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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit
Autoren: Karl Schroeder
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das nun wirklich eine kluge …«
    Â»Mund halten!«, fauchte Darius. »Einen Versuch war es wert.«
    Chaison tastete mit den Händen über die Rückwand der Kammer und suchte nach morschen Brettern. »Wir müssen weiter überlegen«, mahnte er. Die Arbeiter hatten ihm und Darius die Schwerter und Richard den Schlagstock abgenommen. Selbst wenn sie sich die Waffen zurückholten – ohne ein Fortbewegungsmittel säßen sie hier fest. »Habt ihr auf dem Weg in diese Kammer ein Boot gesehen?«
    Â»Sogar zwei«, antwortete Darius und legte den Kopf schief. »Ich glaube, eins davon legt gerade ab.«
    Â»Um unsere Wärter zu holen«, folgerte Richard. »Großartig! Der Urlaub ging schneller zu Ende als gedacht. «
    Chaison musste lachen. »Hätten Sie den Tag lieber in Ihrer Zelle verbracht? Verzeihen Sie mir, dass ich es gewagt habe, Ihr kostbares Programm zu stören.«

    Â»Darum geht es nicht«, murmelte der ehemalige Botschafter verstockt. »Es ist vielmehr …«
    Â»Was?«
    Richard wurde verlegen. »Sie werden uns für den Fluchtversuch sicher bestrafen«, flüsterte er.
    Â»Sie führen sich auf wie ein Schulmädchen«, höhnte Darius.
    Â»Ich habe noch nicht erlebt, dass Richard feige gewesen wäre«, schaltete sich Chaison ein. »Ich finde, er hat eine ganz gesunde Einstellung zu Gefahren, und vor Prügeln Angst zu haben, ist keine Schande. Die Frage ist nur, ob einen die Angst handlungsunfähig macht.«
    Â»Er wollte nicht mit hierherkommen«, betonte Darius.
    Â»Und er hat Recht behalten, nicht war? Es war meine Entscheidung, Darius.«
    Darauf wusste der Junge nichts mehr zu erwidern.
    Die nächste Stunde verbrachten sie schweigend. Die Kammer war klein und unbequem; nur durch die Ritzen zwischen den dicken Brettern drang ein wenig Licht. Gelegentlich wurde auch diese schwache Beleuchtung unterbrochen, wenn nämlich dicht vor dem Kasten jemand vorbeiging.
    Viel hatten sich die drei Flüchtlinge nicht zu erzählen. Sie hatten bereits vor ihrer ersten Gefangennahme allerhand miteinander erlebt. Alle drei waren auf Chaisons Kreuzer gewesen, als der das neue Schlachtschiff der Falkenformation angegriffen hatte. Danach hatte man sie getrennt voneinander aus den Trümmern gefischt, und Chaison hatte erst vor kurzem erfahren, dass Darius Martor überlebt hatte und nur ein paar
Türen weiter in einer Zelle saß. Das Wiedersehen mit Richard Reiss war eine Überraschung gewesen, und der Admiral fragte sich, ob in diesem Gefängnis wohl noch andere Überlebende von der Krähe untergebracht gewesen waren. Wahrscheinlich würde er es nie erfahren.
    Und wie sollte es jetzt weitergehen? Man würde sie sicherlich wieder voneinander trennen. Vielleicht würden sie sogar zum Tode verurteilt, aber die Rechtsprechung in der komplizierten Bürokratie der Falkenformation war unberechenbar. Wahrscheinlich waren dies die letzten Minuten, die sie in diesem Leben miteinander verbringen würden.
    Die Stille dehnte sich.
    Mit lautem Krach wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Der beinlose Steuermann grinste sie an. »Das Polizeischiff ist unterwegs«, meldete er. »Ich dachte, das könnte euch interessieren.«
    Â»Nicht unbedingt, trotzdem vielen Dank«, erwiderte Darius.
    Â»He … eigentlich tut es mir leid«, sagte der Steuermann. »Aber Krieg ist Krieg – man hat eine Belohnung auf euch ausgesetzt, und die kriege jetzt ich. Glück muss der Mensch haben!«
    Er sah sich um und beugte sich etwas weiter vor. »Eines wollte ich doch noch gerne wissen. Ist es wahr? Hat Slipstream tatsächlich die Hälfte unserer Flotte hochgejagt ? Weil wir euer Land überfallen wollten?«
    Chaison reckte das Kinn vor. »Die Antwort lautet zweimal ja.«
    Â»Hm …« Der Steuermann rieb sich das Kinn. »Nicht schlecht! Geschieht uns recht, sage ich. Was fällt unserer
Regierung ein, einfach eine andere Sonne zu stehlen ? So etwas gehört sich nicht.«
    Richard Reiss räusperte sich. »Das hört sich ja beinahe wie das Gerechtigkeitsempfinden eines zivilisierten Menschen an. Wieso liefern Sie uns dann aus?«
    Chaison konnte nur erahnen, wie der andere hinter dem Türspalt die Achseln zuckte. »Wie gesagt, ich brauche das Geld. Außerdem, woher sollte ich wissen, mit wem ich’s zu tun habe? – Drei halb verhungerte Gefangene mit
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