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Sensenmann

Sensenmann

Titel: Sensenmann
Autoren: Clausia Puhlfürst
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auszuhorchen. Kampflos würde sie Tom das Feld nicht überlassen.

     
    »So liebe Kollegen.« Gernot Hampenmann straffte den Rücken und legte beide Handflächen auf die Tischplatte. »Dann wollen wir mal. Zuerst der Wochenfahrplan.« Im Eiltempo ging der Redaktionsleiter die Termine durch, vermerkte die diensthabenden Journalisten und teilte ihnen Fotografen zu.
    »Und nun die neu reingekommenen Sachen.« »Hampelmann« machte seinem Spitznamen alle Ehre. Er konnte einfach nicht stillsitzen. Sein Oberkörper bewegte sich vor und zurück, und die Hände flogen wie zwei aufgescheuchte Tauben durch die Luft, während er sprach. Ohne dass sie hinsehen musste, wusste Lara, dass auch seine Dackelbeine unter dem Tisch hin- und herschwangen, wobei die Fußspitzen den Boden gerade so berührten.
    »Da hätten wir als Erstes die Protestdemonstration zur geplanten Biogasanlage.« Der Redaktionsleiter lehnte sich kurz zurück, faltete die Hände vor dem Bauch, ließ dabei den Blick über seine Kollegen schweifen und wartete darauf, dass sich jemand freiwillig meldete. Lara verbarg ein Grinsen, während sie wie alle anderen auf ihre Notizen schaute. Es war immer das Gleiche. Manche Themen wollte einfach niemand haben. Hampenmann verharrte noch einen Augenblick lang in seiner gestrafften Haltung, dann flatterte seine Rechte nach oben und deutete auf Hubert. »Herr Belli  – was ist mit Ihnen?«
    »Ich, äh…« Hubert hatte sich im Vorfeld keine unaufschiebbaren Aufgaben zurechtgelegt, was ihm jetzt zum Verhängnis wurde.
    »Dann machen Sie das.« Die Hand des Redaktionsleiters klatschte auf die Tischplatte und besiegelte seine Worte. Hubert schob die Unterlippe nach vorn, wagte es aber nicht zu protestieren.
    »Kommen wir zu dem Leichenfund im Abbruchhaus.« Lara hob den Kopf, um zu antworten, und hörte im gleichen Moment Toms Stimme. »Das übernehme ich.«

    »Tom, alles klar.« Gernot Hampenmann zückte den Kugelschreiber, um den Namen in seine Liste einzutragen. Lara öffnete den Mund und wollte protestieren, brachte aber kein Wort heraus, während Tom schon weiterredete. »Ich habe deswegen schon mit KK Stiller telefoniert.« Laras Mund öffnete sich noch ein bisschen weiter. Ihr Kollege hatte den Kriminalkommissar schon angerufen? »Ich bin heute Nachmittag sowieso in Grünau, das Mehrgenerationenhaus, Sie wissen …?« Tom zögerte gerade so lange, dass Hampenmann nicken konnte, und redete dann schnell weiter. »Da kann ich auch gleich ein paar Bilder vom Fundort der Leiche schießen, und wir brauchen nicht erst einen Fotografen hinzuschicken.«
    »Sehr gut.«
    In Laras Kopf rauschte das Blut. »Das ist eigentlich mein Ressort.« Sie hatte Mühe, ihre Stimme unter Kontrolle zu halten.
    »Oh, entschuldige, Lara.« Tom klang zuckersüß. »Ich will dir nichts wegnehmen. Aber da du diese Woche schon mehrere Gerichtstermine hast und deshalb dauernd außer Haus bist, dachte ich, es wäre dir recht, wenn du heute nicht auch noch rausmüsstest.« Lara spürte, wie ihr linkes Augenlid zu zucken begann. Das hatte Tom ja geschickt eingefädelt. Er musste das Ganze geplant haben, seit die Nachricht heute Morgen über den Ticker gekommen war. Der Wochenplan hatte ihm dann noch die nötigen Argumente geliefert.
    »Tom hat vollkommen recht. Sie können sich dann ja absprechen, wer den Fall weiterverfolgt.« Hampenmanns Tonfall gab zu verstehen, dass die Diskussion damit beendet war.
    Lara versuchte, ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Ihr Lid zuckte unaufhörlich, und sie war sich ziemlich sicher, dass Tom das bemerkt hatte. Dem Rest der Besprechung hörte sie nur mit halbem Ohr zu, während sie sich fieberhaft zu erinnern versuchte, wann der Kollege die Gelegenheit gehabt hatte, den Kriminalkommissar anzurufen. Dauernd musste Tom in ihr Ressort
eindringen. Wahrscheinlich machte er das, weil ihm die Polizei- und Gerichtsberichterstattung prestigeträchtiger erschien als der allgemeine Lokalteil.
    »Das war’s. Und nun wieder an die Arbeit, Kollegen. Ich bin heute bis halb drei hier, dann habe ich einen Termin außer Haus.« Hampenmann sprang wie ein Schachtelmännchen auf und eilte hinaus.
    »Ich koche Kaffee. Wer möchte alles?« Isabell stolzierte in Richtung der Büros, schwenkte dabei ihre Hüften vor Tom her und zählte durch.
    »Ich gehe eine rauchen.« Friedrich schlurfte zur Tür.
    »Ich komme mit.« Lara folgte ihm. »Ich brauche frische Luft.« Nebeneinander gingen sie die Treppen hinunter.
     
    »Hättest du
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