Tia gedacht, Adam würde sein Leben völlig umkrempeln und ein lieber, netter Junge werden, der er eigentlich nie gewesen war. Aber Jugendliche funktionierten nicht wie Lichtschalter. Adam ging es besser  – das war keine Frage. Im Augenblick stand er draußen im Tor und versuchte, die Schüsse seines Vaters zu halten. Wenn Mike einen Puck an ihm vorbeibekam, rief er »Tor!« und sang die Torhymne der Rangers. Das war eine altbekannte und wohltuende Geräuschkulisse, aber früher war Adam auch zu hören gewesen.
Jetzt gab er keinen Ton von sich. Er spielte schweigend, während sich in Mikes Stimme Freude und Verzweiflung mischten.
    Mike wollte immer noch das Kind zurückhaben. Das war aber höchstwahrscheinlich verschwunden. Und das war wohl auch ganz richtig so.
    Mo bog in die Einfahrt. Er holte Mike und Adam zum Spiel der Rangers gegen die Devils ab. Anthony, der den beiden gemeinsam mit Mo das Leben gerettet hatte, ging auch mit. Mike hatte gedacht, dass Anthony ihm schon beim ersten Mal in der Gasse das Leben gerettet hatte, aber da hatte Adam die Angreifer lange genug abgelenkt  – was er mit der Narbe von einem Messerstich beweisen konnte. Für Eltern war es ein ergreifender Gedanke, dass der Sohn den Vater gerettet hatte. Mike hatte ganz feuchte Augen bekommen und wollte sich bedanken, aber Adam wollte nichts davon wissen. Der Junge war tapfer und schweigsam.
    Wie sein Vater.
    Tia sah aus dem Fenster. Die beiden kindsköpfigen Männer kamen ans Fenster, um sich zu verabschieden. Sie winkte und warf ihnen eine Kusshand zu. Sie winkten zurück, drehten sich um und stiegen in Mos Wagen. Dann sah sie ihnen nach, bis der Wagen um die Ecke verschwunden war.
    Sie rief: »Jill?«
    »Ich bin hier oben, Mom.«
    Sie hatten das Spionageprogramm von Adams Computer löschen lassen. Man konnte das aus zig verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Vielleicht wäre Spencer zu retten gewesen, wenn Ron und Betsy genauer auf ihn achtgegeben hätten. Vielleicht aber auch nicht. Im Universum gab es nun mal eine gewisse Schicksalhaftigkeit und Zufälligkeit. Mike und Tia waren um ihren Sohn extrem besorgt gewesen  – und plötzlich hatte ihre Tochter Jill in akuter Lebensgefahr geschwebt. Jill hatte ein Trauma erlitten, weil sie auf einen Menschen schießen und ihn töten musste. Warum?

    Zufall. Sie war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen.
    Man konnte jemandem nachspionieren, die Zukunft voraussagen konnte man nicht. Vielleicht wäre Adam aus eigener Kraft aus der Situation herausgekommen. Vielleicht hätte sein Plan, die Gespräche im Club Jaguar mitzuschneiden, funktioniert. Und Mike wäre nicht überfallen und beinah erschlagen worden. Und dieser wahnsinnige Carson hätte
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