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Sensation in der Manege

Sensation in der Manege

Titel: Sensation in der Manege
Autoren: Tina Caspari
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kennenlernen. Jetzt geht’s erst mal auf die Koppeln hinaus; unsere Stuten und die Absetzer sind bei dem schönen Wetter natürlich draußen.“
    „Und wer gehört in diese Box hier?“
    Über Billes Gesicht glitt ein Schatten.
    „Da stand Lohengrin, unser Veteran. Er brach bei einem Turnier zusammen. Herzschlag?“
    „Du hast ihn geritten?“
    „Ja. Es hat mich unheimlich mitgenommen. Jedesmal, wenn ich die leere Box sehe... Nun ja, er soll demnächst einen Nachfolger bekommen. Komm, hier geht’s lang.“
    Bille zeigte dem Indianer Stutenstall, Fohlenstall und die Nebenräume. Stolz führte sie die neueingerichtete Klinik vor, ein Raum, in dem alles untergebracht war, was zur medizinischen Betreuung eines Pferdes gehörte. Dann traten sie wieder auf den Hof hinaus und gingen zu den Koppeln hinüber, die hinter dem zum Verwalterhaus gehörenden Obstgarten lagen und sich von dort aus bis an den Waldrand erstreckten.
    „Hier auf der ersten Koppel kannst du unsere Mütter bewundern. Das ist Troja, mein Liebling, ich reite sie regelmäßig. Und die Rappstute da ist Iris. Die Schimmelstute heißt Jacaranda , und daneben stehen Santa Monica und Donau.“
    Während Bille die Reihe der Fohlen aufzählte, die die Stuten in den letzten Jahren gebracht hatten, wandten sie sich der nächsten Koppel zu, auf der sich die Absetzer übermütig jagten. Sie galoppierten ein Stück um die Wette und standen urplötzlich wie auf einen geheimen Befehl hin still wie die Standbilder, um gleich darauf von neuem loszutoben.
    „Der freche Fuchs, da... der kupferrote, das ist Don Quichotte, ein Sohn von Donau“, erklärte Bille. „Schau, wie kraftvoll er ausgreift. Der hat bestimmt eine große Karriere vor sich!“
    Doch der Indianer schaute an dem hübschen Fohlen vorbei zur Nachbarkoppel hinüber. Sein Gesicht wurde weich, und er lachte leise, als habe er einen längst verschollen geglaubten Freund plötzlich wiederentdeckt.
    „Da ist er ja!“
    „Ja, das ist Zottel.“
    Bille ging voraus und öffnete das Koppelgatter. Zottel hatte unter einem Baum gestanden und geschlafen. Jetzt hob er den Kopf und trabte erfreut zu Bille herüber, um zielbewußt als erstes ihre Taschen zu untersuchen. Tatsächlich entdeckte er ein Stück Traubenzucker.
    „Ich hab leider nichts für dich, mein Schatz..., oh, den hatte ich ganz vergessen... Aber nein, Dicker, das ist nichts für dich, du wirst zu fett. Nicht doch..., na schön, jeder die Hälfte.“
    Aber Zottel hatte wohl nicht richtig zugehört, jedenfalls zog er den Traubenzucker, noch ehe Bille ihn durchgebrochen hatte, mit spitzen Lippen aus ihren Fingern und vertilgte ihn genüßlich.
    Der Indianer grinste verständnisvoll, dann packte er das rotgesprenkelte Pony mit beiden Händen bei der wolligen Mähne und umarmte es heftig.

    „Kennst du ihn von früher?“ fragte Bille und unterdrückte ein Gefühl leiser Eifersucht.
    „Nein. Aber wir vom Zirkus, das ist wie eine geheime Bruderschaft, verstehst du. Wir gehören alle zu einer Familie.“ Der Indianer hörte nicht auf, Zottel zu kraulen.
    Zottel empfand offensichtlich eine spontane Zuneigung zu dem fremden Mann. Er rieb den Kopf an seiner Jacke, dann begann er zärtlich an seinem Ohrläppchen zu knabbern.
    „Da kommt Edmund der Weise!“ rief Bille, froh, die geheime Zwiesprache zwischen den beiden unterbrechen zu können. „Edmund ist Assistent unseres Gutsverwalters Lohmeier. Und den Spitznamen der Weise hat er wegen seiner Leidenschaft für außergewöhnliche wissenschaftliche Versuche bekommen. Zur Zeit testet er im Gewächshaus, ob man Pflanzen durch Musik zu schnellerem Wachstum anregen kann, und ob ein Nachtschattengewächs wie die Tomate lieber die ,Mondscheinsonate’ oder die ,Kleine Nachtmusik’ hört.“
    „Hallo!“ sagte Edmund der Weise. „Sie sind nicht vielleicht ..."
    „Doch, er ist es. Darf ich vorstellen: unser neuer Pferdepfleger, Herr John. Aber er mag lieber, wenn man ihn Johnny nennt.“
    „Freut mich“, sagte Edmund der Weise und musterte den Neuen von der Höhe seiner fast zwei Meter herab neugierig. „Ich habe Sie nämlich gesucht. Auf dem Bahnhof. Der Chef meinte, Sie kämen mit dem Einuhrzug, und ich sollte Sie abholen.“
    „Tut mir leid. Das muß ein Mißverständnis sein. Ich bin mit dem Wagen gekommen. Hab ihn hinter der Schulreithalle abgestellt.“ Der Indianer drückte Edmund die Hand.
    „Ist es ein Zirkuswagen?“ fragte Bille hoffnungsvoll. „Ich wollte schon immer mal einen Zirkuswagen
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