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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten!
Autoren: Lilli Beck
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Lover …»
    «Er ist nicht mein Lover», unterbreche ich sie protestierend. «Außerdem hat er mir schon einmal das Herz gebrochen. Damals, als er von einem Tag auf den anderen verschwunden ist, wie ein Krimineller.»
    «Und du hast nie erfahren, warum?», fragt Suse.
    «Nein, ich habe ihn heute das erste Mal wiedergesehen. Ich habe ihn aber nicht auf sein Verschwinden angesprochen. Es ist doch alles Lichtjahre her», antworte ich und nehme einen Schluck aus meinem Glas. Ich fühle noch genau, wie traurig und verzweifelt ich war, als sei es erst gestern passiert. Damals glaubte ich, mich nie wieder davon zu erholen. «Irgendwann hieß es, er sei mit seinen Eltern auf einer Segeltour. Das war natürlich gelogen, John hat nie gesegelt und seine Eltern auch nicht. Die waren übrigens nicht verreist. Damit war klar, dass er gelogen hat. Und selbst wenn er mit irgendwelchen Freunden auf Tour war, warum hätte er mir das verschweigen sollen?»
    «Mistkerl», flucht Suse und nimmt mit zusammengekniffenen Augen einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. «Sind doch alle gleich. Erst versprechen sie dir einen Rosengarten, und wenn sie haben, was sie wollten, ziehen sie den Schwanz ein.» Sie seufzt aus tiefstem Herzen.
    «Na ja, ich war zu jener Zeit vielleicht einfach zu naiv», wende ich ein. «Mit achtzehn will man einem Mann doch nur zu gerne glauben, wenn er ewige Liebe schwört. Ich hätte auf meinen Vater hören sollen. Der war von Anfang an gegen die Beziehung.»
    «So weit kommt’s noch, dass du dir die Schuld gibst», tadelt sie mich mit vorwurfsvollem Blick. «Schließlich ist er der Schuft. Es sind doch immer die Männer, die nichts anbrennen lassen, aber immer unschuldig sind. Selbst wenn man sie auf frischer Tat erwischt, behaupten sie, die Frauen wären schuld, weil sie zu tiefe Ausschnitte, zu hohe Schuhe oder zu kurze Röcke trügen.»
    In Wahrheit regt Suse sich nicht nur meinetwegen so auf. Noch vor zwei Jahren war sie in einer ähnlichen Situation. Ihr Mann hat sie jahrelang mit einer gemeinsamen Freundin betrogen. Alle, die davon wussten, haben hinter vorgehaltener Hand getuschelt, aber ihr gegenüber dichtgehalten. Inzwischen ist sie, genau wie ich, glücklich geschieden. Und steht vor einem Neuanfang. Das verbindet.
    «Danke für dein Mitgefühl, Suse, aber ich versichere dir, dass ich gut mit der Situation zurechtkomme und absolut nichts mehr für ihn empfinde. John ist der Makler, der das Haus verkaufen soll», behaupte ich mit fester Stimme. «Und in der Eigenschaft war er heute hier, hat das Objekt besichtigt und Fotos gemacht.»
    «Na, hoffentlich denkt er über euer Wiedersehen genauso und setzt sich nicht plötzlich wieder ab, sondern benimmt sich professionell und konzentriert sich auf seinen Job.»
    «Und was gibt es bei dir Neues?», frage ich, um das Thema zu wechseln. «Was macht der Laden?»
    «Da läuft alles super, Rosy.» Sie holt tief Luft. «Und stell dir vor, ich kann viel früher eröffnen als geplant!»
    «Nein!»
    «Doch! Die Ladeneinrichtung wird Anfang nächster Woche geliefert, und der Schreiner hat mir einen preisgünstigen Maler empfohlen.» Ihre Stimme überschlägt sich vor Aufregung.
    «Wahnsinn! Das ging ja irre schnell.» Ich bin ehrlich beeindruckt. Suse rechnete nämlich mit monatelangen Vorbereitungen, bis sich ihre Träume erfüllen würden.
    «Und für einen Namen habe ich mich inzwischen auch entschieden: Le Bagage! Wie findest du das?»
    «Le Bagage»
, wiederhole ich andächtig. «Klingt nach allerfeinsten Lederwaren. Edel, chic und teuer. Ich wünsche dir wirklich ganz viel Glück und jede Mende Kunden mit prallgefüllten Geldbörsen oder Kreditkarten ohne Limit.»
    Zufrieden zündet Suse sich einen weiteren Glimmstängel an und pustet dicke Rauchwolken in die Luft. «Weißt du noch, was ich dir bei unserer ersten Begegnung erzählt habe?»
    In Erinnerung an die absurde Situation vor knapp zehn Jahren muss ich laut lachen. «Du meinst, als wir um dieselbe Tasche
gekämpft
haben?»
    Ich hatte mich in eine dieser sündhaft teuren Boutiquen in der Innenstadt gewagt. Normalerweise gehörten die nicht zu meinen Stammläden, aber im Schlussverkauf traute selbst ich mich auf dieses exklusive Terrain. Und ich fand tatsächlich ein rotes Modell, das mir auf Anhieb gefiel. Als ich danach griff, fauchte mich jemand von der Seite an. «Die gehört mir!» Suse stand plötzlich direkt neben mir, griff ebenfalls nach der Tasche und funkelte mich mit ihren grünen Augen giftig an.
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