Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und Old Shatterhand (German Edition)
Autoren: Klaus-Peter Walter
Vom Netzwerk:
stammt von niemand anderem als dem hoch geschätzten Jules Verne, dessen Zwanzigtausend Meilen unter den Meeren Sie sicherlich noch in bester Erinnerung haben. Ehre, wem Ehre gebührt! Danke verbindlichst!«
    Weil die Ehre tatsächlich demjenigen zuteil werden sollte, dem sie gebührte, begann ich, mein Magnesiumlicht auszupacken, um den denkwürdigen Augenblick auf eine Glasplatte zu bannen.
    »Aber, aber«, protestierte Holmes, während er noch einige begeisterte Fahrgäste abzuwehren versuchte. »Sie werden doch nicht etwa die Ergebnisse dieses meiner Geistesgaben absolut unwürdigen Zwischenfalles fotografisch festhalten wollen? Nein, nein, darüber sollten wir lieber den Mantel des Vergessens breiten! Wir werden jetzt nach Mainz weiterfahren und von dort nach Bingen, um uns mit dem Fall des Rabbi zu beschäftigen. Er weist einige interessante Aspekte auf, die meiner detektivischen Begabung eher angemessen scheinen.«
    Resigniert musste ich meine Ausrüstung wieder zusammenpacken. »Jawoll, Herr«, knurrte ich enttäuscht auf Deutsch. »Gutt!«
    »Bitte schön, Herr Doktor Watson«, meldete sich da Dr. May. Durch seinen Kneifer blinzelte er kurzsichtig zu mir empor. »Ob Sie wohl die Güte hätten, mich einmal mit dem großen Detektiv zu fotografieren? Und darf ich mir erlauben, Ihnen dies hier zur Deckung Ihrer Unkosten zu überreichen?« Er streckte mir einen Geldschein und eine Visitenkarte hin, auf der Villa Shatterhand als Adresse angegeben war.
    »Hüten Sie sich, Watson!«, schaltete sich da Holmes ein. »Der Mann muss ein Betrüger sein. Wir waren selbst schon einmal in den Staaten. Nicht wahr, Watson? Und wenn man dort – außer dem Gebrauch von kultiviertem, vernünftigem Englisch – etwas verliert, dann ist es die insulare Blässe. Sie, verehrter Dr. May, sind bleich wie der Tod und haben mitnichten vor kurzem reitend und schießend den Wilden Westen bereist. Außerdem versicherte mir der Schaffner, dass Ihr karges Gepäck keineswegs das eines Überseereisenden sein könne. Und wer auch nur einmal im Leben geboxt hat, erkennt sofort, dass Ihre zarten Hände für den Jagdhieb dieses angeblichen Old Shatterhand ungeeignet sind. Apropos Hände! Sie haben sich vor nicht allzu langer Zeit von Ihrer Gattin getrennt, wie mir die Einkerbung an Ihrem Ringfinger beweist, wo Ihr Ehering saß, 14 und ich vermute, dass Sie Ihre Abenteuer nirgendwo anders denn auf dem Papier erlebt haben. Die tief eingezogenen Tintenspuren an Ihren Fingerspitzen lassen keinen anderen Schluss zu. Ich sehe Ihrem erschrockenen Gesichtsausdruck an, dass ich recht habe. 15 Wenn Sie uns bitte entschuldigen würden!«
    »Jawoll, Herr, entschuldigen Sie!«, rief ich May grimmig zu und wandte mich ab. Old Shatterhand sah uns schweigend nach, bis wir in unserem Abteil verschwunden waren.

SHERLOCK HOLMES UND DIE WEISSE FRAU
    Die Geschichte, die niederzuschreiben ich nun endlich Zeit finde, begann beinahe genauso wie der bizarre Fall des unheilvollen Dr. Gramsby Roylott von Stoke Moran. 16 Damals, 1883, kam eine frühmorgendliche Besucherin mit allen Anzeichen tiefer innerer Aufgewühltheit in unsere Räumlichkeiten und brachte ihre Furcht vor einem Anschlag ihres Stiefvaters zum Ausdruck. Eine Furcht, die sich als durchaus berechtigt herausstellen sollte.
    »Manchmal scheint sich Geschichte zu wiederholen«, meinte deshalb mein Freund nach Klärung dieses neuen Falles, »dann aber als Farce!«
    »Wenn Sie mit Farce die allgemeine Form theatralischer Darstellung meinen«, erwiderte ich, »dann muss ich Ihnen unbedingt Recht geben. Wenn Sie jedoch eine Komödie im Auge haben sollten, dann muss ich widersprechen. Komisch war die Sache ganz und gar nicht!«
    » D'accord, cher ami ! Aber die von mir so hoch geschätzten bizarren Aspekte wies der Fall unbedingt auf.«
    Genau wie Helen Stoner führte damals Mrs. Hudson eine Klientin zu ungewohnter Stunde in unsere Räume, diesmal jedoch nicht in aller Herrgottsfrühe, sondern spät am Abend, und es war auch keine reizende junge, sondern eine reizende alte Dame, hoch in den Siebzigern und schwarz gekleidet.
    »Mrs. Ebenezer Thorndyke«, kündigte Mrs. Hudson an.
    Ich stellte Holmes und mich höflich vor, bot der Dame unseren bequemsten Sitzplatz an und schob ihr sogar ein Kissen in den Rücken.
    Während Mrs. Hudson rasch eine Kanne Tee hereinbrachte, ließ sich Holmes in einem Korbsessel nieder. Trotz des Alters von Mrs. Thorndyke verzichtete er auch dieses Mal nicht darauf, sein altes Spielchen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher