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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied
Autoren: Lisa Papademetriou
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Kissenabdruck auf seiner Wange gemacht hatte. Tim hatte den Ausdruck begeistert aufgeschnappt und ihn bei jeder Gelegenheit damit aufgezogen, was regelmäßig in lautstarken Streitereien ausgeartet war, bis ihre Eltern schließlich ein Machtwort gesprochen hatten. »Sind die Eier für mich?«, fragte er seinen Vater.
    »Das könnten sie sein, sofern du dich mit dem Holz ein bisschen beeilst.«
    Will schlüpfte in die schweren Stiefel, die er wie gewöhnlich gleich neben der Tür abgestellt hatte, und zerrte sich die Kapuze seines Sweaters über den Kopf. Er griff sich drei Holzscheite von dem Stapel draußen im Garten, dann trottete er zurück nach drinnen und warf sie in den Kamin. Es war noch genügend Glut darin – das Holz würde jeden Moment Feuer fangen.
    »Tür zu«, kommandierte Mr Archer.
    »Eigentlich dürfte es noch gar nicht so kalt sein«, bemerkte Zoe. »Die Schule fängt erst in drei Tagen wieder an.«
    »Ist das neue Gebäude schon fertig?«, erkundigte sich Mr Archer, wobei er eine zweite Ladung Spiegeleier auf den Tisch stellte.
    Will zog die Stiefel aus, dann nahm er vor dem Teller mit Eiern Platz und schnappte sich eine Gabel. »Noch nicht. Vor nächstem Frühjahr wird das wohl nichts mit der neuen Aula.«
    »Regierungsvorhaben werden nie rechtzeitig fertig.« Mit dieser Feststellung leerte Mr Archer seine Kaffeetasse in einem Zug und stellte sie zurück auf die Theke. »Bis später dann.« Mit großen Schritten ging er zur Tür und ließ einen neuen Schwall kalter Luft herein, bevor er sie von außen schloss.
    Will sah zu Zoe, die ihm ein halbherziges Lächeln zuwarf. Es schien, als sei ihre gute Laune hinter Mr Archer zur Tür hinausgeschlüpft. Sie hatte ihr langes blondes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, aus dem sich einzelne Strähnen gestohlen hatten, die sich nun um ihr Gesicht kringelten. In Verbindung mit ihren Sportklamotten verlieh ihr das ein etwas derangiertes Aussehen. Natürlich war sie immer noch wunderschön, keine Frage, doch wo sie sonst ruhelos und energiegeladen war, wirkte sie heute bedrückt und still, und ihre Haut schien unnatürlich blass – wie ein von Sonne und Salz ausgeblichenes Stück Treibholz am Strand. »Geht’s dir gut?«
    Zoe zuckte die Schultern. »Ich freue mich nicht gerade aufs Abschlussjahr.«
    Will schnaubte. »Gott, wer tut das schon?« Er wollte nicht zugeben, dass er genau das tat. Zum ersten Mal würde Zoe dabei sein. Das ganze Jahr, nicht nur den Sommer über. Er war selbst überrascht, wie begierig er darauf war, wie sehr sein Herz zu hämmern begann, wenn er daran dachte.
    »Ich weiß nicht, wie ich mit so etwas … keine Ahnung, Banalem wie Schule umgehen soll.« Sie drückte die Finger gegen ihre Schläfen.
    »Große Worte.« Will stippte ein Stück Weizentoast ins Eigelb, sodass der Rest heraussickerte und über seinen Teller lief.
    »Mhm – da fällt mir ein, dass ich mich bald mal um den Zulassungstest fürs College kümmern sollte.«
    »Apropos banal, oder wie?«
    »Ernsthaft.«
    »Könnte natürlich eine echte Erleichterung sein. Dann hätten wir immerhin was zu tun.«
    Zoe schien sich das durch den Kopf gehen zu lassen. »Schon möglich.«
    »Das wird uns von der Straße fernhalten.«
    »Na, hoffentlich.«
    Will konnte ihren Pulsschlag unter der zarten Haut über ihrem Schlüsselbein sehen. Ein dünner Schweißfilm ließ ihren Hals schimmern und brachte dessen eleganten Schwung zur Geltung. Doch ihre Arme lagen schlaff auf dem Tisch und ihre Finger spielten abwesend mit der Serviette. Ihre sonst so strahlenden blauen Augen wirkten beinahe leer. »Du siehst müde aus.«
    Zoe rang sich ein Lächeln ab. »Oh, danke. Du verstehst es wirklich, einem Mädchen Komplimente zu machen.«
    Will ignorierte ihren Sarkasmus. »Geht’s dir gut? Bist du wieder schlafgewandelt?«
    »Seit dem Krankenhaus nicht mehr.«
    Zoe hatte sich im Krankenhaus von jener Nacht erholt, in der sie sich in dieses … Ding verwandelt hatte. Bei der Erinnerung an Zoes Anblick, wie blass und jung sie inmitten der sterilen weißen Krankenhausbettwäsche ausgesehen hatte, spürte Will, wie sich seine Brust zuschnürte. Er hatte solche Angst gehabt – Angst vor dem, was passieren würde, wenn sie ihre Augen öffnete.
    Aber dann war sie aufgewacht. Und einfach nur Zoe gewesen. Sie hatte sich an nichts erinnert.
    »Du siehst aber auch nicht gerade toll aus«, sagte sie.
    Will räusperte sich. »Muss wohl das Abschlussklassenfieber sein.«
    »Ja, hab gehört, das
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