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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown
Autoren: Hansjörg Anderegg
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haben noch keinen Fehler gefunden?«
    »Wir überprüfen alle betroffenen Leitungen, Transformatoren, Verteiler, Niederspannungsnetze und so weiter ...«
    »Das war nicht die Frage. Sie weichen aus. Haben Sie nun Fehler gefunden oder nicht?«
    »Die Antwort ist Ja, blöde Kuh!«, rief Emma dazwischen.
    Sie hasste Tautologien, Geschwätz vom Typ ›A oder nicht A‹, das nur wahr sein konnte, also nichts aussagte. Jim Ward wirkte inzwischen entspannter. Er reagierte nicht mehr auf die fortgesetzten Angriffe der Moderatorin, lächelte gar verbindlich, als er antwortete:
    »Über neunzig Prozent unserer Hardware sind überprüft und weisen keine Fehler auf. Das ist eine gute Nachricht.«
    Die Miene der Moderatorin wurde umso ernster. »Es handelt sich also um ein Softwareproblem? War ein Hackerangriff der Auslöser des Blackouts? Wird Kaliforniens Energieversorgung von Cyberterroristen bedroht?«
    »Langsam, Janice. Soweit sind wir noch lange nicht. Ich kann der Bevölkerung dieses wunderbaren Staates versichern, dass unsere Softwarespezialisten das Netz vollkommen unter Kontrolle haben. Sie arbeiten mit Hochdruck an der Fehlersuche. Wir werden die Bevölkerung selbstverständlich sofort informieren, sobald wir mehr wissen. Das ist unsere Pflicht, und die nehmen wir ernst.«
    »Bla bla bla ...«, ärgerte sich Jen. »Ich glaube, wir haben genug gehört.«
    Die profilneurotische Moderatorin widerte sie an, und der COO würde bei seinen unverbindlichen Aussagen bleiben wie ein Teflon-Politiker. Die Zeit drängte. Sie wollte weiterarbeiten.
    »Sie hat recht«, unterstrich Jezzus. »Kümmern wir uns um Jim Wards Softwareproblem.«
    Mike protestierte, als Jen den Ton abschalten wollte: »Moment! Sie fragt, ob’s vorbei ist.«
    Der COO ließ sich etwas Zeit mit der Antwort. »Kaliforniens Stromversorgung ist gewährleistet«, sagte er schließlich mit steinernem Gesicht.
    »Unvorsichtig, Mr. Ward, sehr unvorsichtig«, murmelte Emma und drückte die Stummtaste.
    Die Truppe zerstreute sich. Jen und Emma begannen mit ihrer Analyse. Sie hatten nun eine gute Vorstellung vom Stromnetz der ›CGO‹, kannten die wesentlichen Abläufe wie alte Hasen der Kommandozentrale in Sacramento. Sie verfolgten den Betrieb der ausgewählten Netzwerkknoten eine Weile in Echtzeit. Das Bild änderte sich zwar laufend, aber das Muster blieb dasselbe. Emma hatte genau die kritischen Stellen im Netz entdeckt, von denen die Stromversorgung der sieben Millionen Einwohner der Bay Area auf Gedeih und Verderb abhing. Ein fragender Blick und ein stummes Nicken genügten, um die nächste Phase der Untersuchung einzuleiten. Jen stoppte den Live-Feed und konfigurierte ihr Spionageprogramm um für die Auswertung der Logfiles. Nach wenigen Handgriffen waren sie in der Lage, Emmas Analyse mit Daten zu wiederholen, die das Kontrollsystem der ›CGO‹ während des Blackouts aufgezeichnet hatte. Jens Nerven waren zum Zerreißen gespannt, als sich die Grafiken in den Fenstern von Emmas Programm aufbauten.
    »Das gibt's doch nicht!«, riefen beide fast gleichzeitig nach einigen Minuten.
    Jen errötete. Es musste an ihrem Programm liegen. Verlegen vertiefte sie sich in den Code. »Das kann nicht sein, das glaube ich nicht«, murmelte sie immer wieder. Zehnmal las sie die vierzig oder fünfzig Programmzeilen, die für das Abgreifen der Archivdaten verantwortlich waren. Zehnmal bestätigte sie sich selbst, dass sie korrekt waren. An dieser Software konnte der Fehler nicht liegen. »Ist es möglich, dass du die Zeitstempel nicht richtig interpretierst?«, fragte sie Emma schließlich vorsichtig.
    »Frage ich mich auch gerade«, antwortete sie zu ihrer Verblüffung.
    Man zweifelte normalerweise nicht an Emmas Code. Aber in diesem Fall machte sich die Mathematikerin widerspruchslos ans Werk, um auch ihr Programm erneut zu prüfen. Jen sah schweigend zu, während sie angestrengt überlegte. Emmas Analyseprogramm hatte nicht die geringste Netzunterbrechung festgestellt. Wenn man dem Programm glaubte, hatte kein Blackout stattgefunden!
    »Die Meldungen werden richtig interpretiert«, stellte Emma nach kurzer Zeit fest.
    »Dann bleibt nur noch eine Möglichkeit.«
    Emma nickte nachdenklich. »Die ›Blacks‹ sind raffinierter, als ich dachte«, sagte sie leise. »Die kennen sich genau aus im Kontrollsystem. Die Log-Einträge für die Zeit des Blackouts sind simuliert, gefälscht. Anders kann ich mir dieses Resultat nicht vorstellen.«
    »Sehe ich auch so«, stimmte Jen zu.
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