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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute
Autoren: Bernard Cornwell
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verkrusteten Fendern, die sie gesplisst hatten, was ihre tägliche Arbeit war. Sie löffelten jetzt aus hölzernen Schüsseln Suppe, während andere Kinder an einem Tisch mit einem großen Kessel und Brot Schlange standen und sich Suppe und Brot abholten. Eine Frau mit enormen Oberarmen stand hinter dem Tisch, während ein junger Mann mit einer Reitpeitsche auf einem Podium lümmelte, hinter sich an der braun gestrichenen Wand ein in einem Bogen aufgemalter biblischer Text.
    Sei sicher, dass deine Sünde ans Licht des Tages kommen wird ...
    Etwa sechzig Augenpaare starrten Sharpe erstaunt an. Keinem der Kinder war Furcht vor der stämmigen Frau oder dem jungen Mann mit der Reitpeitsche anzusehen. Alle schwiegen, und Sharpe sagte ebenfalls nichts. Er starrte in den Raum, roch den Teer und kämpfte gegen der Aufruhr der Erinnerungen an. Es war zwanzig Jahre her, seit er zum letzten Mal unter diesem Dach gewesen war. Zwanzig Jahre. Es roch dennoch genauso, nach Teer und Angst und verdorbenem Essen. Er trat an den Tisch heran und schnüffelte an der Suppe.
    »Lauch und Gerstenschleim, Sir«, sagte die Frau, die Sharpes silberne Knöpfe, die Tressen und den Säbel sah, und machte einen unbeholfenen Knicks.
    »Sieht wie lauwarmes Wasser für mich aus«, sagte Sharpe.
    »Lauch und Gerste, Sir.«
    Sharpe nahm wahllos eine Scheibe Brot und biss hinein. Hart wie Stein. Hart wie Schiffsbiskuit.
    »Sir?« Die Frau streckte eine Hand aus. Sie war nervös. »Das Brot ist abgezählt, Sir.«
    Sharpe warf das Stück Brot auf den Tisch. Es juckte ihn, den Tisch mit dem Brot und dem Kessel mit dem Spülwasser umzuwerfen, aber was hätte das bewirkt? Grace hätte gewusst, was zu tun war. Ihre Stimme hätte wie ein Peitschenschlag geklungen, und die Hausdiener hätten sich beeilt, Essen, Kleidung und Seife zu holen, aber diese Dinge kosteten Geld, und Sharpe hatte nur Kleingeld in der Tasche.
    »Wen haben wir denn hier?«, dröhnte eine Stimme von der Tür her. »Wen hat der Wind denn heute hergetrieben?« Die Kinder zuckten zusammen, und die Frau machte abermals einen Knicks.
    Sharpe wandte sich um.
    »Und wer sind Sie?«, fragte der Mann. »Der Colonel des Regiments oder was?«
    Es war Jem Hocking. Aufgetaucht wie der Teufel aus den tiefsten Tiefen der Hölle.
    Er sah nicht wie ein Teufel aus. Wenn man ihn auf der Straße sah, konnte man ihn für einen erfolgreichen Bauern halten. Die Jahre hatten sein Haar weiß werden lassen, und seine karierte Weste spannte sich über einem dicken Bauch. Er war ein Bulle von einem Mann, breitschultrig und stämmig. Dicke Wangen, buschige weiße Koteletten, eine goldene Uhrkette, dunkelblauer Gehrock mit Samtmanschetten und ein schwarzer Stock mit silbernem Knauf. Er war der Master. Und für einen Moment war Sharpe sprachlos, als er die Einzelheiten in sich aufnahm. Die Erinnerungen an die Grausamkeit dieses Mannes ließen Hass in ihm aufsteigen. Hass und sogar Furcht. Zwanzig Jahre und ein Offizierspatent auf dem Schlachtfeld hatten diese Angst nicht vertreiben können. Er wollte die Kinder imitieren, wollte erstarren, so tun, als ob er nicht da sei, den Atem anhalten.
    »Kenne ich Sie?«, fragte Hocking. Der große Mann runzelte die Stirn, versuchte etwas Vertrautes in Sharpes narbigem Gesicht zu erkennen, doch die Erinnerung setzte nicht ein. Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Also, wer sind Sie?«
    »Mein Name ist Dunnett«, sagte Sharpe. Er benutzte den Namen eines Captains der Grünjacken, der eine besondere Abneigung gegen ihn hatte. »Major Warren Dunnett«, sagte er und beförderte Dunnett vom Captain zum Major.
    »Ein Major, so? Und welche Art Uniform ist das, Major? Rotröcke kenne ich, und blaue hab ich gesehen, aber noch niemals grüne.« Er stieß die mageren Knie eines der am Boden hockenden Kinder mit dem Stock zur Seite und trat auf Sharpe zu. »Das ist eine neumodische Uniform, wie? Die Art Uniform, die einem das Recht gibt, Gemeindebesitz zu betreten?«
    »Ich habe den Master gesucht«, sagte Sharpe. »Und man sagte mir, er sei in Geschäften im Haus.«
    »Und welche Geschäfte haben Sie - außer die Feinde des Königs umzubringen, Major?«
    »Wollen Sie das hier besprechen?«, fragte Sharpe. Er nahm einen der Pennys aus seiner Rocktasche und warf ihn hoch. Er glitzerte auf dem Weg zur Decke vor den hungrigen, erstaunten Kindern, dann fiel er in Sharpes Hand und verschwand.
    Der Anblick des Geldstücks, selbst eines Pennys, ließ Hocking an Profit denken. Alle anderen seiner
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