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Shelter Bay - 02 - Furienlied

Shelter Bay - 02 - Furienlied

Titel: Shelter Bay - 02 - Furienlied
Autoren: Lisa Papademetriou
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beruhigte sie sich etwas. »Ja gerne, danke.«
    Mr Archer nickte abrupt und drehte sich um. Zoe folgte ihm, jedoch nicht, ohne einen letzten Blick über die Schulter zu werfen.
    Die Wasseroberfläche war wieder glatt wie ein Spiegel und verbarg die Träume und Absichten der Kreaturen darunter.

Kapitel 2
    »Lauf!«, schrie Will. Zoe musste aufstehen!
    Doch als Zoe sich nach ihm umdrehte, erkannte er sie kaum wieder. Ihre blauen Augen glühten rot – selbst das Weiße darin war rot. Als Zoe auf sie zustakste, schrie die Seekriegerin, die Will festhielt, auf, ließ ihn los und stürzte zurück zum Wasser.
    Die Sirenen kreischten und heulten. Das Wasser um sie herum schäumte, als sie untertauchten. Zoe watete weiter in die Bucht hinein.
    »Nein!«, brüllte Will. »Geh nicht zu ihnen! « Er streckte den Arm aus, um Zoe zurückzuhalten, doch sie packte seine Hand und hielt sie fest. Ihre Berührung brannte wie Feuer. Schreiend versuchte Will, sich aus ihrem Griff zu winden. Doch als er sich umdrehte, um zu fliehen, verstellte ihm jemand den Weg.
    »Will. « Tim sah traurig auf ihn herab.
     
    Will riss die Augen auf und fand sich in seinem Zimmer unter dem vertrauten alten Quilt wieder. Einen Moment lang fragte er sich, warum seine alte Labradorhündin Guernsey nicht zusammengerollt am Fußende des Bettes lag und schnarchte. Dann fiel es ihm wieder ein: Guernsey war vor ein paar Wochen ums Leben gekommen, als sie versucht hatte, Zoe und ihn vor einer Sirene zu retten – einer blutrünstigen Meerjungfrau. Um ein Haar wären sie alle gestorben. Doch dann hatte sich Zoe verändert, hatte – irgendwie – die Bucht in Brand gesetzt und damit die Seekrieger getötet. Selbst Asia, die zwar eine Sirene, aber auch ihre Freundin gewesen war.
    Die Erinnerung an Zoe in jener Nacht huschte durch Wills Kopf – an den durchdringenden Blick aus ihren lodernden Augen, an die seltsame Stimme, mit der sie zu ihm gesprochen hatte. Und dann, als die Schreie der Seekrieger verstummt waren, hatte Zoe das Bewusstsein verloren und war mit einem leisen Platschen in die Bucht gefallen. Als sie erwacht war, konnte sich Zoe an nichts mehr erinnern: Weder daran, dass sie die Bucht in Brand gesetzt hatte, noch dass sie, für einen kurzen Augenblick, jemand – oder etwas – anderes gewesen war. Und auch die Wahrheit über Asia kannte sie nicht.
    Das alles hielt Will vor ihr geheim.
    Er seufzte und starrte an die Decke, als der Duft von frisch gebratenen Spiegeleiern in seine Nase stieg. Sein Körper fühlte sich unendlich schwer an. Er war nicht sicher, ob er würde aufstehen können, selbst wenn er es wollte. Und eigentlich wollte er auch gar nicht. Wozu auch? Sein Bruder war im Sommer zuvor bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen. Sein Hund war tot. Und seine beste Freundin war … was?
    Ein Monster.
    Selbst in seinem Kopf fühlte sich dieses Wort hässlich an, aber etwas Besseres fiel ihm einfach nicht ein. Kreatur vielleicht. Wesen.
    Will rollte sich auf die Seite und zog den Quilt über seine Schulter. Doch seine Augen blieben offen – er war nicht müde. Ein Geräusch drang wie aus weiter Ferne an sein Ohr. Ein Lachen. Zoes Lachen. Der Klang jagte ihm einen Schauer über den Rücken, doch gleichzeitig schien es ihm auf einmal unmöglich, noch länger im Bett liegen zu bleiben.
    Will schlug die Bettdecke zurück und setzte die Füße auf die breiten Pinienholzdielen. Sie waren kalt. Gut, das war keine große Überraschung, schließlich war es bereits September und auf Long Island konnte es da morgens schon recht kühl werden. Will zog sich einen dunkelblauen Kapuzensweater über den Kopf und wankte in seiner Pyjamahose die Treppe hinunter.
    Zoe saß mit dem Rücken zu ihm, als er die Küche betrat. Sie hatte an dem großen Holztisch Platz genommen, trank eine Tasse Kaffee und aß Spiegeleier. Mr Archer stand am Herd, in der Hand einen Pfannenwender.
    »Da bist du ja«, sagte er, als Will in den Raum trat. »Sei so gut und geh Holz holen, ja? Das Feuer braucht dringend Nachschub; es ist ganz schön kalt hier drin.« Er drehte sich zum Herd, schob gekonnt den Pfannenwender unter die Eier und wendete sie mit einem Schwung aus dem Handgelenk. Mr Archer kochte nicht oft, aber Spiegeleier waren seine Spezialität.
    Zoe lächelte Will an. »Hey, Knittergesicht.«
    »Nenn mich nicht Knittergesicht«, gab Will automatisch zurück. Das war ein alter Insiderwitz zwischen ihnen, seit Zoe in der sechsten Klasse eine unschuldige Bemerkung über den
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