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Shardik

Titel: Shardik
Autoren: Richard Adams
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Ochsenjoche und Lederriemen, ein eiserner, halbvoller Regenwassertank, zwei Steinhaufen, groß und klein sortiert, ein Pflug, ein Holzstoß und ein anderer aus langen Pfählen, ein Dutzend grobe Paddel und ein Haufen Abdichtmaterial, einige aufgerollte Seile und ein Stoß Holzplanken. An der Nordseite des Hofes stand an der Südmauer des Hauses eine Zimmermannsbank; dort hielt ein grauhaariger älterer Mann, der wie ein ehemaliger Soldat aussah, einen Pfeil in einer Hand hoch und befestigte sorgfältig einen getrimmten Gänsekiel unter der Kerbe. Ein jüngerer Mann und eine kleine Gruppe ziemlich abgerissen wirkender Jungen umstanden ihn, und es war klar, daß er sie in der Pfeilherstellung unterwies, denn er sprach und erläuterte dabei, was er meinte, indem er den zwischen Zeigefinger und Daumen gehaltenen Pfeil vorstieß, um die Wirkung dieser Art der Befiederung zu demonstrieren. Einer der Jungen stellte eine Frage, und der Mann beantwortete sie, indem er auf eine Einzelheit des Pfeiles wies und dann dem Jungen, offenbar lobend, auf die Schulter klopfte.
    Als Siristru weiter in den Hof kam, immer noch Ankray folgend und mit ungewöhnlich unbehaglichem Gefühl, da ihn der große Kranz an den Ohrläppchen kitzelte, blickten sich alle zu ihm um, und sofort trat der jüngere Mann aus der kleinen Gruppe hervor, kam heran, klopfte sich Sägemehl von den Händen und sagte über die Schulter: »Gut, Kavass, mach nur weiter. Wenn du fertig bist, sieh dir doch bitte die dicken Blöcke an, die Ankray gebracht hat.«
    Da Ankray anscheinend nichts zur Ankündigung ihrer Ankunft sagen wollte, nahm Siristru sein fehlerhaftes Beklanisch zusammen und sagte vorsichtig: »Ich bin hier, um mit dem Statthalter zu sprechen.«
    »Ich bin der Statthalter«, sagte der Mann lächelnd. Er neigte den Kopf, hob die Hand an die Stirn und wischte sie dann ein wenig nervös mit dem Ärmel ab, bevor er sie Siristru reichte, der sie instinktiv, aber mit einer gewissen Verwunderung ergriff. Vielleicht hatte er nicht das richtige Wort für »Statthalter« verwendet? Er versuchte es nochmals.
    »Der – äh – der Herrscher der Stadt.«
    »Ja, der bin ich. Nicht wahr, Ankray?«
    »Ja, Herr. Ich habe die dicken Blöcke gebracht und diesen fremden Fürsten, wie du verlangt hast. Und der junge Schreihals läßt dir sagen – «
    »Das erzählst du mir später. Willst du der Saiyett mitteilen, daß der Fürst hier ist; und dann ersuche Zilthe, Nüsse und Wein ins Empfangszimmer zu bringen, ja? Sorg dafür, daß alles klappt, und nimm den Diener des Fürsten mit und kümmere dich um ihn.«
    »Sehr wohl, Herr Graf.«
    Siristru ging neben seinem Gastgeber in das Haus und murmelte: »Wenn ich die Bedeutung des Wortes recht verstehe, muß ich dir sagen, daß ich kein Fürst bin.«
    »Kümmere dich nicht darum«, erwiderte der Statthalter munter. »Wenn die hiesigen Leute dich dafür halten, freut es sie und hilft dir zugleich.«
    Siristru lachte zum erstenmal seit mehreren Tagen, und da er nun seinen Gastgeber unmittelbar anblicken konnte, ohne allzu neugierig oder ungezogen zu erscheinen, versuchte er, sich eine Meinung über ihn zu bilden. Auf den ersten Blick wirkte er etwa dreißigjährig, aber man konnte dessen nicht sicher sein, denn trotz seines munteren Benehmens lag in seinem Verhalten eine Art Ernst und Verantwortlichkeit, die darauf hinwies, daß er älter sein mochte. Es war auch nicht leicht zu erraten, ob er in erster Linie ein Mann des praktischen Lebens war oder ein Denker, denn sein Gesicht verriet dem scharfsinnigen Siristru Erfahrung in Gefahren und ebenso – wenn man Worte finden sollte – in Schmerz, vielleicht im Leiden. Um auf weniger unrealistische Dinge zu kommen – er war fast sicher kein Adeliger. Erstens war er, um die Wahrheit zu sagen, nicht besonders sauber, wenn auch seine rauhen Hände, der Schweiß und die Schmutzstreifen auf den Handwerksmann und nicht auf einen Flegel schließen ließen. Er hatte aber noch etwas an sich – einen gewissen ernsten Eifer, ein Auftreten, das darauf hindeutete, die Welt sei noch nicht ganz so, wie er sie sich wünschte und wie sie seinem Wunsch gemäß werden sollte –, das noch weniger aristokratisch war als irgendwelcher Schmutz. Alles in allem, dachte der diplomatische Siristru, ein einigermaßen rätselhafter und sonderbarer Mann, den man wohl vorsichtig behandeln mußte. Eines seiner Ohrläppchen war durchbohrt, das häßliche, ausgezackte Loch trug keinen Ohrring, und er hielt
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