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Sei mein Stern

Sei mein Stern

Titel: Sei mein Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Frost
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grässlichen Träumen zu sammeln. Würden Sie mir so lange Gesellschaft leisten?“, flüsterte sie mit kaum vernehmbarer, heiserer Stimme. „Bitte!“
    Simon fixierte sie einen Moment nachdenklich, dann rutschte er auf einen der beiden Sessel. „Sie haben häufiger solche Träume?“
    Sie nickte und war im Nu fasziniert von dem Einfühlungsvermögen, das sie aus den leuchtend blauen Augen ihres nächtlichen Besuchers ansprang. Augen, die einen mit ihrer Tiefe kurzfristig alles Elend dieser Welt vergessen ließen. Überhaupt war der Mann ein Hochgenuss. Er war von stattlicher Statur, mit schmalen Hüften, breiten Schultern und niedlichen dunklen Locken, die seinem kantigen Gesicht etwas Weiches gaben. Welche Frau wünschte sich nicht im Geheimen, mitten in der Nacht so einen Traummann in ihrem Hotelzimmer vorzufinden? Dumm nur, dass er in ihren Ermittlungen als Verdächtiger galt und somit eine Persona non grata darstellte. „Ja, seit das World Trade Center eingestürzt ist.“
    Er starrte sie für kurze Zeit verständnislos an, dann schien ihm der tiefere Sinn ihrer Aussage zu dämmern. „Sie waren dabei?“
    Sie nickte leicht. „Irgendwie schon. Mein kleiner Bruder steckte mit seiner Abiklasse im Südturm, als die Flugzeuge hineinrasten. Als erstklassiger Sportler hätte er es eigentlich spielend herausgeschafft, doch anstatt sich in Sicherheit zu bringen, half er Gebrechlichen und Verletzten.“ Ihre Finger krallten sich in die Decke. „Unterdessen hat er mich angerufen und mir seine Impressionen geschildert. Da ich zu dieser Zeit Journalismus studierte, war diese Live-Berichterstattung das Nonplusultra für mich.
    Tja, und während ich noch an der Strippe hing, stürzte der Turm mit barbarischem Getöse ein, und Tim war gezwungen, um sein Leben zu rennen. Doch es war zu spät. Er wurde unter herabfallenden Trümmerteilen begraben, und …“ Ihre Stimme brach kurzzeitig, als die Erinnerungen in Wellen über sie hereinbrachen. Sie räusperte sich mehrmals. „Tims letzte Minuten waren geprägt von Schmerzens-und Angstschreien, die ich wohl nie aus meinem Gedächtnis bekommen werde. Und seitdem quälen mich diese Visionen. Vor allem, wenn ich unter Stress stehe.“ Sie setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Kennen Sie dieses Gefühl?“
    Simon schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte in meinem ganzen Leben noch keinen Albtraum. Aber mein Bruder Rafael, der kann ein Lied davon singen. Nach dem Tod seiner ersten Frau war er nur noch ein Wrack. Ich glaube, irgendwann traf er die Entscheidung, kein Auge mehr zuzutun.“
    Auf einen Schlag hatte er ihre volle Aufmerksamkeit. Das waren ja mal interessante Neuigkeiten. Warum zum Geier war diese Information in keiner der Akten vermerkt, die Carsten ihr zur Verfügung gestellt hatte? So ein einschneidendes Erlebnis konnte wahrlich jeden Menschen zum irren Freak mutieren lassen. „Was ist denn mit seiner Frau passiert?“
    „Oh, es war ein Virus. Irgendein tödliches Virus.“
    Jana erhoffte sich tiefer gehende Informationen. Doch kein weiteres Wort kam über Simons Lippen. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien er sich gerade in unschönen Erinnerungen zu verlieren.
    In diesem Moment kullerte eine einsame Träne über ihre Wange. Simon folgte mit den Augen dem glitzernden Wassertropfen, der ihr Kinn hinabwanderte, bevor er sich letztendlich auf der Bettdecke zu Tode stürzte. Als er wieder aufblickte, versank er in den traurigen Augen der jungen Frau. Und schlagartig überkam ihn das Gefühl, Hilfe leisten zu müssen. Er erhob sich und steuerte sie mit langsamen Schritten an. Sachte sank er neben sie auf die Bettkante und griff nach ihren klammen Fingern.
    Erstaunlicherweise wich sie keinen Millimeter zurück. Im Gegenteil: Sie überließ ihm ihre Hände bereitwillig, während sich unverhohlene Neugier auf ihrem Gesicht breitmachte.
    Simon focht einen inneren Kampf mit sich aus. Denn seit Rafael ihm eröffnet hatte, dass sie Gedanken beeinflussen konnten, war er der Faszination dieser Veranlagung voll und ganz erlegen – und brachte sie ins Spiel, wann immer es die Umstände zuließen.
    Jedem Sirianer wurde nach der Geburt ein Mikrochip implantiert, der ihn unempfänglich für Geistesmanipulation machte, da im letzten Jahrhundert zu viel Schindluder mit dieser Gabe getrieben worden war. So kam es, dass die jungen Leute auf Siria nicht die geringste Ahnung hatten, welch unglaubliche Fähigkeit sie besaßen. Doch bei den Menschen auf der Erde blockierte

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