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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten!
Autoren: Lilli Beck
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tatsächlich ganz feierlich zumute an diesem besonderen Tag. «Fabian wird sich freuen, wenn wir endlich seinen Grill einweihen.»
    Charlie kratzt sich nachdenklich am Kinn. «Wieso Grillfest?», fragt er und schlägt sich einen Moment später mit der Hand auf die Stirn. «Scheiße, der Notar! Sorry, aber ich werde zum ersten Mal Vater, und das blockiert meine Denkvorgänge.»
    «Blödmann», schimpft Marie lachend. «Wie kann man nur so einen wichtigen Termin vergessen! Schäm dich.» Beim werdenden Urgroßvater bedankt sie sich mit einem Küsschen für die fleischlose Kost. Dann wackelt sie mit Charlie an der Hand davon, um sich anzuziehen. Alleine kann sie kaum noch laufen.
    «Ich habe auch eine kleine Überraschung für dich», verkündet Lotte mit seltsam wässrigen Augen. «Du musst es sofort aufmachen.» Sie überreicht mir ein bunteingewickeltes Päckchen mit roter Schleife.
    «Aber mein Geburtstag ist doch erst nächsten Monat», entgegne ich verwundert.
    «Das ist ja auch ein Dankeschön für deine freundliche Aufnahme, Liebchen! Nicht jede Schwiegertochter hätte eine verrückte Alte wie mich bei sich einziehen lassen.»
    Da hat sie mit Sicherheit recht, aber das behalte ich lieber für mich. Gespannt nehme ich die Schleife ab und reiße das geblümte Geschenkpapier ab. «Wow!», entfährt es mir, als ich den Deckel des schwarzen Lackkartons abnehme. Es sind Stilettos aus dunkelrotem Veloursleder!
    «Los, anprobieren», fordert Lotte. «Ich hoffe, sie passen – damit du endlich aus deinen unsexy Slippern rauskommst. Suse hat mir beim Aussuchen geholfen. Sie meinte, rote Pumps wären in dieser Saison
der
Trend.»
    Gespannt beobachten mich die Umstehenden, wie ich, zum ersten Mal im Leben, in ein Paar provokant hohe Schuhe steige. Sie passen tatsächlich und sind sogar ganz bequem.
    «Was für ein schönes Geschenk, danke, Lotte. Und sie gefallen mir sehr», versichere ich, halte mich an der Arbeitsplatte fest und wage ein paar Schritte. «Ob ich darin weit gehen kann, bezweifele ich allerdings.»
    Sie winkt lachend ab und hakt sich bei meinem Vater unter. «Du musst ja nicht in die Berge damit marschieren oder in den Supermarkt zum Großeinkauf. Aber vielleicht am Arm eines Mannes in ein tolles Restaurant.»
    «Von welchem Mann ist hier die Rede?» Juliane tapst barfüßig, im halblangen Schlafshirt und mit verstrubbelten Haaren in die Küche. «Hey, coole Schuhe. Sind die neu?»
    «Nagelneu», verkündet Lotte und schiebt mich aus der Küche. «Du setzt dich jetzt an den Esstisch und lässt dich heute mal verwöhnen. Ums Frühstück kümmern wir uns.» Übermütig zwinkert sie mir zu. «Wer weiß, vielleicht spaziert auch gleich dein Kavalier herein, dann kannst du die Schuhe gleich einlaufen.»
    Nur zu gerne füge ich mich und nehme am Tisch Platz – ziehe aber vorher lieber die Pumps aus.
    Zwanzig Minuten später haben Lotte, Juliane und Fabian den runden Esstisch mit allem beladen, was die Küche hergibt.
    Wir verteilen uns auf die angestammten Plätze. Fabian erscheint mit einer Miniausgabe des Pavillons, in Zellophan gehüllt.
    «Mein Abschiedsgeschenk, Mami», sagt er und überreicht mir das Präsent. «Von mir selbst gefertigt. Es ist eine Keksdose.»
    «Abschiedsgeschenk?», wundere ich mich. «Das klingt ja so endgültig. Du hast doch versprochen, deine Reise nach Amerika würde höchstens ein paar Wochen dauert.» Mein Glucken-Gen habe ich also immer noch.
    «Na, mal sehen, in gut drei Monaten ist ja Weihnachten, vielleicht bin ich da schon wieder zurück», beruhigt er mich.
    Volker gesellt sich wie üblich als Letzter zu unserem Samstagsfrühstück, umweht von einer aufdringlichen Aftershave-Wolke. «Was gibt’s Neues?» Er setzt sich an die Stirnseite des Tisches und kontrolliert mit der Hand den Sitz seiner Gelfrisur.
    Die Kinder starren ihn vorwurfsvoll an.
    «Ist irgendwas?», fragt er verunsichert und streicht sich erneut übers Haar.
    Typisch. Veränderungen verdrängt er nur zu gerne. Und gerade der heutige Tag bedeutet eine massive Veränderung. Möglicherweise erinnert sich Volker aber auch an damals, als die Villa von seinen Großeltern auf uns überschrieben wurde, und nun versucht er, seine Gefühle zu verbergen.
    Zugegeben, ein bisschen mulmig ist mir auch. Nicht nur wegen dieses bedeutsamen Tages. Ich atme tief ein und blicke in die Runde. «Ich möchte gerne etwas sagen.»
    «Au ja, eine Ansprache», ermuntert mich Juliane, die sich mittlerweile umgezogen, frisiert und
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