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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII
Autoren: Terry Brooks
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Aussicht wurde ihm kalt, und er verscheuchte sie wie eine Giftschlange, die er nicht berühren wollte. Das war ganz bestimmt nicht passiert, redete er sich ein. Grianne ging es sicher gut.
     Nichtsdestoweniger beeilte er sich, denn er wollte Gewissheit haben. Es überraschte ihn, dass dieser heftige Kampf den Bewohner der Burg nicht auf den Plan gerufen hatte. Er hätte geglaubt, bei solchem Lärm und Spektakel in seinen privaten Gemächern wäre der Geist wütend genug geworden, um Vergeltung zu üben. Aber darauf deutete nichts hin, nichts in der Luft löste eine Warnung bei ihm aus, nichts in den Steinen ließ auf Gefahr schließen. Das fand Bek verwunderlich. Möglicherweise reagierte der Geist nur auf Versuche, Dinge von hier mitzunehmen, wie bei der Suche nach dem Schlüssel. Vielleicht kümmerte er sich ansonsten um nichts außer darum, seine Schätze zu bewachen. Die einstürzenden Mauern und Türme seines Reiches störten ihn wohl nicht, da ja auch der Zahn der Zeit zum gleichen Ergebnis geführt hätte.
     Plötzlich dämmerte ihm, wie er seine Magie gegen den Morgawr einsetzen konnte. Zuerst musste er ihn jedoch finden, und leider lief ihm die Zeit davon.
     Doch dauerte es gar nicht so lange, bis er den Morgawr entdeckt hatte. Die Stille wurde Augenblicke später durch einen rauen Ton erschüttert, der durch die Steingemäuer hallte, ein heftiges Reißen. Er ging darauf zu, folgte den ersterbenden Echos und hörte Stimmen. Dann erreichte er einen Riss in der Mauer und sah seine Schwester und den Morgawr, die miteinander kämpften. Der Zauberer hatte sie in die Falle gelockt und bedrängte sie mit der geballten Kraft seiner Magie. Grianne mühte sich ab auszubrechen - Bek sah die Anstrengung auf ihrem faltenlosen Gesicht -, doch konnte sie ihre Magie nicht nutzbringend einsetzen. Der Morgawr quetschte sie ein, nahm ihr die Luft und den Platz und das Licht, und die Dunkelheit, die er erzeugte, erschien wie eine lebendige Präsenz.
     Bek beobachtete, wie die Hand des Morgawrs nach Grianne griff, das Gewebe ihrer schützenden Magie eindrückte und ihr Gesicht berühren wollte. Grianne zog den Kopf zurück und wand sich aus den Fesseln. Aber der Morgawr war zu stark, erkannte Bek. Sogar für sie, die Ilse-Hexe, war er zu mächtig. Er streckte die Finger aus, und Bek sah, wie er die Schultern hochzog, während er sich näher drängte. Seine Absicht war unverkennbar. Er wollte ihre Seele fressen.
      Grianne! Bek blieb keine Zeit mehr nachzudenken, er musste sofort handeln. Er warf die Magie seines Wunschliedes aus, und zwar in Gestalt eines verhüllenden Mantels, der sich wie ein Spinnweben über den Morgawr legte, ein feines Kribbeln, welches dem Morgawr kaum auffiel. Aber tief im Herzen der Ruine, wohin selbst der Morgawr nicht vordringen konnte, rührte sich der Burgbewohner, denn der hatte es erkannt. Er fuhr aus seinem Schlummer auf, war binnen Sekunden hellwach und spürte, dass etwas, das er verloren hatte, sich wieder in Reichweite befand. Er tobte durch die eingefallenen Mauern, durch trümmerübersäte Gänge und über leere Höfe. Die Jerle Shannara und die Lebenden und Toten in ihrer Umgebung oder die Ereignisse draußen über der Blauen Spalte beachtete er nicht. Er konzentrierte sich ganz auf das Wesen, das ihn geweckt hatte.
     Der Morgawr.
     Nur sah er den Zauberer nicht als das, was er in Wirklichkeit war. Er sah das in ihm, was Bek mithilfe des Wunschlieds sichtbar gemacht hatte. Er sah den Jungen, der vor Monaten seinen Schlüssel gestohlen hatte, der ihn verwegen provoziert und mit Magie überlistet hatte.
     Vor allem sah er den Dieb, der immer noch im Besitz des Schlüssels war.
     Dem Morgawr blieb nur ein Augenblick, um von Grianne aufzublicken. Er begriff, dass etwas nicht stimmte, und dann war der Geist über ihn hergefallen. Wie ein Wirbelwind packte er den Morgawr, riss ihn von seinem Opfer los, zerrte ihn rückwärts an die nächste Wand und drückte ihn dagegen. Vor Wut brüllte der Morgawr und wehrte sich mit seiner Magie, und wahnsinnig vor Rage schlug er auf den Wind ein, auf die Luft, auf die Magie des Geistes. Bek schrie Grianne durch das Tosen zu, sie solle weglaufen, und sie rannte auf ihn zu.
     Dann, wie von allen guten Geistern verlassen, drehte sie sich um.
     Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, schleuderte ihre Magie gegen den Morgawr und unterstützte den Burggeist darin, ihn zu zermalmen. Das Geräusch war so entsetzlich, so durchdringend, dass Bek die Hände über
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