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Shannara V

Titel: Shannara V
Autoren: Terry Brooks
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dies als Tatsache und mit unverhüllter Bitterkeit in der Stimme. »Jetzt sind sie alle fort und verloren. Sie alle. Törichtes Volk.«
    Töricht, in der Tat, dachte sie. Aber nicht verloren. Noch nicht. Sie versuchte, Tiger Ty vom Loden zu erzählen, versuchte, die richtigen Worte zu finden, aber sie konnte es nicht. Es war zu hart, gerade jetzt davon zu sprechen. Sie war noch zu nahe an dem Alptraum, den sie zurückgelassen hatte, und quälte sich noch immer durch die rauhen Empfindungen, die auch der kleinste Gedanke daran hervorrief. Wann immer sie die Erinnerungen wieder hervorholte, fühlte sie sich, als würde ihr die Haut vom Körper gezogen. Sie fühlte sich, als würde ein Feuer sie versengen und bis auf die Knochen brennen. Die Elfen, Opfer ihres eigenen mißgeleiteten Glaubens an die Macht der Magie - wieviel dieses Glaubens war ihr hinterlassen worden? Sie erschauerte bei dem Gedanken. Wahrheiten mußten erwogen und ermessen, Motive überprüft und Leben geradegerückt werden. Nicht das mindeste davon war ihre Aufgabe.
    »Tiger Ty«, sagte sie leise. »Die Elfen sind hier, mit mir. Ich trage sie…« Sie zögerte, als er sie erwartungsvoll ansah. »Ich trage sie in meinem Herzen.« Vor Verwirrung zogen seine Brauen sich zusammen. Er senkte den Blick und suchte ihre leeren Hände. »Das Problem ist, zu entscheiden, ob sie hierher gehören.«
    Er schüttelte den Kopf und runzelte die Stirn. »Was Ihr da sagt, ergibt keinen Sinn. Nicht für mich.«
    Sie lächelte. »Nur für mich. Habt eine Weile Geduld mit mir. Keine Fragen mehr. Aber wenn wir unser Ziel erreicht haben, werden wir zusammen herausfinden, ob die Lektionen von Morrowindl die Elfen etwas gelehrt haben.«
    Dann erwachte Triss, räkelte sich träge aus dem Schlaf, und sie standen auf, um sich um ihn zu kümmern. Währenddessen ergriffen Wrens Gedanken die Flucht. Sie bemerkte, daß sie wie ein geübter Jongleur die Erfordernisse der Gegenwart gegen die Bedürfnisse der Vergangenheit, die Leben der Elfen gegen die Gefahren ihrer Magie, den Glauben, den sie verloren hatte, gegen die gefundenen Wahrheiten abwog. Diese Überlegungen wog sie schweigend ab. In vollständiger Konzentration bewegte sie sich zwischen ihren Begleitern, als sei sie bei ihnen, obwohl sie in Wirklichkeit wieder auf Morrowindl war, das Entsetzen seiner von der Magie in Gang gesetzten Veränderung beobachtete, die dunklen Geheimnisse der Elfenvergangenheit entdeckte, die einzelnen Teile der furchtbaren, erschreckenden Tage ihres Kampfes darum wieder hervorrief und die Aufgaben, die sie hatte erfüllen müssen. Die Zeit gefror, und während sie unbeweglich vor ihr stand wie eine Statue der frostigen, stillen Selbstprüfung, konnte sie das letzte der zerfetzten Kleidungsstücke, die ihr altes Leben gewesen waren, ablegen, jene Unschuld des Seins, die Cogline und Allanon und ihrer Reise in ihre Vergangenheit vorausgegangen war, und schließlich auch die Hülle anziehen, wer und was sie schon immer hätte werden sollen, wie sie jetzt erkannte.
    Auf Wiedersehen. Wren, die du warst.
    Faun rührte sich an ihrer Schulter und bat um Aufmerksamkeit. Sie gab das wenige, was sie noch zu geben hatte.
    Eine Stunde später schwangen sich der Stachelkater, der Baumschreier, der Hauptmann der Leibgarde, der Flugreiter und das Mädchen, das zur Königin der Elfen geworden war, auf Spirits Rücken ostwärts den Vier Ländern zu.

Kapitel 62
    Sie brauchten den Rest des Tages, um das Festland zu erreichen. Die Sonne war ein schwacher Silberschmelz am westlichen Horizont, als die Küstenlinie schließlich sichtbar wurde, eine gezackte, schwarze Wand vor der hereinbrechenden Nacht. Die Dunkelheit war herabgesunken, und der Mond und die Sterne erschienen, als sie auf den Fels hinabsanken, der dem verlassenen Wing Hove vorgelagert war. Ihre Körper waren verkrampft und müde, und ihre Augen waren schwer. Die Sommergerüche von Blättern und Erde wehten aus dem Wald hinter ihnen heran, als sie sich zum Schlafen niederlegten.
    »Phfffttt! Ich könnte dieses Land lieben lernen, Wren von den Elfen«, sagte Stresa zu ihr, bevor sie einschlief.
    Beim Morgengrauen flogen sie wieder hinaus und nördlich an der Küstenlinie entlang. Tiger Ty ritt eng an Spirits glatten Hals gepreßt, die Augen nach vorn gerichtet, und sprach mit niemandem. Er hatte Wren mit langem, rauhem Blick angesehen, als sie ihm gesagt hatte, wo sie hinwollte, und er hatte seitdem nicht mehr in ihre Richtung geschaut. Sie ritten auf den
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