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Seitenwechsel

Seitenwechsel

Titel: Seitenwechsel
Autoren: Leipert Sabine
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sah ich zwei Gestalten über den Rathausplatz hetzen. Eine große und eine kleine. »Da sind sie … ähm, zumindest zum Teil.«
    Tina starrte mit mir Richtung Tim und Kai und murmelte: »Das ist nicht gut, das ist nicht gut. Das ist ganz bestimmt nicht gut.«
    Die beiden blieben außer Atem vor uns stehen, doch statt nach Sarah erkundigte Tina sich zuerst nach den Ringen. Tim klopfte nach Luft hechelnd auf seine Brusttasche.
    »Wo ist Sarah?«, fragte ich, aber Tim schüttelte nur den Kopf, während Kai in seiner kindlichen Ehrlichkeit antwortete: »Die wollte nicht.«
    »Sehr rücksichtsvoll von ihr. Dann können wir ja endlich reingehen«, drängte Tina uns Richtung Eingang, aber Tim griff plötzlich nach meiner Hand. »Warte, Karina. Kann ich dich kurz sprechen?«
    Ich drehte mich überrascht zu ihm um. Solche Zwischenfälle hatte Tina vermutlich befürchtet, als sie Tim vorsorglich wieder ausladen wollte. »Auf gar keinen Fall«, antwortete sie denn auch an meiner Stelle.
    »Hat das nicht bis nach der Hochzeit Zeit?«, unterstützte ich sie etwas weniger rabiat.
    »Nein, es dauert auch nicht lange«, versicherte Tim Tina, als wäre sie meine Mutter, die er um Erlaubnis bitten musste.
    Tina warf mir einen warnenden Blick zu, aber ich nickte ihr beruhigend zu. »Geh schon mal mit Kai vor.«
    Sie zögerte immer noch. »Wenn du Hilfe brauchst, rufst du mich, okay?!«
    Kai sah mich mit großen Augen an. »Aber Papa tut dir doch gar nichts, Mama.«
    »Nein, natürlich nicht, mein Schatz.« Ich drückte Kai kurz an mich und schickte ihn dann mit Tina ins Rathaus. Tim wartete, bis sie reingegangen waren. Ich sah ihn unsicher an, aber Tim fackelte nicht lange: »Willst du mich heiraten?«
    »???!!!«
    Mit weit aufgerissenen Augen und einem genauso weit offen stehenden Mund starrte ich Tim an. Endlich fand ich die Sprache wieder, brachte aber nicht mehr als ein viel zu hohes, piepsiges »Was?« hervor. Das hier war definitiv nicht die Sorte von Zwischenfällen, die Tina befürchtet hatte. Es war schlimmer. Viel schlimmer.
    »Willst du meine Frau werden?«, wiederholte Tim wie selbstverständlich.
    Das konnte er doch nicht ernst meinen! Ihm konnte unmöglich entgangen sein, zu welchem Anlass wir uns hier gerade alle versammelt hatten! Ich holte tief Luft: »Verstehe ich das jetzt richtig, Tim? Wir waren fast fünf Jahre zusammen. Du hattest tausend Gelegenheiten, mir einen Antrag zu machen. Aber du wartest bis zu meiner Hochzeit mit einem anderen Mann, um mich das zu fragen?«
    »Es ist noch nicht zu spät, oder?«
    »Was? Na…na…natürlich ist es das.« Es war unglaublich. Er verzog keine Miene. Dabei erwartete ich jeden Moment, dass die komplette Hochzeitsgesellschaft lachend aus dem Rathaus stürzte und mir zurief, April, April, reingelegt, einmal lächeln bitte für die versteckte Kamera. Wütend fuhr ich Tim an: »Wie … wie … kommst du überhaupt darauf? Und wieso jetzt, heute, zwei Minuten vor meiner Hochzeit? Wieso nicht damals, als du intelligenterweise zuerst Tina gefragt hast, ob du mich fragen sollst?«
    »Weil es nicht der richtige Zeitpunkt war«, antwortete Tim seelenruhig.
    »Ach, und jetzt ist es natürlich der richtige Zeitpunkt. Verdammt, Tim, da drinnen wartet jemand, der mich wirklich, wirklich liebt, auf mein Ja-Wort.«
    »Ich weiß. Es tut mir ja auch leid. Aber ich meine es ernst, Karina.«
    Ich fasste es nicht. Tim fand sein Verhalten offenbar noch nicht einmal fehl am Platz. Er erwartete jetzt allen Ernstes eine Antwort von mir. Dabei wäre ich ihm am liebsten an die Gurgel gegangen.
    »Was ist denn passiert, hat Sarah dich plötzlich sitzen lassen, oder ist sie einfach nur schlecht im Bett? Fehlt dir unser Sex? Unser toller, unkomplizierter Sex, ohne Verantwortung oder Verpflichtungen?«
    Tim sah betroffen auf den Boden und schüttelte den Kopf. »Das war es nicht, Karina. Wirklich nicht. Deswegen habe ich nicht diese Affäre mit dir angefangen. Ich dachte, es wäre vielleicht eine letzte Chance für uns.«
    Ich gab ein wütendes Schnauben von mir und wusste nicht, ob ich in hysterisches Lachen oder in Tränen ausbrechen sollte. »Das verstehe ich nicht. Wenn du uns doch noch eine Chance geben wolltest, warum haben wir es dann nicht einfach noch mal zusammen versucht? Und zwar als es noch ging? Als Hannes und Sarah noch nicht ihre Zukunft mit uns geplant hatten?«
    »Weil es ohne Hannes und Sarah nicht stattgefunden hätte, Karina.« Jetzt konnte ich ihm endgültig nicht mehr folgen. Dachte
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