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Sensation in der Manege

Sensation in der Manege

Titel: Sensation in der Manege
Autoren: Tina Caspari
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interessiert; begeistert scharrte er in der frischen Einstreu und schnaubte vergnügt. Dann prüfte er die Tränke, drückte den Deckel hinunter und trank in ruhigen, langen Zügen. Bille klopfte ihm zärtlich den Hals.
    „Im Zirkus hatten wir’s nicht so komfortabel“, rief Johnny aus Happys Box herüber. „Wer hätte gedacht, daß wir’s im Alter noch mal so gut treffen, was, meine Dicke? Na, du hast es wirklich verdient.“
    „Du mußt mir viel vom Zirkus erzählen. Woher hat Whisky die breite Narbe auf dem Rücken?“ erkundigte sich Bille.
    „Er war eine Zeitlang in einer Löwennummer. War’n böses Erlebnis für ihn, hätte schlimm ausgehen können.“
    „Armer Kerl. Hat der Löwe ihn angefallen?“
    „Ach wo, der war uralt, halbblind, taub und rheumatisch. Er ist ungeschickt gesprungen, abgerutscht und hat sich festgekrallt. Trotz der gepolsterten Schabracke hat’s eine tiefe Fleischwunde gegeben. Danach wollte unser Dicker partout nicht mehr in die Manege. Der Direktor hat getobt, wollte ihn zum Roßschlächter geben. So bin ich zu meinem ersten eigenen Pferd gekommen“, berichtete Johnny grinsend.
    „Mit den anderen beiden war es vermutlich ähnlich“, sagte Bille lächelnd. „Wollen wir jetzt einen Rundgang machen?“
    „Klar doch. Ich will meine Schützlinge ja endlich kennenlernen.“
    Netter Kerl, dachte Bille. Scheint prima zu uns zu passen. Es wurde auch Zeit, nach dem Reinfall mit dem vorigen Pferdepfleger. Jemand, dem die Rösser wirklich am Herzen liegen, und der die Arbeit im Stall nicht als beliebigen Job ansieht.
    „Hast du Achmed schon kennengelernt, den Stallhelfer?“
    „Der Boß hat mir von ihm erzählt. Soll nicht schlecht sein, der Junge.“
    „Er hat eine gute Hand für Pferde. Nur mit seinem Deutsch hapert es noch, er ist Türke.“
    „Kein Problem für mich, meine Kollegen kamen von überall her. Und was mich betrifft — mein Vater war Holländer und meine Mutter Indianerin. Kam aus Kanada, da hat sie sich in meinen Vater verliebt und ist einfach mit dem Zirkus mitgegangen. Mein Großvater soll sogar Häuptling gewesen sein. Jedenfalls hat er seine Pferde mehr geliebt als alles andere, und dieses Erbe hat voll bei mir durchgeschlagen. Im Zirkus haben sie mich immer nur ,Indianer’ genannt.“
    Johnny trat an eine der Boxen und studierte die darüber hängende Tafel. Dann schob er die Tür zur Seite und trat zu der hübschen Rappstute.
    „Darling“, sagte er leise. „He, Darling, wie geht’s? Alles klar?“
    Bille beobachtete, wie er sorgsam den Bau der Stute begutachtete, Augen, Gebiß und Beine untersuchte und eine gerade verheilte Satteldruckstelle betastete.
    „Da tun wir von meiner Salbe drauf“, murmelte er. „Old Johnnys Zaubersalbe bringt auch den letzten Rest davon weg. Bist eine Schöne! Eine richtige Dame bist du!“
    „Der prächtige Braune hier heißt Janosch“, sagte Bille und ging zur nächsten Box. „Und der Rappwallach daneben ist Luzifer. Er ist seinem teuflischen Namen zum Trotz geduldig wie ein Lamm und mit seinen elf Jahren der älteste unter den Schulpferden.“
    „Eines nach dem anderen“, murmelte der Indianer und unterzog Janosch einer ebenso gründlichen Untersuchung wie zuvor Darling.
    Und genauso verfuhr er mit allen anderen. Mit Natascha, der hübschen Braunen mit der breiten Blesse, dem mächtigen Schwarzschimmel Bobby und Regula, der Hellfuchsstute, die sie Reggi nannten und die der Liebling aller Internatsschüler war. Danach kamen die beiden Isländer, Lucky und Rumpelstilzchen, dran, und schließlich die Gastpferde, die von Lehrern oder Schülern des Internats mitgebracht worden waren.
    Bille schwankte zwischen Ungeduld und Bewunderung, angesichts der minutenlangen Aussprachen, die Johnny der Indianer mit jedem der Pferde führte. Schließlich wandte er sich ihr zu und lächelte entschuldigend.
    „So, jetzt kennen wir uns ein bißchen... geht’s hier hin?“
    „Das ist der Raum für den theoretischen Unterricht, der von Herrn Albert und Herrn Toellmann , dem Reitlehrer, gehalten wird.“
    „Verstehe.“
    „Dies hier ist die Sattelkammer und dort der Geräteraum. Hier die Futterkammer. Gehn wir erst mal zur Reithalle hinüber?"
    „Die habe ich mir schon angeschaut. Vorhin, als ich jemanden suchte, dem ich meine Ankunft melden konnte.“
    „Ja, sonntags um die Mittagszeit herrscht hier tiefe Stille. Herr Toellmann und Achmed haben frei, und die Pferde werden von den Schülern versorgt, unter Aufsicht eines Lehrers.
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