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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)
Autoren: Eleanor Moran
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Steinsalz wert ist. Mum und Dad leihen mir etwas Startkapital, und wir haben auch noch etwas Geld übrig von den Oompa Loompa Towers. Wir werden uns was mieten, irgendwo einen Neuanfang machen. Wie man weiß, ist ein Bungeesprung nicht annähernd so beängstigend, wenn einem ein Mitspringer an den Bauch gebunden ist.
    Dom und der Taxifahrer diskutieren die Landkarte und arbeiten eine Route über die Landstraßen zu dem nichtssagenden Hotel aus, in dem Marsha sich auf den Gang zum Traualtar vorbereitet. Sobald ich sie sehe, breche ich in Tränen aus, ein hochriskantes Unterfangen, da ihr einschüchterndes Mannweib von einer Visagistin parat steht und den Pinsel wie ein Bajonett hält.
    »Dafür ist keine Zeit«, sagt Marsha schnell mit Blick auf die Uhr. »Ich freue mich ja, dass du wieder zu Hause bist, aber für Neuigkeiten ist noch genug Zeit, wenn wir die Ehegelübde erst mal hinter uns haben.« Sie hat tatsächlich ihre wahre Berufung, nämlich das Hallmark-Ressort für Valentinsartikel zu leiten, verfehlt.
    »Du siehst …« Zum Glück wird es mir erspart, den Satz zu beenden, weil Hannah mit meinem Kleid herbeigeeilt kommt. Welches ist schlimmer? Schwer zu sagen. Ich werde schwer bestraft dafür, das Land in einem derart entscheidenden Moment verlassen zu haben. Ich trage ein formloses bodenlanges Ungetüm in Blassrosa mit einem weißen Zickzackkragen, das mich an ein Snoopie-Nachthemd erinnert, das ich mit sechs Jahren für mein Leben gern in die Schule angezogen hätte. Wie gesagt, ich war sechs ! Es ist aus einem widerlichen Synthetikstoff, der mit Sicherheit jeden Rettungsring, den ich dem Daiquiri verdanke, betonen wird. Ich werfe einen heimlichen Blick auf das Etikett. Sollte er entflammbar sein, dann sollte ich der Sache ein Ende bereiten, indem ich mich auf dem Weg zur Kirche in eine lebende Fackel verwandle.
    »Wo ist Lisa?«, frage ich misstrauisch. Sollte sie sich aus dieser rituellen Demütigung herausgewunden haben, werde ich mordlustig.
    »Schon hier«, sagt Lisa, die mit einem winzigen Baby an ihrer Brust hereinkommt. Mehr Tränen, weiteres bedrohliches Pinselschwingen.
    »Er ist umwerfend!«, sage ich, als Marsha mir einen Nylonschleier zuwirft und dabei vorübergehend den merkwürdigen Kopfputz aus Stoff absetzt, den sie in ihr buschiges Haar gesteckt hat. Es könnte sich dabei sehr gut um das Abschlussprojekt ihres Strickkurses handeln. Und was ihr Kleid betrifft, was soll ich sagen – Lisa hätte darauf drängen sollen, dass sie ihre Suche fortsetzt. Sein gelbliches Weiß erinnert an die Farbe der Ford Fiestas vor zwanzig Jahren, der Rock an eine gewaltige auf den Kopf gestellte Glocke. Der weite Ausschnitt wird gesäumt von klobigen Perlen und Silber in solcher Menge, dass sie diese jemandem abgekauft haben könnte, der seine vom Krieg gebeutelte Heimat verlassen und Asyl suchen musste. Darunter trägt sie offenbar Schuhe mit Absätzen, denn sie ragt so drohend über uns auf wie ein gewaltiger Kran. Ich lasse das Duschen sein und begnüge mich damit, mit einem Waschlappen über meine feuchten Achselhöhlen zu wischen, und streife dann das Nylonungetüm über meinen Kopf.
    »Wunderbar!«, sagt Marsha und strahlt vor Freude, uns alle zu sehen. »Kommt, Ladys. Auf geht’s.«
    Als ich hinter Marsha zum Traualtar schreite, lasse ich meine Augen auf der Suche nach Milly wild durch die Kirche schweifen. Ich bin so neugierig, sie zu sehen, und möchte unbedingt wissen, wer der geheimnisvolle Neue an ihrer Seite ist. Ich hoffe, er ist es wert, und das meine ich ernst. Ich habe sie sehr vermisst und erst gemerkt, als wir getrennt waren, wie sehr ich mich in der Zeit während Doms unerlaubter Abwesenheit auf sie gestützt hatte. Ohne die Vertrautheit während meiner Zeit mit ihr hätte ich bestimmt viel eher gemerkt, was mir in meiner Beziehung zu Oscar fehlte. Und beschämt gestehe ich mir ein, wie sehr ich mich in meinem Kummer eingemummt hatte (und dann in der den Kummer ausrottenden Wendezeit). Ich kann nur hoffen, dass sie mehr von mir hatte als nur einen weinerlichen, weinschlürfenden Energievampir.
    Als wir vor dem Pfarrer zum Stehen kommen, werden alle meine Fragen beantwortet. Milly kommt durch die schweren Eichentüren gestürmt, und ihre High Heels klappern über den Mosaikboden. Ich sehe ihr an, wie nervös sie ist, und das hat nicht nur was mit ihrem Zuspätkommen zu tun. Jetzt weiß ich, warum sie ganz gegen ihre Art so diskret war: Denn kein anderer als Oscar stiehlt sich in aller
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