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Seine junge Geliebte

Titel: Seine junge Geliebte
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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nachher!«
    Sie ging zum Dienstzimmer und fragte Dr. Heidmann: »Wollen Sie schon Visite machen?«
    »Ja, Dr. Bruckner hat mich beauftragt. Er kommt heute nicht mehr.«
    »Gut, dann knöpfen Sie sich mal den Verrückten da vor, dem Dr. Bruckner das hier machen will!« Sie faßte mit beiden Händen an ihre Wangen und zog sie nach oben. »Ich habe noch nie jemand gesehen, der so spinnt! Da erwartet er irgendeine Freundin, die darf von nichts wissen, dann hat er einen Sohn, der soll auch nichts davon erfahren, daß er im Krankenhaus liegt. Es gibt schon verrückte Menschen auf der Welt!« Sie schaute auf ihre Uhr. »Ist es nicht ein bißchen früh für die Visite?«
    Dr. Heidmann schmunzelte. »Es ist zwar ein wenig früher als sonst, aber ich habe heute Abend frei. Da möchte ich meine Pflicht so bald wie möglich hinter mich bringen.«
    »Und dann wollen Sie sicherlich mit Dr. Bruckner aus gehen?«
    »Heute nicht. Dr. Bruckner ist beschäftigt. Wahrscheinlich werde ich zu Hause bleiben und ein bißchen fernsehen. Es gibt zwar nichts Gescheites in der Kiste …«
    »Wann gibt es das schon mal!« unterbrach ihn Schwester Angelika.
    »Vielleicht gehe ich auch ein bißchen aus. Da hat sich eine neue Kneipe in Köln aufgetan. Ich kenne den Inhaber. Ein junger Maler. Man muß ja schließlich die Jugend unterstützen …«
    »Das müssen ausgerechnet Sie sagen«, unterbrach ihn Schwester Angelika lächelnd.
    »Was ist denn so komisch daran?«
    »Sie tun, als ob Sie schon ein uralter Mäzen seien. Dabei ist doch wahrscheinlich dieser junge Maler, von dem Sie sprachen, nicht viel jünger als Sie -?«
    Dr. Heidmann überlegte einen Augenblick. Dann mußte er auch lachen. »Sie haben recht, er ist in meinem Alter. Aber man selber merkt ja nie, wie alt man eigentlich ist. Ich habe tatsäch lich ihm gegenüber väterliche Gefühle entwickelt. Wollen Sie nicht mitkommen?« Dr. Heidmann legte der alten Schwester den Arm um die Schultern. »Sie könnten wirklich seine Mutter sein!«
    Die alte Stationsschwester schaute Dr. Heidmann so entsetzt an, daß dieser laut lachen mußte. »Einmal gehe ich nicht abends in Kneipen – zum anderen verstehe ich von Malerei nichts. Ich wüßte nicht, was ich da soll. Wahrscheinlich malt der junge Mann auch noch so, daß man überhaupt nicht weiß, was es bedeuten soll. Dann soll ich am Ende vor den Bildern stehen und sie bewundern? Nein!« Sie schüttelte energisch den Kopf. »So etwas mache ich nicht. Das können Sie von mir nicht verlangen.«
    »Aber liebe Schwester Angelika, es verlangt ja niemand etwas von Ihnen. Ich hatte mir nur gedacht, daß es vielleicht ganz nett wäre, wenn Sie mitkämen. Nun ja – dann gehe ich entweder allein – oder gar nicht.«
     

3
    Bärbel Linke schaute auf die Uhr. Es war Zeit, daß sie zum Krankenhaus fuhr, wollte sie dort nicht zu spät ankommen. Sie wußte aus Erfahrung, daß man es in einer Klinik nur ungern sah, wenn die Patienten noch am Abend Besuch bekamen. Außerdem mußte sie sich beeilen, wenn sie noch ein paar Blumen besorgen wollte.
    Sie legte den Deckel auf die Schreibmaschine, stand auf und zog sich den Mantel über. An der Ecke war ein Blumengeschäft. Sie betrat es und schaute sich suchend um. Die Verkäuferin kannte sie. »Was soll es heute sein?« Sie deutete auf eine Vase mit roten Rosen. »Die habe ich gerade hereinbekommen. Sie sind ganz frisch!«
    Bärbel strich wie liebkosend über die dunkelroten Köpfe. Sie nahm einen Stengel heraus, betrachtete ihn, schüttelte aber dann den Kopf. »Nein, keine dunkelroten Rosen.« Als die Verkäuferin sie erstaunt anschaute, ließ sie lächelnd den Stengel in die Vase zurückgleiten. »Ich möchte die Blumen für einen –«, sie zögerte und überlegte, »väterlichen Freund.«
    »Dem können Sie aber auch rote Rosen schenken. Alte Herren haben das gern«, meinte die Floristin.
    »Lieber nicht. Da –«, sie ging auf eine andere Vase zu, »diese Amaryllis sind wunderschön.«
    Die Verkäuferin trat zu ihr und nickte. »Da haben Sie recht. Außerdem halten sie sehr lange. Es dauert eine ganze Zeit, bis sie vollkommen aufgeblüht sind. Wenn Sie geschlossene Blüten nehmen, hat der Beschenkte noch wochenlang Freude an dem Strauß. Wie viele sollen es sein?« Die Verkäuferin nahm einen Stiel nach dem anderen aus der Vase. »Sie sind nicht billig«, meinte sie.
    »Geben Sie mir drei Stiele.«
    »Das hätte ich Ihnen auch vorgeschlagen. Gefallen Sie Ihnen so?« Sie griff nach etwas Grünem, legte
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