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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft
Autoren: O Kalemi
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Gericht kam, wurde ich nicht als Zeugin aufgerufen, weil ich noch so jung war und Yula an meiner Stelle hinging – also erfuhren meine Eltern auch diesmal nichts. Der Fünfzehnjährige, der mich zuerst vergewaltigt hatte, wurde zu drei Jahren verurteilt. Der Blonde bekam zwölf Jahre und der Große drei. Aber das war mir im Grunde egal. Ich konnte nur an die Sünde denken, die ich begangen hatte, wenn ich mich im Spiegel sah. Ich verabscheute mich. Ich war gezeichnet, innerlich tot und fühlte rein gar nichts mehr. Die Schule, meine Familie, meine Freunde – alles war mir egal, weil ich mich völlig leer fühlte. Ich lebte einfach weiter wie vorher, ging zur Schule und kam nach Hause, aber ich fühlte nichts.
    Sechs Monate später trennten sich meine Eltern endgültig. Wir überließen Papa die Wohnung, und Mama und ich zogen in ein schmuddeliges Zimmer mit einem Einzelbett, einem Tisch und einem Stuhl. Ich hatte gehofft, wir würden uns näherkommen, aber nachdem sich meine Mutter von meinem Vater befreit hatte, ging sie fast jeden Abend aus. Viel mehr als einen Schatten, der sich neben mich ins Bett legte und nach Alkohol und Zigaretten roch, bekam ich nicht zu sehen.
    Ein paar Monate darauf ging ich einfach nicht mehr zur Schule. Unsere neue Wohnung lag am anderen Ende von Simferopol, und außerdem hatte ich jegliches Interesse am Lernen verloren. Meine Träume von einem guten Schulabschluss und einem ordentlichen Beruf hatten nach dem Tag am Strand für mich keine Bedeutung mehr. Mama wollte mich überreden,weiter zur Schule zu gehen, aber ich hielt an meinem Entschluss fest, und nachdem ich ein paar Wochen zu Hause geblieben war, meinte sie, ich müsse jetzt für meinen Lebensunterhalt selbst aufkommen.
    »Wenn du nicht lernst, musst du Geld verdienen«, sagte sie. »Du kannst dich nicht von mir durchfüttern lassen und nichts dazutun. Jetzt wirst du schon sehen, wie hart das Leben ist.«
    So war ich also in dem Café gelandet, in dem ich jetzt stand, als sich der Mann von seinem Platz erhob und aus dem Fenster starrte. Ich senkte den Kopf und trocknete weiter Gläser ab.
    Wann immer mein geheimnisvoller Freund ins Café kam, blieb ich ruhig und ging auf seine Annäherungsversuche nicht ein. Trotzdem wartete er eines Abends draußen vor dem Café mit einem riesigen Blumenstrauß auf mich, als ich Feierabend hatte.
    »Hallo«, sagte er und hielt mir die Blumen hin. »Ich heiße Sergej. Hätten Sie vielleicht Lust auf einen kleinen Spaziergang?«
    Gegen meinen Willen musste ich lächeln – die Blumen waren wunderschön, und irgendwie hatte ich Schmetterlinge im Bauch, weil ich diesem attraktiven Mann so nah war.
    »Ach, kommen Sie schon«, meinte er, als er sah, dass ich noch überlegte. »Wie heißen Sie?«
    »Oxana«, sagte ich zögerlich.
    »Also, Oxana – es wäre mir wirklich eine große Ehre, wenn Sie mit mir spazieren gehen würden. Wohnen Sie weit weg?«
    Ohne lange nachzudenken, antwortete ich ihm, und wir schlenderten los. Bald waren wir ins Gespräch vertieft, dann setzten wir uns in den Park, um weiterzuplaudern. Sergej war zweiundzwanzig, witzig und so attraktiv, dass ich ganz nervöswurde. Als wir uns verabschiedeten, war ich aufgeregt, hatte aber auch Angst. Ich war so lange innerlich wie tot gewesen, dass ich mich damit sicherer fühlte. Wollte ich wirklich ins Leben zurück und riskieren, dass ich wieder verletzt wurde? Und ganz bestimmt würde Sergej bald merken, dass ich nichts taugte, dass eine Sünde in mir war, und dann wäre alles vorbei. Aber er merkte nichts. Tag für Tag kam er wieder und wartete auf mich; dann gingen wir spazieren und hielten uns im Park an der Hand, wenn es Abend wurde. Mir wurde ganz warm tief innendrin, wenn er lächelte, und in seiner Gegenwart blühte ich auf. Dann, eines Abends, küsste er mich unter einem Baum im Park – es war ein sanfter, herrlicher Kuss, der genauso war, wie ich es mir erträumt hatte.
    »Jetzt bist du mein Mädchen, Oxana«, sagte Sergej zärtlich.
    »Ja«, antwortete ich und war so glücklich, wie ich es schon nicht mehr erwartet hatte.
     
    »Willst du das wirklich, Oxana?«, fragte Sergej, und ich sah die Sorge in seinen grünen Augen.
    Ich nickte. Wir waren im Schlafzimmer einer Wohnung, die einem seiner Freunde gehörte. Es war früher Nachmittag, aber die Vorhänge waren zugezogen, sie sollten das Tageslicht fernhalten. Ich trug nur meinen BH und ein Höschen.
    »Das ist gut«, sagte er. »Und ich will es auch, aber du sollst dir
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