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Sepp und seine Bande

Sepp und seine Bande

Titel: Sepp und seine Bande
Autoren: Helmut Höfling
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du? Wenn du nicht in Nullkommanichts wieder draußen bist, dann schmeiß’ ich dich hochkantig zum Fenster raus!“
    „Reg dich wieder ab, Willem“, beschwichtigte ihn Sepp. „Hier sieht keiner deine Heldentaten. Warum dich also anstrengen? Wenn du mich unbedingt verhauen willst, dann heb dir’s für später auf.“
    „Jetzt schmeiß’ ich dich raus, jetzt! Später habe ich’s vielleicht vergessen, und dann könnt’ ich mich vor Wut selbst in den Hintern beißen!“
    „Ich erinnere dich dran, todsicher!“
    „Raus!“ keuchte der dicke Willem erneut. „Ich will niemand sehn, und dich am allerwenigsten!“
    „Mit einer Gehirnerschütterung darf man sich nicht auf regen.“
    „Wer sagt das?“
    „Ich hab’s mal gelesen, irgendwo.“
    „Blödian!“
    „Ja, genau das kann aus dir werden, falls sich die Gehirnerschütterung verschlimmert. Dann hast du dein Leben lang Mattscheibe, mein Lieber!“
    Wohl brummelte der dicke Willem vor sich hin, aber eben nur wie ein abziehendes Gewitter noch rollt und grollt. Br traute dem Braten zwar nicht so recht — dieser Sepp konnte ihn ebensogut auf den Arm nehmen —, aber mit Mattscheibe soll man nicht spaßen — und besser ist besser — und überhaupt... Der dicke Willem grunzte wieder und knurrte dann: „Was — was willst du hier?“
    „Dir helfen.“
    „Mir helfen? Du — mir?“
    Der dicke Willem kriegte die Maulsperre wie ein Krokodil, das einen Elefanten verschlingen soll. Sepp nickte und lächelte, gar nicht spöttisch oder überlegen, sondern richtig nett und kameradschaftlich, als habe es nie so etwas zwischen ihnen gegeben wie Feindschaft und Prügeleien.
    „Ja, der Pöttgen hat mich heute morgen auf den Trichter gebracht“, erklärte Sepp. „Du bleibst sitzen, hat er gesagt, wenn du die nächste KL in Englisch wieder danebenhaust.“
    „Und was geht das dich an?“
    „Du hast recht — eigentlich nichts.“
    „Aha!“ schnaubte der dicke Willem giftig.
    „Wenn du unbedingt kleben bleiben willst — bitte, dann kann ich ja gehn.“
    Sepp erhob sich vom Stuhl, auf dem er gleich nach dem ersten Wortwechsel Platz genommen hatte, ohne Willem erst lange zu fragen.
    Ruckartig richtete sich der dicke Willem im Bett auf — ein bißchen zu hastig, dachte er schon im nächsten Augenblick bereuend — und streckte seinen gesunden rechten Arm aus, als wolle er seinen Besucher an den Hosenträgern festhalten.
    „Nein, nein, bleib nur noch ’nen Augenblick. Ich will wissen, was der verflixte Steißbeintrommler sonst noch gesagt hat.“
    „Der Pöttgen?“
    „Ja.“
    „In Latein ständest du auch wacklig.“
    „Wacklig ist gar kein Ausdruck dafür“, gab der dicke Willem zu. „Völlig hoffnungslos!“
    „Ach, du siehst zu schwarz! Wenn du dich tüchtig auf den Hosenboden setzt, dann kannst du immer noch an einer Fünf vorbeikommen.“
    „Bis zu den Sommerferien schaffe ich das nie mehr! Und außerdem habe ich auch gar keine Lust dazu. Wer spricht heutzutage noch Latein? Kein Aas mehr, höchstens katholische Priester. Und sehe ich vielleicht so aus, als ob ich Priester werden wolle, he?“
    „Nein, das bestimmt nicht!“ Sepp lachte.
    Und der dicke Willem — wer hätte das gedacht — stimmte unversehens in das fröhliche Gelächter seines Besuchers ein.
    Die Lautstärke dieses Heiterkeitsausbruchs lockte auch Frau Bergs an. Mit gerunzelter Stirn stand sie plötzlich im Zimmer und erkundigte sich tadelnd: „Na, ihr treibt doch wohl hoffentlich keinen Unsinn hier?“
    „Nein“, erwiderte Sepp, „wir haben gerade über einen Witz gelacht.“
    „Ich glaube, es ist Zeit, daß du jetzt gehst, Junge. Wie heißt du übrigens?“
    „Sepp Dallmayer.“
    „Ach, dein Vater ist der neue Hausmeister in den Wohnblöcken da drüben?“
    „Ja.“
    „Ich habe schon davon gehört. Gehst du mit Willem in dieselbe Klasse?“
    „Wir sitzen sogar nebeneinander!“
    „Dann seid ihr sicher schon gute Freunde geworden?“ meinte Frau Bergs arglos.
    Betreten blickten die beiden Jungen beiseite. Bis vor wenigen Minuten hätten sie sich noch fressen können — und jetzt... Nein, was diese Mütter doch manchmal dachten! Keinen blassen Schimmer hatten die!
    „Er hat mir nur was bestellt“, erklärte Willem seiner Mutter, ohne auf ihre Frage einzugehen.
    Er sprach überhaupt nur, um ihnen allen dreien über den toten Punkt hinwegzuhelfen; denn auch Frau Bergs schien plötzlich zu ahnen, daß sie ins Fettnäpfchen getreten war.
    „So, etwas von der Schule?“
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