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Sehnsucht FC Bayern

Sehnsucht FC Bayern

Titel: Sehnsucht FC Bayern
Autoren: Armin Radtke
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alt. Auch aus dieser Erfahrung heraus ist das jährliche Erscheinen des neuen Bayern-Kataloges für mich immer noch blöderweise mit Freude verbunden. Ja, ich bekenne mich an dieser Stelle zu Fanartikeln. Und gerne bewahre ich mir bei aller kritischen, auch altersbedingten Distanz dieses Maß kindlicher Freude an FCB-Kaffeetassen, -Krawatten oder -Pullovern. Und wenn wir ehrlich sind, dann wollen wir doch alle nicht zurück zu jenen Zeiten, als die erzwungene Teilnahme am schulischen Textilkunde-Unterricht primär zum unbeholfenen Stricken eines Fan-Schals genutzt wurde, um überhaupt etwas Rot-Weißes zu besitzen. Die Tatsache, dass man heute in Fanshops aus mindestens 30 Bayern-Schals wählen kann, wenn man denn will, ist doch nun wirklich ganz in Ordnung.
    Im Sommer 1981 war von alledem in der rheinischen Provinz jedenfalls nichts zu haben. Ich beschränkte meine emotionale Hingabe auf das Auswendiglernen des gesamten Bayern-Kaders anhand des kicker -Sonderheftes und hatte recht bald alle Köpfe und Namen mitsamt wichtigster Daten parat. Insofern wundert es mich nicht, dass mir heute selbst Spieler wie Norbert Janzon, Hans Weiner oder gar der Norweger Jan-Einar Aas noch sehr präsent sind.
    Die Mannschaft wurde 1981 erneut Meister. Zu den Spielern dieser, meiner ersten bewusst miterlebten Saison habe ich immer noch ein anderes Verhältnis als zu den meisten anderen, sportlich wesentlich erfolgreicheren Bayern-Profis späterer Jahre. Das hier, das waren meine ersten rot-weißen Stars! Als ich bei meiner späteren Tätigkeit für den FC Bayern Interviews mit genau diesen Spielern führte, waren die Gespräche für mich persönlich stets das größte Vergnügen. Kaum verwunderlich, dass ich aus Eigeninteresse den damaligen Kader mittlerweile fast komplett abgearbeitet habe.
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2012

1981/82
    G ROSSE G EFÜHLE EINES KLEINEN K NIRPSES
    Meine Entwicklung als Bayern-Fan stagnierte etwas – zumindest, was die Spielbesuche anbelangte. Auswärtsspiele in Leverkusen und Köln: schön und gut. Zu weiter entfernten Stadien konnte sich mein Vater nicht durchringen. So weit ging seine Begeisterung dann doch nicht. Diese Fahrten aber bildeten verständlicherweise den saisonalen Höhepunkt und gingen beileibe nicht immer positiv aus, wie ich anhand einer 4:0-Klatsche im Müngersdorfer Stadion erleben musste. 4:0! In mir machte sich eine nicht näher zu definierende und fast minütlich wechselnde Mischung aus Wut, Enttäuschung, Traurigkeit, Ohnmacht und Depression breit. Solch einer Situation war ich noch nie ausgesetzt gewesen. Wie ein Häuflein Elend stand ich an der Seite meines kopfschüttelnden Vaters inmitten von gefühlten zwei Millionen Kölner Fans. Alles, was meinen Idolen von kölscher Seite entgegenschlug, waren Häme und Hass. Nun sah ich sie ohnehin nur zweimal im Jahr – und dann das!
    Nach dem 3:0 in der 83. Minute bot mir mein Vater eine vorzeitige Heimreise an. Ein fürsorgliches Angebot, das ich aber auch nach dem 4:0 in der 86. Minute ausschlug. Ich fand mich tapfer, zumal die ausgelassene Stimmung um mich herum dem Siedepunkt entgegenschwappte. Ich blieb bis zum Schlusspfiff und fühlte mich als standhafter Held. Andere mögen es masochistisch finden, für mich war und ist die Entscheidung von grundsätzlicher Art. Zum einen war die Karte teuer bezahlt. Oder anders gesagt: Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Also bleibe ich, egal was passiert. Zum anderen könnte es ja sein, dass doch noch für uns ein Tor fällt. Nicht dass ein Anschlusstreffer zum 1:4 den Gesamteindruck noch wesentlich verbessern würde, aber es könnte ja sein, dass am Saisonende plötzlich noch die Tordifferenz ausschlaggebend wird. Bei entscheidenden Niederlagen der Bayern habe ich mich schon immer ins Große, Ganze geflüchtet. Ein Rezept, das bis zum Moment der Endspielniederlage 1999 in Barelona eigentlich auch immer ganz gut geklappt hat.
    Was ein vorzeitiges Verlassen des Spiels anbelangt, so habe ich mir bis heute meine dogmatische Haltung bewahrt. Zumindest dann, wenn ich die Entscheidung selbst in der Hand habe. Das war leider nicht immer der Fall. Zweimal, im UEFA-Cup im holländischen Enschede sowie in der Bundesliga beim Karlsruher SC, entschlossen sich sämtliche Mitfahrer zu einer vorzeitigen Heimreise. Wir verpassten in beiden Fällen ein Bayern-Tor. Beide waren nicht spielentscheidend. Aber sie fielen. Ich fahre doch nicht Hunderte von Kilometern,
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