Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seepest

Seepest

Titel: Seepest
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
arbeitete, wegen Drogenhandels festgenommen und der Laden dichtgemacht.
Als mir Veronika schließlich gestand, seit Monaten mit diesem Dealer eine
Beziehung zu unterhalten, war das Maß endgültig voll. Ich habe mir die Kinder
geschnappt und bin ausgezogen, nachdem sie eine Therapie strikt abgelehnt
hatte. Noch am selben Tag hat sie sich den goldenen Schuss gesetzt. Das war’s
dann …«
    Wolf lauschte, sichtlich aufgewühlt, den letzten
Worten nach. »Auch du, mein Sohn Brutus«, murmelte er schließlich.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Dass du nicht der einzige Polizeibeamte bist, dessen
Familie zerbricht. Kein Wunder bei unseren Dienstzeiten und dem Dreck, in dem
wir permanent wühlen. Warum hast du nie eine Andeutung mir gegenüber gemacht?«
    »Ja, wie denn? Was hätte ich denn andeuten sollen?
Dass ich als Polizist mit einer Drogensüchtigen verheiratet bin?«
    Beruhigend drückte Wolf den Arm seines Sohnes. »Ist ja
gut, Henning, ich verstehe dich, glaub mir. Du hast richtig gehandelt, davon
bin ich jetzt zutiefst überzeugt. Nein, nein, wenn sich jemand schämen muss,
dann bin ich das. Nicht nur, dass ich von alldem nichts bemerkt habe … ich habe
dich in meiner verdammten Selbstgerechtigkeit jahrelang geschnitten, alle
Brücken zu dir und meinen Enkeln abgebrochen. Ein Glück, dass Arne die
Initiative ergriffen hat, sonst wäre ich womöglich noch dumm gestorben. Nicht
auszudenken …«
    »Ah, da kommt er ja … kein Wort mehr zu dieser
Geschichte, hörst du?«
    Noch einmal drückte Wolf Hennings Hand, ehe er
aufstand und Terry begrüßte. »Da bist du ja endlich. Wir kommen schier um vor
Hunger.«
    Falls er ein freudiges Hallo seines Enkels erwartet
hatte, wurde er allerdings bitter enttäuscht. Mit offenem Mund starrte Terry
auf den Mann neben Wolf. »Du hier? Ich fass es nicht!« war alles, was er
herausbrachte. Entnervt ließ er sich auf einen der Stühle sinken.
    »Ja, wie du siehst, geschehen noch Zeichen und
Wunder«, erwiderte Wolf lachend. »Aber du wirst dich doch deshalb nicht grämen?
Schließlich hast du die Familienzusammenführung eingefädelt, oder etwa nicht?
Ein starkes Stück, das muss man dir lassen – sich bei mir als Praktikant
einzuschleichen, nur um mich alten Esel wieder in die Spur zu bringen. Respekt,
Terry – ich kann dich doch weiterhin so nennen? Ich muss mein Bild über die
heutige Jugend wohl revidieren.«
    Terry schien sich während Wolfs Rede einigermaßen
gefasst zu haben. »Ach wissen Sie, Chef …«
    »Aber nicht doch, mein Junge – das ›Sie‹ hat
ausgedient. Ab sofort will ich versuchen, ein vollwertiger Großvater für dich
zu sein. Das mit dem ›Chef‹ allerdings muss ich mir noch überlegen. Wenn du so
weitermachst, wie du die erste Woche begonnen hast … mein lieber Scholli, dann
kann es leicht sein, dass du bald der Chef hier bist.
Na ja, kein Wunder, bei solchen Lehrmeistern, nicht wahr, Henning?« Wolf
grinste seinen Sohn an, glücklich darüber, dass sie sich nunmehr wieder auf
ihre Gemeinsamkeiten berufen konnten, statt alte Konflikte auszutragen.
Unvermittelt nahm er Terry scharf ins Visier. »Sag mal, was ist eigentlich los
mit dir – es kommt ja gar kein englisches Wort mehr über deine Lippen. Könnte
es sein, dass wir dich bekehrt haben?« Er lachte dröhnend.
    Die Bedienung unterbrach ihre Flachserei. Terry zeigte
sich von den ihm unbekannten Dinnele anfangs wenig begeistert, doch sein Vater
und Großvater konnten ihn schließlich dazu überreden.
    Eine Viertelstunde später kamen die ersten Fladen,
danach ging es Schlag auf Schlag, und bereits nach der vierten Variante mussten
Wolf und Henning eine Pause einlegen, während der Letzterer den Grund seines
späten Eintreffens auf der Pressekonferenz erklärte.
    »Seliger sprach mich an, ihm fehlten noch ein paar
Angaben zu meinem Bericht über Alex Rottmanns Überführung. Dabei hat er etwas
fallen lassen, was dich brennend interessieren wird. Nach eingehender
Überprüfung der Biotecc-Konten steht fest, dass noch weitere Gelder in dunkle
Kanäle geflossen sind. Dreimal darfst du raten, an wen.«
    »Kann’s mir schon denken«, knurrte Wolf. »Fängt mit
›Sch‹ an … ›Sch‹ wie Scheißkerl.«
    Henning klatschte sich auf den Schenkel. »Hatte
Seliger also recht«, rief er belustigt. »Er meinte, ich müsste keinen Namen
nennen, du wüsstest auch so, wer gemeint ist. Na gut, wenn du’s also eh schon
weißt … Aber jetzt kommt’s: Schneidewind ist nicht der Einzige, den sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher