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Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei

Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei

Titel: Shadow Killer - Und niemand hoert deinen Schrei
Autoren: Jordan Dane
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einem dunkelblauen Mercedes S 600, und ohne dass sie seine Augen sehen konnte, war ihr klar, dass sie ihm aufgefallen war, denn als sie die Straße überquerte, drehte er den Kopf und sah ihr hinterher. Er sah nicht wie ein durchschnittlicher Schaulustiger aus, der die Hoffnung hatte, dass sich irgendwas Besonderes in dem alten, ausgebrannten Gebäude tat. Dieser Typ ganz sicher nicht. Er konnte unmöglich ein ganz normaler Gaffer sein. Noch etwas an ihm fiel ihr auf. Seit sie aus ihrem Crown Victoria gestiegen war, galt sein uneingeschränktes Interesse nicht mehr dem Theater, sondern ihr.
    »Das Interesse ist gegenseitig, Prachtbursche«, murmelte sie. »Auch wenn ich ganz eindeutig nicht in Stimmung bin.«
    Dann lenkte sie ihren Blick auf das Imperial. Selbst unter der dicken Rußschicht strahlte das Theater noch eine gewisse Würde aus. Das Feuer hatte ohne Rücksicht auf die Historie einen Großteil der bemerkenswerten Architektur und der handwerklich komplizierten Details zerstört. Wenn sie sich recht entsann, hatte man das Gebäude bereits vor dem Brand einfach verfallen lassen. Was eine wahre Schande war.
    Als sie es jetzt von außen sah – nicht mehr als ein geschwärztes Skelett –, verschlechterte sich ihre Laune noch. Sie hatte irgendwo gelesen, dass man das vor Kurzem unter Denkmalschutz gestellte historische Gebäude restaurieren wollte, doch die Arbeiten hatten noch nicht begonnen. Jetzt fingen sie wahrscheinlich niemals an.
    Wenn sie sich recht entsann, hatten die barocke, mediterrane und vor allem spanische Architektur Einfluss auf die Gestaltung des Imperial gehabt. Die Besucher des Theaters hatten sich wie in einer eleganten Villa mit reich verzierten Säulengängen, Ziegeldächern und einem Glockenturm gefühlt. Die Wände mit ihren hübschen Buntglasfenstern hatten wie die Wände einer Kirche ausgesehen, und ein gewölbter, dunkelblauer ›Himmel‹ mit unzähligen Sternen und watteweichen Wolken hatte alles überspannt. Auf einem Balkongeländer hatte ein seltener weißer Pfau gesessen, und Tauben waren durch den Raum geflogen – all das war Teil der Illusion, die von der Architektur geschaffen worden war.
    Eine junge Danielle im Schlepptau war Becca einmal als Teenager im Imperial gewesen, im Rahmen eines der von ihr geliebten Ausflüge mit ihrer verstorbenen Großmutter. Ein Erlebnis, das sie nie vergessen hatte. Damals hatten sie und Dani sich eingebildet, das Imperial wäre ein prachtvoller Palast, Heim eines legendären Königs und seiner sagenhaften Königin, die mit Zauberkräften ausgestattet war. Kristallene Lüster hatten hoch über den bequemen roten Plüschsesseln gehangen und die vergoldeten Wände in ein bleiches Licht getaucht. Sie konnte sich noch daran erinnern, wie sie den Atem angehalten und die Augen aufgerissen hatte, als die Lichter ausgegangen waren und der dicke Samtvorhang mit dem schweren, brokatenen Saum gelüftet worden war. Elegante Ballerinen hatten den Nussknacker getanzt und auf der reich verzierten Bühne zauberhaft ausgesehen. Reine Magie.
    Jetzt war all das verschwunden, genau wie Danielle. Der Verlust war derart schmerzlich, dass sich Beccas Herz zusammenzog.
    Ohne GQ auch nur noch eines Blickes zu würdigen, ging sie über die Straße und marschierte durch die Überreste der einst prächtigen Eingangstür.
    Nachdem sie sich dem dort stationierten uniformierten Beamten gegenüber ausgewiesen hatte, reichte er ihr einen Helm mit Plexiglasvisier. Sie selbst zog ein Paar frische Gummihandschuhe aus ihrer Jackentasche, tastete nach dem Notizbuch und dem Kugelschreiber, die sie immer bei sich trug, und schaltete ihre Taschenlampe an.
    Im Innern des Theaters machte ihr der Brandgeruch das Atmen schwer. Die Zerstörung durch das Feuer wurde durch den Schaden, den das Wasser angerichtet hatte, noch verstärkt. Blinzelnd gewöhnte sich Becca an das dunkle Innere des Raums und schaltete erst dann die Taschenlampe an. Der Lichtstrahl erstreckte sich ins Leere und fing – wie zur Erinnerung daran, weshalb die Luft so abgestanden roch und vor allem derart stickig war – feine Staubpartikel auf. Die verbrannte Hülle des Theaters sah wie eine makabre schwarzgraue Landschaft aus, sie folgte dem geisterhaften Summen, das hinter dem Foyer durch die höhlenartigen Räume schwebte und sie leitete wie ein akustisches Signal.
    Undeutliche Stimmen und das gleichmäßige Surren eines Generators drangen an ihr Ohr. Da der Strom in dem Gebäude infolge des Feuers
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