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Seepest

Seepest

Titel: Seepest
Autoren: Manfred Megerle
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du nicht
eigentlich im Comturey-Keller sitzen … bei diesen Leichenfledderern?« Matuschek
stand auf und entfernte sich ein paar Schritte, die vorwurfsvollen Mienen
seiner Mitspieler ignorierend.
    »War ich. Bis eben. Dann wurde Wolf –«
    »Welcher Wolf? Doch nicht dein Hauptkommissar? Was
macht der denn da?«
    »Verdammt noch mal, er ist nicht mein Hauptkommissar …«
    »Jetzt krieg dich wieder ein. Red weiter.«
    Karin Winter holte tief Luft, ehe sie fortfuhr: »Also:
Wolf hat auf dieser Tagung eine Gastrede gehalten, da wurde er plötzlich zu
einem Einsatz gerufen. Er ist jetzt auf dem See, auf einem Boot der
Wasserschutzpolizei.«
    Matuschek musste grinsen. »Er hat abgelehnt, dich
mitzunehmen, richtig? Und jetzt versuchst du, doch noch einen Logenplatz zu
bekommen.« Er wurde wieder ernst. »Tut mir leid, Karin, aber das mit meinem
Boot kannst du dir abschminken, das liegt bereits auf dem Trockenen.«
    »Verdammte Scheiße, was soll ich denn jetzt tun? Es
muss doch eine Möglichkeit geben, auf den See hinauszukommen!«
    Matuschek ließ sie einige Sekunden zappeln.
    »Vielleicht gibt es tatsächlich eine Möglichkeit«,
sagte er dann. »Wo bist du gerade … ich meine, wo genau?«
    »An einem der Bootsstege auf der Mainau.«
    »Hmm … Pass auf, ich versuch’s bei einem Freund in
Konstanz, möglicherweise kann der dich dort abholen. Kann allerdings etwas
dauern. Lass auf alle Fälle dein Handy an, ich melde mich, so rasch es geht.«
    ***
    Langsam,
aber sicher wurde das ganze Ausmaß der Katastrophe offenbar. Die Kollegen von
der Wasserschutzpolizei schätzten die betroffene Fläche auf gut einen
Quadratkilometer. Zum Glück war der Wind etwas abgeflaut. Noch immer aber trieb
die in allen Regenbogenfarben schillernde Treibstoffdecke auf die Mainau zu,
wenn auch inzwischen mit verminderter Geschwindigkeit. Nicht auszudenken, was
für Folgen es hätte, würde das übel riechende Zeug tatsächlich das Inselufer
erreichen.
    Doch die drohende Umweltkatastrophe war nur ein Aspekt des mysteriösen Vorfalls. Kaum minder brisant
war die Tatsache, dass da unten auf dem Seegrund ein Boot lag, das die ganze
Malaise überhaupt erst ausgelöst hatte. Was mochte sich an Bord dieses Schiffes
ereignet haben? Was hatte zu der verheerenden Explosion geführt? Und vor allem:
Wie viele Opfer hatte es gegeben? Wolf zwang sich dennoch, sein Augenmerk auf
das Nächstliegende zu richten.
    »Wann könnt ihr endlich gegen den ausgelaufenen
Treibstoff vorgehen?«, fragte er den neben ihm stehenden Geza Horvath. Sie
hatten inzwischen die Brücke verlassen und starrten dem Suchscheinwerfer
hinterher, stets in der Erwartung, einen leblos auf dem Wasser treibenden
menschlichen Körper zu entdecken. Doch das Licht erfasste nur auf und ab tanzende
Trümmerteile.
    »Frag mich was Leichteres, Leo. Wir müssen auf die
Feuerwehren warten, die haben Spezialisten und die erforderliche Ausrüstung an
Bord. Drei Boote sind bereits unterwegs, sie werden in wenigen Minuten zu uns
stoßen. Allerdings …«
    »Allerdings?«
    »Nun, nach meiner Erfahrung lässt sich mit drei Booten
wenig ausrichten, dafür ist die betroffene Fläche einfach zu groß. Für
Ölsperren sowieso, aber auch für Ölbinder. Bis der ausgebracht ist, hat das
Zeug längst die Insel erreicht.«
    »Sollen wir einen Heli anfordern?«
    »Daran führt wohl kein Weg vorbei. Schadflächen dieses
Ausmaßes lassen sich nur aus der Luft schnell und wirkungsvoll bekämpfen. Das
Dumme ist: Uns läuft die Zeit davon. Vor sieben Uhr in der Früh ist wegen der
schlechten Lichtverhältnisse an einen Heli-Einsatz nicht zu denken. Jetzt haben
wir ein Uhr dreißig. Das sind noch fünfeinhalb Stunden. Zu lange, wenn du mich
fragst.«
    Wolf, inzwischen zum Umfallen müde, ergänzte mit
nachdenklicher Miene: »Die Explosion des Bootes muss den Tank aufgerissen
haben, wo sonst sollte der ganze Treibstoff herkommen? Ich würde gar zu gerne
wissen, was den Knall ausgelöst hat. Wie hat es wohl zu dem Unfall kommen
können?«
    In diesem Augenblick fegte eine Bö über das Boot
hinweg; Wolf musste mit beiden Händen sein Barett festhalten.
    »Falls es überhaupt ein Unfall war«, gab Horvath zu
bedenken. »Wenigstens können wir davon ausgehen, dass der zerstörte Bootstank
inzwischen leer ist. Schließlich ist Diesel leichter als Wasser, treibt also
nach oben. Dafür übersteigt die Ausdehnung von Diesel die von Schweröl um ein
Mehrfaches. Da vorne kommen übrigens die Feuerwehrboote.«
    Wolf nickte.
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