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Sepp und das Millionending

Sepp und das Millionending

Titel: Sepp und das Millionending
Autoren: Helmut Höfling
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den Jungen an. „Von so ‘nem bißchen Tabakrauch kann dir unmöglich so schlecht sein. Ich wette, du hast bestimmt schon mal selbst geraucht.“
    „Ich glaube auch nicht, daß es der Rauch allein ist“, erwiderte der dicke Willem, ohne dabei zu vergessen, eine Leidensmiene aufzusetzen und zu stöhnen. „Mein Kopf brummt so.“
    „Das ist halb so schlimm. Kopfschmerzen haben wir alle mal.“
    „Kopfschmerzen sind das nicht, wenigstens keine gewöhnlichen. In der Jagdhütte ist mir der Fensterladen mit voller Wucht gegen die Stirn geschlagen.“
    „Ja, das stimmt!“ schaltete sich Karl ein. „Gerade in dem Augenblick, als ich ihn erwischt habe.“
    Willem war dankbar für diese unerwartete Schützenhilfe und fügte hinzu: „Seitdem hab’ ich das Gefühl, als drehe sich manchmal alles um mich herum.“
    „Mach die Augen zu und denk nicht dran!“ herrschte ihn Franz an.
    „Im fahrenden Auto?!“
    „Wieso? Was ist denn daran so Besonderes?“
    „Ich vertrage Autofahren doch nicht lange“, gab Willem vor. „Erst recht nicht bei dem Tempo — und bei dem Brummen im Kopf.“
    „Wir haben nicht soviel Zeit. Wir müssen uns beeilen. Und außerdem: tisch uns hier keine Ammenmärchen auf!“
    „Ich kann doch nichts dafür, wenn mir schlecht ist“, jammerte der dicke Willem und begann plötzlich zu würgen. „Ich — ich glaube, ich muß mich übergeben...“
    „Das hat uns gerade noch gefehlt!“
    „Aber nicht hier im Wagen!“
    So riefen der Fahrer und Karl fast gleichzeitig aus. „Ach was!“ brummte Franz. „Der spielt doch nur Theater.“
    Der dicke Willem würgte erneut. Es klang tatsächlich echt und so überzeugend, daß Ludwig sich nervös umschaute und dabei die Geschwindigkeit drosselte.
    Auch Franz wurde jetzt unsicher in seiner Meinung und warf Karl vor: „Ich habe dir ja gleich geraten, den Burschen in der Hütte einzusperren.“
    „Laßt mich raus!“ schrie Willem jetzt und verdrehte die Augen. „Ich — ich kann es nicht mehr länger zurückhalten...“
    Der Fahrer trat scharf auf die Bremse, so daß alle Insassen nach vom geschleudert wurden.
    „Idiot!“ zischte Franz.
    „Du hättest dich ja festhalten können“, gab der Fahrer zurück.
    Ohne weiter darauf einzugehen, rief Franz dem andern zu: „Los, Karl, laß den Burschen auf deiner Seite hinaus.“
    Karl öffnete die Wagentür und stieg aus.
    „Aber ‘n bißchen dalli, Mann!“ trieb Franz ihn zur Eile an. „Sonst kotzt uns der Kerl noch den ganzen Wagen voll!“
    Karl klappte die Rückenlehne nach vorn und ließ den dicken Willem aussteigen. Die Hand vor den Mund haltend, würgend und stöhnend, so fiel der Junge mehr aus dem Wagen, als daß er ging. Er spielte seine Rolle so täuschend echt, daß niemand daran zweifelte, jetzt müsse er sich übergeben.
    Karl blieb neben der offenen Wagentür stehen und ließ Willem nach vom torkeln. Jetzt — jetzt schien der Brechreiz seinen Höhepunkt erreicht zu haben — und jetzt mußte es zu dem befürchteten Ausbruch kommen! Karl war froh, ein paar Schritte Abstand zu dem Jungen zu haben, damit er keinen „Brecher“ abbekommen konnte.
    Aber noch mehr freute sich der dicke Willem über diese paar Schritte Abstand! Denn plötzlich riß sich der „Todkranke“, der mit Pudding in den Knien dahingewankt war, zusammen und spurtete los wie ein wildgewordener Handfeger!
    „Halt! Hiergeblieben!“
    „Pack ihn doch!“
    „Stehenbleiben — oder ich schieße!“
    So schallte es hinter dem Flüchtenden her, der um sein Leben lief.
    Jeden Augenblick glaubte der dicke Willem, die Knallerei hinter ihm werde losgehen, und diese Angst im Nacken verlieh ihm doppelte Kräfte.
    Aber es fiel kein Schuß. Er spürte nur, wie er verfolgt wurde: erst von einem, dann von zwei Männern, dann nur noch von einem allein — der Fahrer, der Karl nachgespurtet war, hatte die Verfolgung offenbar wieder aufgegeben. Franz hatte die Verfolgung gar nicht erst aufgenommen — bei seinem Körpergewicht eine aussichtslose Sache, zumal er Mühe gehabt hatte, sich aus der engen Hinterbank ins Freie zu zwängen.

    Er war es auch, der seine Kumpane zurückpfiff.
    „Laßt ihn laufen, Jungs! Wir haben sowieso schon zu viel Zeit verloren. Eh der uns die Polente auf den Hals hetzen kann, sind wir längst über die Grenze!“
    Obwohl Willem diese Worte deutlich verstanden hatte, lief er noch ein Stück weiter über ein Kleefeld, bis er den angrenzenden Waldsaum erreichte. Dort machte er halt und schaute zurück. Die
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