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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen
Autoren: Sabine Werz
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bürgerlicher Herkunft, und am blauen Blut liegt es kaum noch, wenn die Aristokratie auch fürderhin Bestand hat.
    Erst Silvias Einheirat ins schwedische Königshaus katapultierte den sechzehnten Karl Gustaf Folke Hubertus ins Herz seines Volkes und ins Rampenlicht der internationalen Öffentlichkeit. Seit der Traumhochzeit von 1976 sind der König und seine Königin weltweit so bekannt wie Ikea und Karlsson auf dem Dach. Über 700 Millionen Zuschauer verfolgten die Trauung live am Fernsehgerät; erst Lady Dianas Gang zum Altar sollte diesen Rekord 1986 toppen.
    Die bürgerliche Silvia wurde nach vollzogener Eheschließung zum beliebtesten Mitglied der Königsfamilie und polierte das blasse und steife Image des Ehemanns erheblich auf. Zur allgemeinen Rührung bei Fans der Regenbogenpresse trug bei, dass die Dolmetscherin und ihr Kronprinz sich lange heimlich lieben mussten. 1972 – nach ihrer Begegnung bei den Olympischen Spielen in München – hätte Karl bei einer Heirat mit einer bürgerlichen Frau alle Titel und Ansprüche auf den Thron verloren. Die Hochzeit konnte er sich nur als König und nach einer Verfassungsänderung leisten.
    Weil das Ehemodell »Prinz heiratet Aschenputtel« riesige Begeisterung auslöste, verkaufte sogar der Buckingham Palace in Eintracht mit der Klatschpostille anno 1986 die Prinzenbraut Diana vorzugsweise als Kindergärtnerin von nebenan. Was mehr als untertrieben war. Das blaue Blut in den Adern der Grafentochter und Lady war älter und dicker als das von Charles Windsor selbst. Jahrhundertelang tat die Aristokratie alles, um fantastische Stammbäume zu fabrizieren und stubenrein zu halten. Jetzt geschah im Dienst der Monarchie das Gegenteil. Eine hochadlige Braut wurde als Mädchen aus dem Volk stilisiert, um das Ansehen des Königshauses zu sichern.
    Selbst Englands bestes Stück, Prinz William, hat sich eine bürgerliche Freundin gewählt. Als Prinz Williams Braut qualifiziert sich seit 2003 die ehemalige Kunstgeschichtsstudentin Kate Middleton. Beobachter des britischen Königshofes gehen seither – also seit nunmehr sieben Jahren – von einer baldigen Verlobung aus. Weil das Volk es wünscht.
    Als sicheres Indiz für baldigen Vollzug der Verlobung gilt, dass Miss Middleton, Tochter eines Internethändlers für Kinderpartyzubehör, ihren Job als Modeeinkäuferin aufgegeben hat und damit bereits eine der wichtigsten Prinzessinnenpflichten erfüllt. Offizielles Nichtstun. Zumindest in beruflicher Hinsicht. Ansonsten wird sich Queen Kates Hoheitsgebiet auf die Klatschspalten beschränken und auf ihre – nach wie vor – vornehmste Aufgabe: für Thronerben sorgen.
    Sind die Bürgerbräute erst unter der Haube, fiebert die internationale Fangemeinde der Boulevardblätter ihrer Niederkunft mit einem Prinzen oder einer Prinzessin entgegen. Am besten im Doppelpack: One heir and one spare , wie die verstorbene Lady Diana, Prinzessin von Wales, ihr Pflichtprogramm zusammenfasste – einen Erben und einen Ersatz. Ein unerschütterlicher Grundsatz der Monarchie seit mehr als tausend Jahren.
    In diesem Festhalten an festgezimmerten Normen einer scheinbar von allen Zeitläufen letztlich unberührten Aristokratie liegt ein weiterer Grund ihrer unverwüstlichen Magie. Sie entfaltet sich heute sogar unproblematischer als früher, weil sie nicht mit realen Machtbefugnissen gepaart ist.
    Man muss dem Historiker Golo Mann eindeutig recht geben, wenn er in seiner »Deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts« über Europas verbliebene Monarchen schreibt: »Sie sind so harmlos geworden, dass man sie fast wieder gern zu haben beginnt.«

Aderscheinig: Für den Begriff »Blaublut« gibt es verschiedene Erklärungen; am wahrscheinlichsten ist die spanische Variante. Iberiens Adel, so heißt es, stamme von den Westgoten ab. Während sich das übrige Volk in der Zeit der mehrhundertjährigen Herrschaft der Mauren mit den Arabern vermischte und nachdunkelte, sei der Adel an der hellen germanischen Haut zu erkennen, durch die das in den Adern fließende sangre azul – sprich: das blaue Blut – bläulich durchschimmerte.
    Alter Adel: Die Demokratie steht für die Gleichheit der Menschen, das System Adel selbstredend für das Gegenteil. Auch unter den Aristokraten selbst ist Adel nicht gleich Adel. Unterschieden wird etwa zwischen Ur- und Briefadel. Zum Uradel zählen direkte Nachfahren aus allen schon vor 1350 nachweisbaren Adelsgeschlechtern. Uradel wurde nicht verliehen, sondern allenfalls im
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