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Sharpes Weihnacht

Sharpes Weihnacht

Titel: Sharpes Weihnacht
Autoren: Bernard Cornwell
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zuging, und eine schier unglaubliche Wut kochte in ihm hoch. Die Briten hatten eine weiße Fahne dabei, aber nur, weil sie Gudin zur Kapitulation bewegen wollten, und Caillou wusste, dass Gudin sich ergeben würde. Er wusste es einfach. Und wenn das geschah, dann würde Caillou seinen Adler verlieren, den der Kaiser persönlich dem 75. Regiment verliehen hatte. Die Standarte würde nach England gebracht und unter großem Jubel durch die Straßen getragen werden. Caillou war fest entschlossen, das zu verhindern. Er gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte Gudin in blinder Wut hinterher.
    Gudin hörte ihn kommen. Er drehte sich um und winkte ihm zu, wieder zu verschwinden, doch Caillou ignorierte ihn. Stattdessen zog er seine Pistole. »Verschwinden Sie!«, brüllte er auf Englisch den beiden näher kommenden britischen Offizieren zu. »Weg hier!«
    »Sie werden das mir überlassen!«, knurrte Gudin ihn an.
    D’Alembord zügelte sein Pferd. »Haben Sie hier das Kommando, Monsieur?«, fragte er Caillou auf Französisch.
    »Verschwinden Sie!«, schrie Caillou wütend und ignorierte sowohl d’Alembord als auch Gudin. »Wir akzeptieren Ihre weiße Fahne nicht! Haben Sie gehört? Wir werden nicht mit Ihnen reden. Machen Sie, dass Sie wegkommen!« Er richtete seine Pistole auf den jüngeren Offizier, der die beleidigende Fahne hielt, die für Caillou nicht mehr war als ein Taschentuch, das irgendjemand an einen Musketenlauf gebunden hatte. »Verschwinden Sie!«, schrie er erneut, dann lenkte er sein Pferd weg von Gudin, der versucht hatte, sich zwischen ihn und die beiden britischen Offiziere zu stellen.
    »Sir?« Nicholls schaute nervös zu d’Alembord.
    »Ist schon in Ordnung, Charlie«, sagte d’Alembord. »Er wird nicht schießen. Wir stehen unter dem Schutz der weißen Fahne.« Er schaute zu Caillou. »Monsieur? Ich muss darauf bestehen zu erfahren, wer hier das Kommando hat.«
    »Ich bin hier der Kommandeur«, versicherte ihm Gudin und funkelte Caillou an.
    »Nun denn, Monsieur«, sagte d’Alembord, nahm den Hut ab und verneigte sich im Sattel vor Gudin. »Ich muss Ihnen mitteilen, dass wir bereits …«
    »Er hat hier gar nichts zu sagen!«, schrie Caillou, stieß seinem Pferd die Hacken in die Weichen, und gehorsam drehte sich das Tier zur Seite und schob Gudin weg. »Im Namen des Kaisers übernehme ich das Kommando!« Caillou drehte sich im Sattel um und deutete zu den Voltigeuren seines Regiments, die nur gut hundert Meter weit entfernt waren. »Vorrücken!«, brüllte er.
    »Sie haben hier gar nichts zu befehlen!«, schnappte Gudin. Er war plötzlich genauso wütend wie Caillou und zog ebenfalls seine Pistole. D’Alembord beobachtete erstaunt, wie die beiden Franzosen drohten, einander zu erschießen, und in dem Moment, als sie kurz davorstanden, genau das zu tun, da buckelte Ensign Nicholls’ geborgtes Pferd. Nicholls riss an den Zügeln, und das Tier warf den Kopf nach oben. Colonel Caillou nahm die Bewegung aus dem Augenwinkel heraus wahr und glaubte wohl, der Jüngere der beiden britischen Offiziere wolle ihn angreifen oder zumindest versuchen, ihn zu entwaffnen, und so riss er, noch immer wütend, die Pistole herum und drückte ab.
    Das Mündungsfeuer war grell im Licht der Abenddämmerung, und der Knall hallte von den Hügeln wider. Gehorsam stürmten die Voltigeure an den Dragonern vor ihnen vorbei, doch ihr Offizier hob die Hand.
    Denn dem ersten war ein zweiter Schuss gefolgt.
    Dieser zweite Schuss war im selben Augenblick erklungen, da Ensign Nicholls aus dem Sattel fiel. Caillous Kugel hatte eine der goldenen Borten durchschlagen, die Nicholls’ Mutter ihrem Sohn auf den roten Rock genäht hatte, und war in sein junges Herz gedrungen. Nicholls wurde im Sattel zurückgeworfen, und die weiße Fahne fiel zu Boden. Er machte ein gurgelndes Geräusch, warf einen letzten schwachen Blick zu d’Alembord und fiel dann seitwärts auf die Straße.
    Caillou schien entsetzt, als sei ihm erst jetzt die ganze Tragweite seines Verbrechens bewusst geworden. Er öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, doch er brachte keinen Ton hervor, denn Colonel Gudin hatte ebenfalls geschossen, und die zweite Kugel traf Caillou unterhalb des Kiefers, riss ihm den Gaumen auf und drang in sein Gehirn. Ohne einen Ton von sich zu geben, brach Caillou tot auf dem Sattelknauf zusammen.
    Colonel Gudin steckte die Pistole wieder weg. »Ich habe den Befehl hier«, erklärte er d’Alembord auf Englisch. »Das muss ich zu
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