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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G
Autoren: Håkan Nesser
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seine Zigarre in den Aschenbecher gelegt und stützte sich jetzt mit beiden Ellbogen auf dem Tisch ab.
    »Tu doch nicht so, Maarten Verlangen. Ich weiß verdammt gut, wer du bist, und du weißt ebenso gut, wer ich bin. Warum sitzt du denn hier?«
    Verlangen trank einen Schluck Cognac und dachte schnell nach.
    »Das ist eine ziemlich merkwürdige Frage.«
    »Findest du? Ja, jedenfalls wäre es nett, wenn du drauf antworten würdest.«
    »Warum ich hier sitze?«
    »Ja.«
    »Weil ich gegessen habe natürlich.«
    »Ach, tatsächlich. Und das soll der einzige Grund sein?«
    Verlangen spürte plötzlich Wut in sich hochsteigen.
    »Und wie wäre es, wenn du mir erklärst, worauf du zum Teufel noch mal hinaus willst? Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wer du bist oder was du im Schilde führst. Wenn du keinen guten Grund nennen kannst, dann möchte ich dich bitten, von hier zu verschwinden, bevor ich jemanden vom Personal hole, um dich rauszuschmeißen!«
    Hennan saß schweigend da und betrachtete ihn leicht blinzelnd. Nicht die Andeutung eines Lächelns. Etwas sagte Verlangen, dass es hätte vorhanden sein müssen. Er spürte, dass er ganz instinktiv die Hände zu Fäusten ballte, und schob den Stuhl ein paar Zentimeter nach hinten.
    Um schnell auf die Füße zu kommen und sich verteidigen zu können. Blödsinn, dachte er, meine Fantasie geht mit mir durch. Er kann ja wohl verdammt noch mal nicht hier drinnen anfangen, sich zu prügeln. Das wäre ja der reine…
    »Bulle. Du bist doch immer noch Bulle, oder?«
    Verlangen zögerte den Bruchteil einer Sekunde. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Und du?«
    »Was?«
    »Du selbst. Was machst du so? Wie war noch dein Name, was hast du gesagt?«
    Hennan gab keine Antwort. Schürzte die Lippen nur zu einer verächtlichen Grimasse. Verlangen brach den Blickkontakt zu ihm ab. Lehnte sich zurück und schaute stattdessen an die Decke. Ein paar Sekunden lang herrschte Schweigen.
    »Und warum bist du kein Bulle mehr? Haben sie dich gefeuert?«
    Verlangen zuckte mit den Schultern.
    »Ich habe aufgehört.«
    »Freiwillig?«
    »Sozusagen. Und jetzt erklär mir endlich, was du eigentlich willst, oder geh zurück an deinen Tisch. Ich habe keine Lust, hier länger rumzusitzen und…«
    Er brach ab und suchte nach den richtigen Worten.
    »Und was?«
    »Belästigt zu werden.«
    Wieder ballte er die Fäuste und machte sich bereit, sich zu verteidigen.
    »Mein Gott, was bist du empfindlich«, sagte Hennan, und plötzlich grinste er über das ganze Gesicht. »Und dabei bin ich doch derjenige, der eine Scheißwut auf dich haben sollte. Und nicht umgekehrt.«
    Verlangen zündete sich eine Zigarette an.
    »Wütend? Warum?«
    »Jaan G. Hennan. Behauptest du immer noch, dass du dich nicht erinnerst?«
    Verlangen schüttelte den Kopf. Etwas zu heftig, er merkte, wie der Raum um ihn schwankte. Verdammte Scheiße, dachte er. Ich bin viel zu besoffen.
    »Nicht die geringste Ahnung.«
    Hennan stützte sein Kinn auf die Hand und schien nachzudenken.
    »Wollen wir uns nicht lieber an die Bar setzen? Dann können wir das klären. Ich gebe einen aus.«
    Einen kurzen Moment lang zögerte Verlangen. Dann nickte er vorsichtig und stand auf.
    »Du hast zehn Minuten«, sagte er. »Und keine Sekunde mehr.«
    Beim ersten Whisky erklärte Hennan, wieso er Verlangen wiedererkannt und sich an seinen Namen erinnert hatte.
    Beim zweiten erinnerte Verlangen sich an die zwölf Jahre zurück liegenden Ermittlungen und sagte, dass ihm das einfach entfallen war. Aber jetzt, wo Hennan alles wieder hochholte, ja, da…
    Beim dritten ergriff Hennan erneut die Initiative und berichtete, wie es war, zwei und ein halbes Jahr im Gefängnis zu sitzen, obwohl man unschuldig war.
    Unschuldig?, dachte Verlangen und spürte von Neuem eine gewisse Wut. Du bist schuldiger als Crippen, du Arschloch!
    Aber er ließ es nicht darauf ankommen. Stellte nur fest, dass er sich nicht mehr an die Einzelheiten des Falles erinnern konnte, im Laufe der Zeit waren da so einige zusammengekommen. Außerdem merkte er, dass er Probleme mit der Artikulation bekam, und stellte eilig eine Regel auf, an die er sich – komme da, was da wolle – für den Rest des Barhockens und Abends halten wollte:
    Lass Hennan nicht erahnen, warum du hier bist! Unter gar keinen Umständen. Halte deiner Auftraggeberin die Treue!
    Hennan laberte über das eine und andere, aber der vierte Whisky schlug ganz offensichtlich auf Verlangens Gehörzentrum. Er war ganz einfach nicht
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