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Seherin von Kell

Seherin von Kell

Titel: Seherin von Kell
Autoren: David Eddings
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hatte.
    Als sie um eine weite Biegung des Pfades kamen, sah Garion die Wölfin, die sie in dem toten Wald in Darshiva gefunden und mitgenommen hatten. Ihr Benehmen erschien ihm zusehends rätselhafter.
    Seit ihre verwundete Pfote geheilt war, unternahm sie gelegentliche Streifzüge durch die Wälder ringsum auf Suche nach ihrem Rudel, doch immer kehrte sie zurück, und es schien ihr offenbar nichts aus-zumachen, daß sie es nicht fand. Es hatte jedenfalls den Anschein, als wäre sie durchaus zufrieden, als Angehörige ihres außergewöhnlichen Rudels bei ihnen zu bleiben. Solange sie sich in Wäldern und unbewohnten Berggegenden aufhielten, verursachte das keine Probleme, aber sie würden nicht immer in der Wildnis bleiben, und eine ungezähmte und wahrscheinlich rastlose Wölfin auf den beleb-ten Straßen einer größeren Stadt würde im besten Fall Aufmerksamkeit erregen.
    »Wie geht es dir, kleine Schwester?« fragte er sie höflich in der Sprache der Wölfe.
    »Gut«, antwortete sie.
    »Hast du irgendwelche Spuren deines Rudels gefunden?«
    »Es gibt viele andere Wölfe in der Gegend, doch sie sind nicht von meiner Sippe. Ich werde noch eine Weile länger bei euch bleiben.
    Wo ist der Kleine?«
    Garion blickte über die Schulter auf den zweirädrigen Einspänner, der hinter ihnen herholperte. »Er sitzt neben meiner Gefährtin in dem Ding mit den runden Füßen.«
    Die Wölfin seufzte. »Wenn er noch viel länger nur herumsitzt, wird er nicht mehr imstande sein, zu laufen und zu jagen«, sagte sie mißbilligend. »Und wenn deine Gefährtin ihn weiterhin so voll-stopft, wird sich sein Magen dehnen, und er wird eine magere Zeit nicht überleben, wenn es wenig Beute gibt.«
    »Ich werde mit ihr sprechen.«
    »Wird sie darauf hören?«
    »Wahrscheinlich nicht, aber ich werde es trotzdem tun. Sie mag den Kleinen sehr und hat ihn gern in ihrer Nähe.«
    »Ich werde ihm bald das Jagen beibringen müssen.«
    »Ja, ich weiß. Ich werde es meiner Gefährtin erklären.«
    »Ich danke dir.« Die Wölfin hielt inne und sah sich argwöhnisch um. »Seid vorsichtig«, warnte sie. »Etwas treibt sich in der Nähe herum. Ich habe es zwar nicht gesehen, aber mehrmals gewittert. Es ist sehr groß.«
    »Wie groß?«
    »Größer als das Tier, auf dem du sitzt.« Sie deutete mit dem Kopf auf Chretienne. Der graue Hengst hatte sich einigermaßen an sie gewöhnt, und ihre Anwesenheit machte ihn nicht mehr ganz so nervös, aber Garion vermutete, daß ihm viel wohler wäre, wenn die Wölfin nicht ganz so nahe herankommen würde.
    »Ich werde dem Rudelführer Bescheid geben«, versprach Garion.
    Aus irgendeinem Grund ging die Wölfin Belgarath aus dem Weg.
    Garion nahm an, daß ihr Benehmen etwas mit wölfischer Etikette zu tun hatte, mit der er nicht vertraut war.
    »Dann werde ich meine Suche fortsetzen.« Sie stand auf. »Vielleicht stoße ich auf dieses große Tier, dann kann ich dir mehr sagen.« Sie hielt inne. »Seine Witterung verrät mir jedenfalls, daß er gefährlich ist. Es frißt alles – selbst Dinge, denen wir aus dem Weg gehen.« Sie drehte sich um und verschwand rasch und fast lautlos im Wald.
    »Das ist wirklich unheimlich«, sagte Zakath. »Ich habe zwar schon öfter Menschen mit Tieren reden gehört, doch nie in deren Sprache.«
    »Das ist wohl eine Erbanlage«, antwortete Garion lächelnd. »Frü-
    her habe ich es selbst nicht für möglich gehalten. Immer sind Vögel zu Tante Pol gekommen und haben sich mit ihr unterhalten – meistens über ihre Eier. Vögel reden schrecklich gern über ihre Eier, weißt du. Sie können wirklich ziemlich albern sein. Wölfe sind viel würdevoller.« Er machte eine Pause. »Aber es ist besser, wenn du das vor Tante Pol nicht erwähnst.«
    »Warum, Garion?« Zakath lachte.
    »Reine Vorsicht«, antwortete Garion. »Ich muß mit Belgarath sprechen. Halt die Augen offen. Die Wölfin sagt, daß sich ein Tier in der Gegend herumtreibt, das größer ist als ein Pferd und sehr gefährlich.
    Sie ließ durchblicken, daß es ein Menschenfresser sein könnte.«
    »Wie sieht es aus?«
    »Sie hat nur seine Fährte gesehen und es gewittert.«
    »Ich werde aufpassen.«
    »Gut.« Garion drehte um und ritt nach hinten, wo Belgarath und Tante Pol in ein Gespräch vertieft waren.
    »Durnik braucht einen Turm irgendwo im Aldurtal«, sagte Belgarath soeben.
    »Ich wüßte nicht warum, Vater«, entgegnete Polgara.
    »Alle Jünger Aldurs haben einen Turm, Pol. Das ist so Sitte.«
    »Alte Sitten leben fort
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