Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -

Titel: Sexy Sixty - Liebe kennt kein Alter -
Autoren: Isabella Bernstein
Vom Netzwerk:
wirkender graulockiger Apo-Opa geworden, der sich an den alten revolutionären Zeiten und Zellen festbeißt wie ein Terrier an einem Dachs. Und das sieht irgendwie nicht erfolgversprechend aus.
    Und ich? Ich halte auch noch an einigen Idealen und Werten fest, die in den Sechzigerjahren gelebt und vertreten wurden, weil sie für mich aktuell sind.
    Woran ich allerdings nicht mehr festhalte, ist die Vorstellung, dass ich eine alte Version der jungen Frau aus der WG bin.
    Heute, nachdem ich mit vielen Gleichaltrigen Kontakt hatte, besonders nach den Treffen mit Heino, Günther und Dirk, erscheint es mir, als hätte ich in einen schrecklichen Zukunfts-Horror-Spiegel geschaut. Er zeigt mir, was mit einem passiert, wenn man mit über sechzig stehen geblieben ist, immer noch nicht loslassen kann oder nicht erwachsen geworden ist so wie Heino - oder aber bereits losgelassen
hat , und zwar so, dass man zum schlaffen Abbild seines alten Selbsts geworden ist.
    Allerdings, ich muss zugeben, erwachsen zu werden oder gar zu sein, richtig erwachsen - das ist das Schwerste der Welt, weil es Angst einflößt. Angst vor Verlust der frischen kindlichen Naivität und jugendlichen Energie, die man stets als Entschuldigung für Unerfahrenheit ins Feld führen kann, wenn man etwas besonders Dummes und Verantwortungsloses getan oder gesagt hat.
    Ich überlege mir deshalb auch: Ist das eigentlich wirklich eine gute Kombination in diesem Alter, wenn beide gleichaltrig sind? Stellt sich da Harmonie ein, nachdem die Schlachten des jungen Erwachsenenlebens wie Ausbildung, Ehe, Familie, Karriere geschlagen sind und die Belohnungen des mittleren Alters wie Souveränität und Genussfähigkeit ausgelebt werden können?
    Theoretisch ja, aber oft erscheinen mir solche Paarbeziehungen wie zwei Teile eines komplizierten Apparates, bei dem die Schnittflächen dauernd verrutscht sind.
    Männer werden im Alter meist konservativer als Frauen. Wenn man jung ist, fällt das natürlich nicht so auf. Man ist einen Moment lang auf gleicher Höhe, das Liebesleben ist aufregend, viele Diskrepanzen werden verdeckt, man rudert ganz einfach in einem Boot und glaubt an das gemeinsame Ziel, das Zukunft heißt.
    Aber mit zweiundsechzig merke ich, dass ich nicht mehr formbar bin. Meine Willigkeit lässt nach, Ansichten, Benehmen, Stile, Werte und Interessen zu tolerieren, die mir nicht passen.
    Ja, ich bin eigen-willig, weil ich irgendwie endgültig bei mir selbst gelandet bin und keine männliche Vervollkommnung suche, nie gesucht habe.

    Bei Männern ist es oft genau umgekehrt. Meist stark verunsichert, wenn eine Frau sie verlässt, und auch, wenn sie sie selber verlassen, treiben sie wie ein Blatt im Wind rat- und rastlos von einer Möglichkeit der Bindung zur nächsten.
    Eine Umkehrung findet statt: Die einst bindungsunwilligen Männer wollen kuscheln (und klammern) und einen Hafen haben. Die einst nach Intimität lechzenden Frauen wollen endlich frei atmen.
    Das ist sicher schon vielen älteren Frauen aufgefallen: Egal wo man hingeht, in Galerien, zu Lesungen, Kursen aller Art, ins Kino und so weiter, sind fast immer zwei Drittel der Besucher Frauen. Frauen sind neugierig, Männern fällt im Alter nicht mehr so viel ein - da helfen auch keine blutjungen Blondinen am Arm oder eine neue Harley unterm faltigen Hintern.
    Die erfahrenen und gestandenen Frauen dagegen erfreuen sich an ihren neuen Entdeckungen. Sehr viele von uns erleben noch einmal eine ziemlich rebellische Phase, weil wir nichts mehr zu beweisen und nichts zu verlieren haben. Als ob die ganze Furchtlosigkeit, Frische und Unbestechlichkeit, die einem mit der Pubertät gewaltsam entwendet wurden, mit voller Kraft zurückkommen und diesen Verlust endlich wettmachen können.

Alles ist möglich - oder was?

    Das Gefühl des »Alles ist möglich« - objektiv gesehen teilweise eine Lüge - ist eine sehr gesunde Philosophie, gerade wenn man sich in einer der letzten Lebensetappen befindet. Konfrontiert mit immer neuen Themen, die einen ziemlich deprimieren könnten, aber nicht sollten.
    Uns Älteren steht das Wissen zur Verfügung, dass jung zu sein nie so schrecklich großartig war, wie immer behauptet wurde. Wer vermisst schon die Unsicherheit, den Kampf um Identität, die Wirren der Liebe, die Irrwege auf der Suche nach dem ewigen Glück?
    Und genauso ist das Alter nicht so schlimm, wie manche fürchten. Ein bisschen Glück kann immer noch auf unserer Seite sein und uns Dinge nahe bringen, die wirklich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher