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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Autoren: Richard P. Feynman
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sie, daß da irgendein Trick dahinter stecken mußte - daß ich irgendwie Bescheid wußte.
    Also gab ich zu, was los war, daß ich die Sendung oben eine Stunde früher hören konnte.
    Man kann sich natürlich denken, was die Folge war. Jetzt wollte keiner mehr bis zur regulären Sendezeit warten. Sie mußten alle oben in meinem Labor vor diesem winzigen, knackenden Radio sitzen und eine halbe Stunde lang den Eno Crime Club aus Schenectady hören.
    Wir wohnten damals in einem großen Haus; mein Großvater hatte es seinen Kindern vererbt, und außer dem Haus besaßen sie nicht viel. Es war ein sehr großes Holzhaus, und ich zog außen herum überall Drähte und hatte in allen Zimmern Stecker, so daß immer eine Verbindung zu meinen Radiogeräten bestand, die oben in meinem Labor waren, und ich immer Radio hören konnte. Ich hatte auch einen Lautsprecher - keinen ganzen Lautsprecher, nur den Teil, auf dem sonst der große Schalltrichter sitzt, aber der fehlte.
    Eines Tages hatte ich meine Kopfhörer auf und schloß sie an den Lautsprecher an, und dabei entdeckte ich etwas: Ich legte meinen Finger auf den Lautsprecher und konnte das im Kopfhörer hören; ich kratzte auf der Membran herum und hörte das dann im Kopfhörer. Auf diese Weise entdeckte ich, daß der Lautsprecher wie ein Mikrophon wirken konnte, und dazu brauchte man nicht einmal Batterien. In der Schule nahmen wir gerade Alexander Graham Bell durch, also führte ich den Lautsprecher mit dem Kopfhörer vor. Ich wußte es damals nicht, aber ich glaube, das war die Art Telephon, die er ursprünglich verwendete.
    Jetzt hatte ich also ein Mikrophon und konnte im Haus von oben nach unten und von unten nach oben senden, wobei ich die Verstärker aus meinen Ramsch-Radios verwendete. Meine Schwester Joan, die neun Jahre jünger war als ich, muß damals ungefähr zwei oder drei gewesen sein, und im Radio gab es einen Typ, der Uncle Don hieß und den sie sich gern anhörte. Er sang Liedchen über »brave Kinder« und so weiter und las Karten vor, die Eltern geschickt hatten, in der Art wie »Mary Soundso in der Fiatbush Avenue Nr. 25 hat diesen Samstag Geburtstag«.
    Eines Tages sagten mein Vetter Francis und ich zu Joan, sie solle sich hinsetzen, es gebe eine besondere Sendung, die sie sich anhören müsse. Dann rannten wir die Treppe hoch und fingen an zu senden: »Hier spricht Uncle Don. Wir kennen ein sehr liebes kleines Mädchen, es heißt Joan und wohnt am New Broadway; es hat bald Geburtstag - nicht heute, aber dann und dann. Sie ist ein hübsches Mädchen.« Wir sangen ein Liedchen, und dann machten wir Musik: »Diedel diedel die, dudel dudel du; diedel diedel die, dudel dudel du ...« Wir zogen die ganze Sache durch, und dann kamen wir wieder herunter: »Na, wie war's? Hat dir die Sendung gefallen?«
    »Es war gut«, sagte sie, »aber warum habt ihr die Musik mit dem Mund gemacht?«
    Eines Tages bekam ich einen Anruf: »Mister, sind Sie Richard Feynman?«
    »Ja.«
    »Hier ist ein Hotel. Wir haben ein Radio, das nicht funktioniert, und wir würden es gern reparieren lassen. Wir haben gehört, daß Sie vielleicht etwas daran machen können.«
    »Aber ich bin ja nur ein kleiner Junge«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wie - «
    »Ja, das wissen wir, aber wir hätten trotzdem gern, daß Sie mal rüberkommen.«
    Es war ein Hotel, das von meiner Tante geführt wurde, aber das wußte ich nicht. Ich ging hin - man erzählt sich die Geschichte heute noch - mit einem großen Schraubenzieher hinten in der Hosentasche. Na, ich war ja noch klein, da sah hinten in meiner Hosentasche jeder Schraubenzieher groß aus.
    Ich nahm mir das Radio vor und versuchte es in Ordnung zu bringen. Ich verstand überhaupt nichts davon, aber es gab auch ein Faktotum in dem Hotel, und entweder ihm oder mir fiel auf, daß am Regelwiderstand - mit dem man die Lautstärke reguliert - ein Knopf locker war, so daß sich die Welle nicht drehte. Er ging weg und feilte irgend etwas zurecht und brachte es in Ordnung, und so lief es dann.
    Das nächste Radio, das ich zu reparieren versuchte, ging überhaupt nicht. Das war leicht: der Stecker steckte nicht richtig in der Steckdose. Je komplizierter die Reparaturaufträge wurden, desto besser und geschickter wurde ich. Ich kaufte mir in New York ein Milliamperemeter und verwandelte es in ein Voltmeter mit verschiedenen Skalen, indem ich feine Kupferdrähte in der richtigen Länge verwendete (die ich mir ausgerechnet hatte). Es war nicht besonders genau,
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