Seine Toten kann man sich nicht aussuchen: Eine Polizistin erzählt (German Edition)
Wochenende wirklich was los in unserem Bereich. Erst danach gelingt es uns, die Wache anzufahren.
Nach knapp sechseinhalb Stunden Dienst sitze ich kauend am PC und tippe gerade unsere Anzeigen in den Rechner, als der Funker den Kopf durch die Türöffnung streckt. »Ihr müsstet da noch mal schnell …«
»Mal schnell ist gut, in zwanzig Minuten ist Feierabend!«, gebe ich ein wenig missmutig zurück, stehe aber auf, sammle meinen Kram zusammen und nehme auch mein Brötchen mit. Der Kollege weiß bereits mehr als ich und klärt mich auf dem Weg zum Streifenwagen schnell auf. »Einbruch in eine der Villen, die Dame ist wohl etwas durch den Wind. Darum kann das nicht auf den Spätdienst warten.«
Da mein Mund voller Brötchenkrümel ist, nicke ich nur wortlos und werde kauend zum Einsatzort kutschiert. Der Streifenwagen rollt die weiß gekieste Auffahrt eines noblen weißen Bungalows hoch, und eine nur mit Bademantel bekleidete Dame lehnt in der Öffnung der Haustüre.
Missbilligend mustert sie erst mich und dann meinen Kollegen, der durch seinen etwas weiblichen Gang und seine tatsächlich ein wenig tuckige Sprache trotz der Uniform sofort als schwul zu erkennen ist.
»Ich hatte um Ihre besten Leute gebeten!«, begrüßt sie uns eisig und wickelt den Morgenmantel enger um sich.
»Tja, und da sind wir!«, lächle ich sie freundlich an. »Was ist denn passiert?«
»Also, ich fände das wirklich besser, wenn Sie mir die Kripo schicken könnten!«
Mein Kollege rollt die Augen, während ich erkläre, dass auch die Kripo erst mal wissen muss, was denn genau passiert ist, bevor sie kommt.
Die Dame lässt ihren Morgenmantel los, und wir erhaschen einen ungehinderten Blick auf zwei auffällig ebenmäßige Brüste, bevor sie die Arme verschränkt und einen Schmollmund macht. »Also so was! Mein Mann dürfte Ihnen ja sicher bekannt sein, und der Polizeipräsident ist ein guter Freund von ihm!«
Ich unterbreche sie: »Nein, Ihr Mann ist uns nicht bekannt, und der Polizeipräsident wird bestimmt nicht hier erscheinen und den Sachverhalt aufnehmen. Also wollen Sie das Ganze nicht abkürzen und uns einfach sagen, was passiert ist?«
»Kommen Sie mit!« Abrupt dreht sie sich um und läuft barfuß vor uns her durch die marmorne Eingangshalle. Sie führt uns durch das ganze Haus, die große Küche, die drei Schlafzimmer, in denen überall wie beiläufig ihre Unterwäsche herumliegt, das Badezimmer, in dem man locker auch Fußball spielen könnte, und das Wohnzimmer mit großem offenen Kamin und einer Sofalandschaft, auf der ich am liebsten sofort ein kleines Mittagsschläfchen halten würde.
Ich spähe in alle Ecken und kann mir immer noch keinen Reim auf all das machen, genieße aber durchaus die Hausführung. Im Wohnzimmer stemmt die Hausherrin schließlich die Hände in die Hüften, sodass der Morgenmantel wieder ein Stück weit auseinanderklafft und ich sehr eindeutig sehen kann, dass sie nicht nur keinen BH , sondern auch keinen Slip trägt.
»Sehen Sie, da hat man so ein großes, schönes Haus, und niemand bricht ein!«
Mein Kollege und ich blicken uns ratlos an. »Ähm … Aber das ist doch toll!«
»Nein, das ist gar nicht toll!« Jetzt verzieht sie ihr Gesicht zu einer Fratze, die vermutlich traurig aussehen soll, und über ihr perfekt geschminktes Gesicht kullern große Krokodilstränen. Theatralisch wirft sie sich auf das Sofa, und mein Kollege wendet sich taktvoll ab, als der Morgenmantel über ihre Hüfte rutscht und den Blick auf ihr Gesäß freigibt. »Da wird man jede Woche vom Mann allein gelassen, ängstigt sich zu Tode wegen der vielen Wertsachen, und dann passiert rein gar nichts! Und wenn ich trotzdem die Polizei rufe, schickt man mir ’ne Schwuchtel und ein Kleinkind. Armes Deutschland!«
Verblüfft schaue ich meinen Kollegen an, der grinst wenig getroffen zurück. »Das Kleinkind bist dann wohl ganz offensichtlich du!«, raunt er mir zu, bevor er laut sagt: »Ich stelle also fest, hier ist nichts passiert?«
» NEIN , natürlich ist hier nichts passiert, wie hier nie was passiert! Ach, ich will zurück nach New York!« Als würde sie sich erst jetzt an ihre Herkunft erinnern, spricht sie den letzten Satz mit starkem amerikanischen Akzent.
Ich werfe noch einen Blick auf die Terrassentür, ob nicht doch irgendwo Aufbruchspuren sind, schnuppere nach dem verräterischen Geruch von Drogen, finde aber nur eine leichte Spur Alkohol und schaue mich nach einer versteckten Kamera um. Mein kurzer Check
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