Seifenblasen kuesst man nicht

näherte sich von den Fahrstühlen. Und dann zerschnitt eine hohe Stimme die monotone Geräuschkulisse der Intensivstation.
    Â»Er heißt Jasper. Jasper! Und ich muss zu ihm!«
    Â»Einen Moment, bitte«, erwiderte eine Schwester. »Sie können hier nicht einfach auftauchen und alles durcheinanderbringen!«
    Â»Jasmin?« Coralie blieb der Mund offen stehen.
    Jasmin hatte sich die Haare zu einem Beehive zusammengesteckt, einen bleischweren Lidstrich aufgelegt und trug Absätze, mit denen man trockenen Fußes Gebirgsbäche überqueren konnte.
    Â»Hi! Coralie! Wo liegt er?«
    Sie schob die Schwester zur Seite, die sich das aber nicht gefallen ließ und ihr folgte.
    Â»Moment. Erst einmal muss ich die Angehörigen fragen, ob Sie zu ihm dürfen. Und außerdem müssen Sie einen Kittel anziehen und eine Haube.«
    Â»Jaja, schon gut.« Jasmin hatte Coralie erreicht und verzichtete auf falsche Begrüßungsküsse. »Ist er da drin?«
    Die Schwester stellte sich vor die Tür. »Ich werde mit der Mutter reden. Sie ziehen das bitte an und warten.« Sie reichte Jasmin ihr neues Outfit.
    Â»Ich soll dieses Haardings tragen? Du siehst absolut gruftig aus damit.«
    Â»Geht nicht anders«, antwortete Coralie. »Wie kommt’s? Ich dachte, du wärst in Paris.«
    Â»Hab ich doch geschrieben.«
    Â»Hast du nicht.«
    Â»Ich werde wahnsinnig, hab ich geschrieben. Hab ich das geschrieben? Ja oder nein?«
    Â»Ã„h, ja, aber …«
    Â»Ich soll das Angebot von Khaled ausschlagen, nur um einem wildfremden Typen, der mich mal in zugedröhntem Zustand angesungen hat wie der Hund den Mond, die Hand am Krankenbett zu halten? Ich? Ja? Tja. Und hier bin ich.« Sie setzte den Haarschutz auf. »Wie sehe ich aus?«
    Â»Scheiße.«
    Â»Danke, beste Feindin. Wie geht es ihm?«
    Â»Nicht gut. Gar nicht gut.« Coralie half ihr in den Kittel.
    Zuletzt streifte Jasmin die blauen Überzieher über ihre High Heels. »Im Ernst.« Jasmin spähte durch das Fenster. »Wird er wieder aufwachen?«
    Â»Wir wissen es nicht. Die Mutter ist fix und fertig. Und wir, ehrlich gesagt, auch.«
    Ein Hauch von Mitleid senkte sich auf Jasmins Gesicht. »Kann ich verstehen. Das ist aber auch ein blöder Moment. Du weißt noch gar nicht, was passiert ist. Ich war ja die Letzte. Und in dem Moment kam kein Geringerer als Mousse X zu den Auditions. Er schreibt die Tracks zu Khaleds neuer Show und hat Jaspers Song mitgekriegt. Natürlich hat er den Text nicht verstanden. Aber ich hab die Geschichte erzählt. Ein bisschen ausgeschmückt. Alle hatten Tränen in den Augen.« Sie spähte wieder durch das Fenster. » Credibility . Das ist die Währung heutzutage.«
    Â»Hast du mich nicht vor Kurzem noch zusammengefaltet, ich würde einen auf Mitgefühl machen und mir dadurch Punkte sichern?«
    Â»Ja, hab ich. Ist ja auch eine todsichere Sache.«
    Coralie schüttelte den Kopf. »Du bist unglaublich.«
    Â»Von mir lernen heißt siegen lernen.«
    Coralie verkniff sich den Hinweis, dass mit diesem Spruch schon ganze Weltreiche baden gegangen waren.
    Â»Jedenfalls, er will den Song produzieren.«
    Â»Bist du deshalb hier?«
    Jasmin trat weg von der Tür, weil sie sich öffnete und Frau König, Laura und die Schwester herauskamen. Jaspers Mutter war sichtlich verwirrt. Da hatte ihr Sohn also keine Freunde und dann drängten sich gleich drei Mädchen um sein Bett.
    Â»Sie sind …?«
    Jasmin zauberte ihr zuckersüßestes Lächeln auf die Lippen. »Ich bin Jasmin. Ihr Sohn hat ein Lied für mich geschrieben.«
    Â»Sie sind das?« Frau König schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte.
    Ratlos drehte Jasmin sich zu Coralie um. »Was hat sie?«, flüsterte sie.
    Â»Ich … Ich bin so verwirrt.« Frau König fasste sich wieder. »Er hat von Ihnen gesprochen. Und das hat er vorher noch nie getan. Sie müssen etwas ganz Besonderes sein. Sie bedeuten meinem Sohn viel.«
    Â»Darf ich ihn sehen?«
    Â»Natürlich. Natürlich! Jederzeit!«
    Mit hoch erhobenem Kopf stolzierte Jasmin an der Schwester vorbei. Kaum war die Tür hinter ihr zugefallen, klebten Coralie und Laura an der Fensterscheibe.
    Sie sahen, wie Jasmin stehen blieb. Wahrscheinlich wusste sie nicht, dass sie beobachtet wurde.
    Â»Warum geht sie denn nicht zu ihm?«, flüsterte