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Sein letzter Fall - Fallet G

Sein letzter Fall - Fallet G

Titel: Sein letzter Fall - Fallet G
Autoren: Håkan Nesser
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Geburtstage und Jubiläen zusammen feiern würden. Nicht einmal, wenn sie fünfhundert Jahre alt werden sollten.
    Er erinnerte sich an Hennans eiskalte, fast persönliche Verachtung beim Verhör. Seine unerschütterliche Weigerung, irgendeine Art von moralischem Aspekt in Bezug auf sein schmutziges Handwerk anzuerkennen. Es gab keinen moralischen Bereich bei G., wie Müller einmal angemerkt hatte, und da war etwas dran. Seine Selbstsicherheit – und die Rachlust, die ab und zu tief in seinem schwarzen, leicht schielenden Blick aufblitzte – war von einer Art, die man nicht einfach beiseite schob.
    Und seine Kommentare. Wie aus einem vergessenen B-Movie aus den Vierzigern:
    »Eines Tages komme ich zurück. Und dann nehmt euch in Acht, ihr Würmer!«
    Oder: »Glaubt ja nicht, dass ich euch vergessen werde. Ihr denkt, ihr hättet gewonnen, aber das ist nur der Anfang eurer Niederlage. Glaubt mir, ihr Wichser, haut lieber ab und lasst mich in Ruhe!«
    Selbstsicher? Ja, das konnte man wohl sagen. Wenn Verlangen zurückdachte, konnte er sich nicht daran erinnern – zumindest nicht so auf die Schnelle –, jemals einem stureren und egozentrischeren Menschen begegnet zu sein, solange er im Polizeidienst tätig war. In all den vierzehn Jahren. Denn dieser Jaan G. Hennan, der hatte etwas Bedrohliches an sich, nicht wahr? Eine Art langsam aufkochender Hass, den man nicht so ohne weiteres abschüttelte. Die unterschwellige Ankündigung von Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen – natürlich waren Drohungen der einen oder anderen Art Alltag in dieser Branche, aber in Hennans Fall hatten sie sich ungewöhnlich selbstbewusst und entschlossen angehört. Geradezu eine Form des Bösen. Wenn Hennan eine Krankheit und kein Mensch gewesen wäre, dachte Verlangen, dann würde er ein Krebsgeschwür sein. Da gab es gar keinen Zweifel.
    Ein bösartiges, verdammtes Geschwür mitten im Stirnlappen.
    Er schüttelte den Kopf und setzte sich auf. Spürte, dass ihm langsam das Kreuz wehtat, und entschied sich für einen kurzen Spaziergang. Nur eine kleine Runde hinunter zum Markt und zurück, das waren nicht mehr als fünfzig Meter, die konnte er zurücklegen, ohne sein Objekt direkt aus den Augen zu verlieren.
    Und wenn Hennan wirklich daran interessiert sein sollte, ihn abzuschütteln, dann wäre das natürlich die einfachste Sache der Welt. Er brauchte sich nur auf die Rückseite des Gebäudes zu begeben und zu verschwinden. Kein Problem.
    Aber warum sollte er das tun? Er wusste ja nicht, dass er beschattet wurde.
    Und sein Schatten hatte keine Ahnung, warum er ihn beobachtete.
    Mein Gott, dachte Maarten Verlangen und schlug die Autotür zu. Gib mir zwei Gründe, warum ich auf dieser Welt nüchtern bleiben soll.
    Um halb eins trat Jaan G. Hennan ins Freie und ging zum Mittagessen. Verlangen verließ erneut sein Auto und folgte ihm über den Markt bis zu einer Gaststätte namens Cava del Popolo. Hennan setzte sich an einen Tisch am Fenster, Verlangen in eine Nische weiter hinten im Lokal. Es waren nicht viele Leute dort, obwohl es die Zeit der Mittagspause war; der Schatten hatte freien Blick auf sein Objekt und bestellte optimistisch zwei Bier sowie das Pastagericht des Tages.
    Hennan saß vierzig Minuten dort, und es geschah nichts, außer dass er Zeitung las, eine Art Fischsuppe aß und eine kleine Flasche Weißwein trank. Verlangen seinerseits schaffte es ebenfalls bis zu Kaffee und Cognac, und mit der frommen Hoffnung, eine oder eineinhalb Stunden Mittagsschlaf zu bekommen, kehrte er zum Auto zurück.
    Und das klappte auch. Er erwachte gegen halb drei davon, dass die Sonne durch die Wolkendecke gebrochen und durch seine schmutzige Windschutzscheibe gedrungen war. Es war heiß wie in einem Backofen, und er registrierte, dass der Alkoholkonsum langsam Nägel in seinen Kopf schlug. Er überprüfte, ob Hennans dunkelblauer Saab noch da stand, stieg aus und kaufte sich ein Bier und eine Selters unten am Kiosk vor dem Rathaus.
    Nachdem er beides ausgetrunken hatte, zeigte die Uhr zehn Minuten nach drei. Die Sonne hatte den Nachmittag erobert, und die Kleidung klebte ihm am Leib. Hennan hatte sich erneut in seinem Fensterviereck gezeigt, mit einem Telefonhörer am Ohr, und eine Parkwächterin war gekommen und hatte sich unverrichteter Dinge wieder davongemacht. Das war alles.
    Verlangen zog die Socken aus und stopfte sie ins Handschuhfach. Das Leben fühlte sich ein wenig leichter an, aber nicht sehr viel. Er zündete die fünfundzwanzigste
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