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Segel aus Stein

Segel aus Stein

Titel: Segel aus Stein
Autoren: Ake Edwardson
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Scheiße, hatte Halders die gewaltsamen Ereignisse jener Woche zusammengefasst, und dann waren fast alle hinausgestürmt in den Urlaub, zum Meer, dem Himmel.
    Winter strampelte über Heden. Er dachte ans Meer und den Himmel, wie ein Segel gespannt über die Bucht, wo er vielleicht sein Leben verbringen würde. Ein neues Leben, ein anderes. Ja. Vielleicht war es Zeit. Ein neuer Zeitabschnitt im Leben.
    Sie hatten im Auto darüber gesprochen, während Elsa auf dem Rücksitz schlief. Die Sonne war auf dem Weg woandershin gewesen. Angela war gefahren, für einen kurzen Moment hatte sie die Hand in seinen Nacken gelegt.
    »Ist das nicht gefährlich, so zu fahren?«, hatte er gefragt.
    »Frag mich nicht. Du bist doch der Polizist.«
    »Machen wir das Richtige?«, hatte er gefragt.
    Sie verstand nicht, was er meinte.
    »Noch haben wir nichts getan«, hatte sie geantwortet.
    »Es ist ja wirklich ein schönes Grundstück«, hatte er gesagt.
    »Ja, Erik, du brauchst dir deswegen keine Sorgen zu machen.«
    »Wir haben aber auch eine sehr schöne Wohnung«, hatte er hinzugefügt.
    »Es ist eine hübsche Bucht«, hatte sie gesagt.
    »Ja«, hatte er geantwortet, »die ist auch schön.«
    »Sie ist wunderbar«, hatte sie gesagt.
    Das Polizeipräsidium nahm sie mit offenen Armen auf. Die Fassade wirkte genauso einladend wie immer. Im Eingang roch es wie immer. Es hilft nichts, wie oft sie auch umbauen, dachte er und nickte der Frau im Empfang zu, die ihm auch zunickte, allerdings an ihm vorbei. Sie öffnete das Sicherheitsfenster.
    »Da wartet jemand auf dich.« Sie machte eine Handbewegung.
    Er drehte sich um und sah die Frau, die auf einem der Kunststoffsofas saß. Sie erhob sich. Er sah ihr Profil, das sich in dem Glasschrank spiegelte, in dem die Polizeileitung Schirmmützen und Helme von Polizeikorps der ganzen Welt ausstellte. Wie ein Beweis für die gute globale Freundschaft. Unter Polizisten. Es gab auch einige Schlagstöcke, wie um die Freundschaft gleichsam zu besiegeln. Genau die Worte hatte er einmal benutzt, als der Schrank noch neu war und er mit Ringmar daran vorbeiging. Ringmar hatte gesagt, er fände den italienischen Tropenhelm am hübschesten. Der ist aus Abessinien, hatte Winter gesagt, darauf gehe ich jede Wette ein. Perfekter Sonnenschutz, während sie die Schwarzen erschlagen haben.
    Die Frau war in seinem Alter. Sie hatte dunkle Haare mit einem leichten hellen Glanz, der von der Sommersonne rühren mochte. Ihr Gesicht war breit, ihr Blick offen, und er bekam das unbestimmte Gefühl, sie schon einmal gesehen zu haben, aber in einer anderen Zeit. Sie trug Jeans und eine Art Fischerhemd, das teuer aussah, und eine kurze Jacke. Jetzt erkannte er sie und reichte ihr die Hand.
    »Wir haben uns doch schon mal gesehen?«
    Ihre Hand war trocken und warm. Sie sah ihm gerade in die Augen, und jetzt erinnerte er sich auch an ihren Blick.
    »Johanna Osvald. Von Donsö.«
    »Natürlich«, sagte er.
    Sie saßen in seinem Zimmer. Dort drinnen roch es immer noch nach Sommer, eingesperrtem Sommer, trocken. Auf dem Schreibtisch lagen immer noch die Unterlagen von einem früheren Fall. Auch diese Dokumente umgab ein Geruch, und das war der Geruch nach Tod.
    Er hatte diese verdammten Papiere nicht anfassen wollen, seit ... seit es passiert war.
    Er wollte es vergessen, aber das war unmöglich. Er musste aus Fehlern lernen, den eigenen Fehlern, aber das war schmerzhaft, schmerzhafter als alles andere.
    Er würde Möllerström bitten, die Unterlagen in den Keller bringen zu lassen.
    Er sah die Frau an. Sie hatte auf dem Weg hierher nichts gesagt, als ob sie damit warten wolle, bis sie allein waren.
    Es musste zwanzig Jahre her sein.
    Er wusste, dass er nichts von ihr wusste. Nicht mehr als dass sie ein Muttermal in der linken Leiste hatte. Oder in der rechten. Dass sie ihn einmal in die Lippe gebissen hatte. Dass er die Steine gespürt hatte, die sich in seinen Rücken bohrten, als sie auf ihm gesessen und sich immer schneller bewegt hatte und schließlich explodiert war, als er explodierte, als er sie in diesem glühenden Moment abgeworfen hatte.
    Die Steine waren in seinem Rücken geblieben. Sie hatte gelacht. Sie waren ins Meer getaucht, immer das Meer. Er hatte sie nach Hause zu ihrer Schäre gerudert. Es war nur ein Sommer gewesen, nicht einmal. Ein Monat. Er hatte nicht viel über sie erfahren, kaum etwas. Alles war wie ein Mysterium, manchmal glaubte er, er habe es nur geträumt.
    Auf gewisse Weise ist es wie die
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