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Sharpes Weihnacht

Sharpes Weihnacht

Titel: Sharpes Weihnacht
Autoren: Bernard Cornwell
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Sir.« Er nahm die Lumpen, die d’Alembord ihm hinhielt, und duckte sich dann wieder in die von Kerzen erhellte Küche zurück.
    Sharpe setzte sich. D’Alembord begann zu erklären, dass er der schwangeren Frau gestattet hatte, ihn ins Dorf zu begleiten, doch Sharpe hob die Hand, um ihn zu unterbrechen. Das war ihm egal. Dann sah er, dass d’Alembord und Gudin den Wein schon angebrochen hatten. Er nahm sich einen Becher und trank einen kräftigen Schluck. »Und? Was soll ich jetzt mit Ihnen tun?«, fragte er seinen alten Colonel.
    Gudin breitete die Hände aus. »Die Ehre verlangt, dass ich mit Ihnen kämpfe, Sharpe.«
    »Was zum Teufel machen Sie dann hier?«, verlangte Sharpe trotzig zu wissen.
    »Sie sind mit einer Parlamentärsfahne zu mir gekommen. Das nutze ich jetzt, um herauszufinden, was für Möglichkeiten ich habe.«
    »Sie haben genau zwei«, erklärte Sharpe in hartem Ton. »Sie können entweder gegen mich kämpfen oder sich ergeben.«
    Gudin lächelte. »Sie haben sich kein bisschen verändert.«
    »Ihre Männer sind auf der Straße unten«, fuhr Sharpe fort, als hätte Gudin nichts gesagt, »und heute Nacht können sie einen Scheißdreck tun. Doch bei Sonnenaufgang können Sie sie hier heraufführen. Der Pass wird immer enger. Das haben Sie selbst gesehen, Colonel. Ich werde Sie filetieren. Ich werde Ihnen Leichen zu Weihnachten schenken. Und glauben Sie ja nicht, dass Ihre Voltigeure meine Flanken nehmen könnten. Ich habe Riflemen in den Hügeln, und die lieben es, Voltigeure abzuschießen. Und wenn sie mit denen fertig sind, dann werden sie sich die Offiziere vorknöpfen. Dann sind Ihre Männer nur noch ein führungsloser Haufen, und dann werden unsere Bajonette ihnen den Rest geben. Das Gleiche habe ich schon mit den Bastarden auf der anderen Seite gemacht.« Er deutete nach Norden. »Und wissen Sie, wie viele Männer ich dabei verloren habe?« Er hielt kurz inne, doch Gudin riet nicht. »Keinen«, sagte Sharpe schließlich, »nicht einen einzigen. Und morgen werde ich das wieder tun.« Das war ein Bluff. Sollte Gudin sich zum Kampf entschließen und Picard am Morgen wieder angreifen, dann würde Sharpe um sein Leben klettern. Aber wenn man ein schlechtes Blatt hatte, dann zahlte es sich manchmal aus, den Einsatz zu erhöhen. »Es ist Ihre Entscheidung, Colonel.«
    »Sie haben sich wirklich überhaupt nicht verändert«, sagte Gudin. »Wie viele Männer haben Sie?«
    »Genug.«
    Gudin schaute zu d’Alembord. »Er hat mich schon in Indien zu seinem Kriegsgefangenen gemacht, Captain, und damals war er nur Corporal.«
    »Jetzt bin ich aber kein Corporal mehr«, betonte Sharpe drohend.
    Gudin lächelte traurig. Er sah grüne und rote Uniformen in der Taverne, und er nahm an, dass mindestens zwei Bataillone in Irati standen. Er wusste, dass seine erschöpften Männer sie nicht besiegen konnten, und er fürchtete, spätestens am nächsten Morgen Guerilleros im Rücken zu haben. Also zog er seinen Säbel aus der Scheide und legte ihn auf den Tisch, das Heft zu Sharpe. »Ich fürchte, ich bin erneut Ihr Gefangener, Caporal«, erklärte er traurig.
    »Sie und all Ihre Männer?«, fragte Sharpe.
    »Selbstverständlich.«
    Sharpe verbarg seine Erleichterung. Er hatte geblufft und gewonnen, also gab er dem Franzosen seinen Säbel wieder zurück. »Es ist wirklich schön, Sie zu sehen, Colonel«, sagte er plötzlich wieder freundlich. »Wirklich schön.« Er goss mehr Wein ein und schob den Schlauch zu Gudin. »Und? Wie ist es Ihnen so ergangen, Sir?«
    »Nicht gut, Sharpe, nicht gut«, gestand Gudin. »Wie Sie sehen, bin ich noch immer Colonel, genau wie in Seringapatam. Danach wollte mir einfach nichts mehr gelingen.«
    »Ich bin sicher, das stimmt nicht, Sir. Sie waren der beste Offizier, unter dem ich je gedient habe.«
    Gudin lächelte ob dieses Kompliments. »Aber ich hatte einfach kein Glück, Sharpe, nie mehr.«
    »Erzählen Sie mir davon, Sir. Morgen ist Weihnachten, also eine gute Nacht für eine Geschichte. Erzählen Sie.«
    Und das tat Gudin.

    Général Maximilien Picard schmollte vor sich hin. Er saß an einem armseligen Feuer in dem tiefen, kalten Tal, lauschte dem Stöhnen der Verwundeten und wusste, dass er geschlagen worden war. Er hatte die Niederlage schon in dem Augenblick gerochen, da er die Salven gesehen hatte, die die Briten zur Demonstration abgefeuert hatten. Doch Picard war stets von seinem Glück überzeugt gewesen, und so hatte er gehofft, dass das Glück ihm auch diesmal hold
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