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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen
Autoren: Sabine Werz
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die eigenen Reihen aufsteigenden Bürger.
    Das Bürgertum imitierte den Adel, so gut es ging; eine Art Wettlauf um gutes Benehmen nahm seinen Anfang. Sicher nicht der schlechte Konkurrenzkampf. Im 19. Jahrhundert wetterte der Philosoph Friedrich Nietzsche über die bürgerlichen Auswüchse der Adelssucht. Die (inzwischen republikanischen) Franzosen, schrieb er, hätten recht, »wenn sie bei dem Verlangen einzelner Deutscher nach Eleganz und Manieren sich an den Indianer erinnert fühlen, welcher sich einen Ring durch die Nase wünscht und darnach schreit, tätowiert zu werden.«
    Nichtsdestotrotz blieb es Mode, als Millionär in eine verarmte Adelssippe einzuheiraten. Manchmal nicht nur des schmückenden Titels wegen.
    Apanagen: Mit Apanagen (vom mittlellateinischen appanare = mit Brot versorgen) versorgte man die nicht oder noch nicht regierenden Mitglieder von Adelshäusern, etwa zweit- und drittgeborene Söhne, außerdem die Töchter bis zur Verheiratung und die Witwen. Für Englands Kronprinzen sind als Apanage das Herzogtum von Cornwall und der Titel Prince of Wales reserviert. In Frankreich war es die Herrschaft über die Dauphiné, daher wurde der jeweilige Kronprinz Dauphin genannt; in Spanien trägt der Thronfolger den Titel Fürst von Asturien.
    Adelsprivilegien: Zu den beneidenswerten Privilegien von Adligen gehörte bis ins 18. und 19. Jahrhundert, dass sie sich mit Steuererklärungen nie groß herumschlagen mussten. Sie waren von Abgaben an die Staatskasse weitgehend befreit, hatten nach wie vor Anspruch auf Dienste und Abgaben von Bauern und auf hohe Beamten- und Offiziersstellen.
    In Frankreich lag unter der Herrschaft des Sonnenkönigs der Steuersatz für Hochadel und Kirche bei null Prozent. Den Pomp und Prunk des Hofes finanzierte Ludwig XIV. zum Teil aus seiner Privatschatulle; den Rest der Kosten zuzüglich Kriegsausgaben brachte der dritte Stand auf: Bürger, Bauern und Tagelöhner.
    Sehr vermögende Kaufleute, Banker und Fabrikanten nutzten als Steuerschlupfloch gern die Erhebung in den Adelsstand. Ein Titel plus Privilegien ließ sich etwa durch Heirat (siehe oben) oder durch den Kauf eines Adelsdiploms erwerben. Der Rest des Volkes (sprich 98 Prozent) war zu teils mörderischer Arbeit plus Steuerabgaben verpflichtet. Das Barock war eine höchst verdrehte Welt.
    Kleiner Trost: An Ludwigs Hof ruinierte sich ein großer Teil der Aristokratie, um bei der Inszenierungs- und Ausstattungsorgie »Versailles und le Roi« eine Rolle spielen zu können. Die Kosten für Kostüm, Schminke und einen Lebensstil à la Louis Quatorze waren astronomisch. Wer die Gunst des Bourbonen-Herrschers erlangte, durfte auf Tilgung seiner entstehenden Schulden und auf die Erstattung der Auslagen hoffen.
    Die wichtigste Währung bei Hof waren Einfluss und Macht. Um beides zu erlangen, schlug man sich darum, dem König möglichst nah zu kommen. Das gelang am besten durch Schmeichelei und Schmiergelder.
    Arme Monarchen: Bevor Sie sich falsche Vorstellungen machen, viele Monarchen waren chronisch klamm, bekamen aber selbstverständlich stets Kredit. Die Kaiser des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation liehen sich Geld bei den Fuggern. Sie verpfändeten so ziemlich alles, vom Tafelsilber bis zur Prunkrüstung, um ihr Tagesgeschäft wie Krieg, ständiges Herumreisen zwischen Kampfschauplätzen, zu Reichstagen oder Heiratsverhandlungen zu finanzieren.
    Kaiser Maximilian I. aus dem Hause Habsburg war der größte Zechpreller seiner Zeit. Ob in Trier, Brügge oder Köln, überall ließ er anschreiben und musste samt Gefolge oft bei Nacht und Nebel verschwinden, wenn die Gläubiger unangenehm wurden. Mancherorts behielt man sein Reisegepäck zurück. Am Ende seiner Regierungszeit weigerten sich Innsbrucks Gastwirte, ihn überhaupt noch zu beherbergen.
    Maximilians Enkel, Kaiser Karl V., beherrschte – dank Spaniens Kolonien – zwar ein Reich, in dem die Sonne niemals unterging, Herr seiner Finanzen waren jedoch andere. Von den Schulden seiner Kaiserwahl – rund eine Million Gulden an Bestechungsgeldern flossen an die deutschen Kur-, also Wählerfürsten – kam er zeitlebens nicht runter. Weil er wertvolle Minenrechte in der Neuen Welt verpfändete, blieb ihm vom Gold der Kolonien wenig. Für ein Palastleben reichte es freilich, aber außer unmäßigem Essen gönnte sich Karl vergleichsweise wenig Ausschweifungen und Luxus.
    Adelsrang und Rangeleien : Adel legt wert auf Abstand. Auch untereinander. Zum Hochadel gehören,
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