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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G
Autoren: Håkan Nesser
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fragte sie plötzlich.
    »Liston?«
    »Ja. Verlangen faselte von einem Typen, der Liston hieß. Er soll Geld von meinem Mann genommen haben.«
    Van Veeteren streckte den Rücken und stützte sich mit den Ellbogen auf den Spatengriff.
    »Keine Ahnung.«
    »Wirklich nicht?«
    »Ehrenwort. Wo habt ihr euch eigentlich kennen gelernt?«
    »Wer?«
    »Na, du und Hennan.«
    Sie zögerte kurz. Beschloss dann aber, ihm auch das mitzuteilen.
    »Das war 1980. Ein paar Jahre, bevor er Philomena heiratete.«
    »Ich verstehe. Dann war das also von Anfang an eine Scheinehe?«
    »Scheinehe?« Sie lachte auf. »Ja, so kann man es wohl nennen. Sie war eine schreckliche Gans, dass sie überhaupt einmal Braut sein durfte, dafür hätte sie schon dankbar sein müssen.«
    »Ihr hattet keine moralischen Bedenken?«
    Jetzt kam ihr Lächeln sogar aus ihrem tiefsten Innern heraus.
    »Moral, Herr Kommissar! Sie nehmen aber große Worte in den Mund. Glauben Sie mir, es gab niemanden, der um Philomena NcNaught getrauert hat. Wir haben ihr Leiden auf dieser Welt um vierzig, fünfzig Jahre verkürzt… und was schätzen Sie, wie viele zu Verlangens Beerdigung kommen werden?«
    Er registrierte, dass sie die Anredeform geändert hatte. Begann wieder zu graben, da fiel ihm etwas ein.
    »Das Kind«, sagte er. »Sie hatte mindestens ein Kind, diese Frau, die du ermordet hast, wusstest du das?«
    Ihr Lächeln verzerrte sich zu einer Fratze.
    »Unvorsichtigen Huren passiert so etwas.«
    Plötzlich stellte er fest, dass er keine Worte mehr hatte. Sie ist es gar nicht wert, dachte er. Nicht wert, dieses makabre Gespräch am Laufen zu halten. Sie soll bloß nicht glauben, dass ich sie mit irgendeiner Form von Respekt betrachte – als einen Gegner, dem gegenüber ich den Nacken beuge.
    Und wenn sie davonkommt?, kam ihm in den Sinn. Mit fünf Menschenleben auf dem Gewissen. Meins eingeschlossen.
    Vielleicht gab es ja noch weitere – beispielsweise in England, sie hatten wohl trotz allem einige Zeit dort zugebracht –, aber er wollte sie nicht danach fragen. Wollte überhaupt nichts mehr sagen. Nichts mehr wissen.
    Während er weitergrub, versuchte er dennoch einzuschätzen, wie wahrscheinlich es wohl war. Dass sie davonkommen könnte. Er musste sich eingestehen, dass seine analytischen Fähigkeiten im Hinblick auf die Umstände nicht die besten waren, aber auf jeden Fall schien sie ziemlich gute Chancen zu haben. Oder etwa nicht?
    Verdammte Scheiße, dachte er. Wenn das meine Memoiren wären – welch enttäuschendes Ende. Der große Hauptkommissar setzt einen Punkt hinter seinen einzigen nicht aufgeklärten Fall, indem er sich von Lady Macbeth töten lässt. Nur ein Glück, dass ich das Schreiben aufgegeben habe. Ein Glück, dass ich bei der Polizei aufgehört habe.
    Aber hier ging es nicht um die Memoiren oder den Beruf, hier ging es um das Leben selbst. Einzig und allein darum.
    Erich?, murmelte eine Stimme in ihm. Siehst du mich immer noch, mein Sohn?
    Er konnte keine Antwort hören, entschied aber, wie die Endszene auszusehen hätte. Es gab keinen Grund, länger zu zögern. Die Zeit war abgelaufen. Er fühlte den Schweiß am Rücken kleben.
    Eins zu hundert, wie gesagt.
    Höchstens.
    »Was zu tun ist?«, fragte Bausen. »Das kann ich dir sagen. Du sollst Van Veeteren und seinen Wagen in jedem verdammten Rundfunk- und Fernsehsender, den du nur finden kannst, suchen lassen. Und zwar sofort! Das hier hat nichts mit Zufall zu tun, und wenn etwas an dem, was Rooth behauptet, dran ist, dann ist es brandeilig… verdammt brandeilig!«
    Es kann auch schon zu spät sein, dachte er, sagte es aber nicht.
    »In Ordnung«, sagte deKlerk. »Ja, das wollte ich natürlich selbst schon tun. Aber sonst, meine ich?«
    »Sonst«, brummte Bausen, »sonst müssen wir zusehen, wie wir Rooth und Münster helfen können. Bei den Nachbarn fragen, ob jemand gestern in der Wackerstraat einen blauen Opel gesehen hat… und dann müssen wir wohl die Daumen drücken. Willst du, dass ich in die Zentrale komme?«
    DeKlerk zögerte eine halbe Sekunde lang.
    »Ja, mach das«, sagte er dann. »Das wäre wohl nicht schlecht.«
    Münster und Rooth drangen durch ein offenes Lüftungsfenster auf der Rückseite in die Nolansche Villa ein.
    Verbrachten fünf, sechs Minuten damit, ziellos in den einzelnen Räumen herumzuirren in der vergeblichen Hoffnung, auf etwas zu stoßen, was ihnen eine Art Wink geben könnte, was eigentlich passiert war.
    Wenn denn überhaupt etwas passiert war.
    »Wonach
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