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Sex and Crime auf Königsthronen

Titel: Sex and Crime auf Königsthronen
Autoren: Sabine Werz
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und unaufregend wird.«
    Weshalb sich die Queen im Jahr 1853 vor der Niederkunft ihres achten Kindes begeistert als Versuchskaninchen für die medizinische Verwendung von Distickstoffmonoxid zur Verfügung stellt.
    Als Lachgas bekannt wird die chemische Verbindung damals auf dem Jahrmarkt gegen ein Paar Pence als Spaßdroge verabreicht und seit 1844 von einigen Zahnärzten zur Schmerzbetäubung verwendet.
    Die Queen hingegen wünscht endlich eine halbwegs schmerzfreie Geburt und hofft, ihren anschließenden Stimmungstiefs zu entgehen. Postnatale Depressionen gehören zu den wiederkehrenden Begleiterscheinungen ihrer Niederkünfte. 1853 äußert sie sich nach dem Geburtsvorgang erstmals begeistert. Unter anderem, weil sie rasch und in ungetrübter Stimmung wieder eheliches Partnerglück und das Bett mit Albert teilen kann.
    In der Folge wird der Einsatz von Narkosemitteln und schmerzlindernden Medikamenten bei Geburten populär. Auch dass Gemahl Albert bei mehreren Geburten nicht das Weite sucht, sondern am Bett seiner Königin und Gemahlin verharrt, wird erstmals als eventuell stillvoll betrachtet. Neben tief empfundener Fürsorglichkeit spielt bei Albert die Sorge um das Nervenkostüm und das Image der Königin eine Rolle. Sie muss als heitere, glückliche und begeisterte Mama rüberkommen. Immer wieder hat es nach ihren Geburten jedoch Popularitätseinbrüche gegeben, weil die Queen sich hernach nicht nur für Tage oder Wochen, sondern für Monate ganz in den Palast zurückgezogen hat. Ihre Stimmungstiefs werden zu Stimmungstiefs in Sachen Monarchie.
    Hinter den Palasttüren hat das Ehepaar gelegentlich einen handfesten Krach wegen der unablässigen Schwangerschaften, die Victoria dünnhäutig und unzufrieden machen, weshalb sie heitere Auftritte vor aller Welt ablehnt.
    Alles in allem sind Nachwuchsfreuden ihr – bei aller Lust an der Liebe – vor allem eins: lästig.
    Wobei es nicht nur um den Verzicht auf sexuelle Leidenschaft geht. Victoria weiß wie alle ihre Geschlechtsgenossinnen, dass Schwangerschaftskomplikationen und Kindbettfieber noch immer schnell tödlich enden können.
    Und Victoria will leben, ihren Albert lieben und eben auch mal mit ihm streiten, wie es selbst in Liebesehen üblich ist. Albert ist daran weniger gelegen, was ebenfalls nicht unüblich ist.
    Nichtsdestotrotz heißt es, dass sie in ihrem privaten Sommersitz neben dem ehelichen Bett einen Schalter anbringen ließ, um in gewissen Momenten flugs und automatisch die Türen schließen zu können, um Albert und das Eheleben ungestört zu genießen. Ein royales Privileg, das noch heute wenige Mütter sich nehmen könnten, ohne sich in die Rabenmutterdebatte zu verstricken.
    Die Kinder erzieht das königliche Paar nach klassischer Palastmanier, also aus der Distanz. Nach außen hin sieht das gewollt anders aus.
    Prinzgemahl Albert verfolgt eisern sein Rettungsprogramm »königlich-bürgerliche Vorzeigeidylle«. Der deutsche Prinz und seine etwas widerstrebende Gemahlin zelebrieren Familienleben als höchste Tugend. Das ist sensationell neu in royalen Kreisen und kommt gut an.
    Albert geht dabei mit bestem Beispiel und demonstrativ voran. Mit Geschenken an die Familie und an die Gattin, die die Öffentlichkeit überwältigen und zutiefst anrühren. Er importiert etwa den deutschen Weihnachtsbaum nach England und macht daraus einen Hit. Er bringt Ferienhäuser und Familienurlaub an der See in Mode, indem er sich und der königlichen Familie ein Geschenk macht, das alle – die Presse inklusive – überwältigt: Auf der Isle of Wight baut er als rein privaten Rückzugsort »Osborne House«. Samt Privatbahnhof für eine königliche Saloneisenbahn. Deren Bequemlichkeit man heutzutage übrigens testen darf. Damals nicht. Dennoch geht das Konzept auf.
    Die Royal family führt auf höchstem Niveau vor, was halbwegs betuchte Bürger auch gern tun oder – so weniger betucht – gern täten: Mal Ferien machen am Meer, den Komfort einer Eisenbahnfahrt genießen oder das Weihnachtsfest im trauten Kreis unterm geschmückten Baum und bei netten Geschenken verbringen.
    Kurz, Prinzgemahl Albert weiß sich und die Königin gut zu beschäftigen, während Victoria die politischen Amtsgeschäfte weitgehend Premierministern und Parlament überlassen will und muss.
    Wenn Queen Elisabeth II. von England ihre royale Familie noch heute als »die Firma« beschreibt, so geht dies unter anderem auf Alberts Manager seiner beispiellosen Imagekampagne zurück.
    Die
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