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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)
Autoren: Nancy Krahlisch
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kann. Vielleicht sollte ich dich bei meiner nächsten Reise einfach in den Seesack packen und mitnehmen. Dann hätte ich beides, was mir so viel bedeutet, bei mir.
    Morgen kommen wir in Limassol an, und der alte Kapitän geht von Bord. Er hat mir versprochen, diesen Brief mitzunehmen. In Limassol kommt dann auch ein Inspektor der Reederei an Bord, um sich das Schiff noch einmal genau anzusehen. Vielleicht kann er dann auch endlich sagen, was mit mir geschehen soll. Ob ich hier bleibe oder auf ein anderes Schiff komme.
    Ich liebe dich unendlich doll! Und vermisse dich so wahnsinnig!
    Bitte vergiss mich nicht!
    Dein Heribert
    »Mir gefällt es nicht, dass du immer so alleine bist.« Mein Opa sitzt auf der Hollywoodschaukel und gießt sich vorsichtig etwas von seinem Diät-Bier ins Glas. Er trägt seinen Strohhut, den er auch als Schutz vor der Sonne während der Gartenarbeit aufsetzt. Heute hat er Kartoffeln geerntet. Den ganzen Tag lang, wie er behauptet. Drei große, bis zum Rand gefüllte Weidenkörbe stehen gut sichtbar neben der Schaukel. Am Zaun lehnt die bereits gesäuberte Kartoffelhacke. Meine Mutter und ich haben uns die Kartoffeln gleich nach unserer Ankunft aufmerksam und bewundernd angesehen. Wenn Opa hart arbeitet, erwartet er Lob. Das wissen wir.
    Wir sind vom Bahnhof direkt zu ihm gefahren. Mein Opa wohnt in einem großen Haus mit einem riesigen, wunderschönen Garten in einem Dorf, nur etwa zehn Autominuten von meinen Eltern entfernt. Seit meine Oma gestorben ist, helfen ihm meine Mutter und meine Tante im Haushalt. Sie putzen, kochen und kaufen für ihn ein. Natürlich könnte mein Opa das auch alles selbst, aber darauf hat er keine Lust. Er kümmert sich schließlich um den Garten. Heute hat meine Mutter ihm Brot, Käse und Schinken mitgebracht, außerdem ein paar Töpfe mit vorgekochtem Essen. Mein Opa ist sehr kompliziert, was sein Essen angeht. Alles muss immer genau so schmecken wie damals bei Oma. Er möchte auch nichts Neues ausprobieren. Ich glaube, mein Opa hat noch nie ein Stück Pizza gegessen.
    Meine Mutter versucht ihm zu erklären, was sich in welchem der mitgebrachten Töpfe befindet, doch er hört gar nicht richtig zu.
    »Wie lange will er das noch machen? Wann hört Bertl endlich mit der Seefahrt auf?« Mein Opa sieht mich an und schüttelt den Kopf.
    »Opa, nicht schon wieder«, sage ich schroff. Ich erschrecke selbst über meinen unfreundlichen Tonfall. Mein Opa sorgt sich, aber ich habe keine Lust, mit ihm über dieses Thema zu sprechen. Was soll ich ihm auch sagen? Ich weiß doch selbst nicht, wann Heribert mit der Seefahrt aufhören wird. Ich weiß nicht einmal, ob er das je tun wird. Wie gern würde ich in eine Kristallkugel sehen, um zu wissen, wie es weitergeht. Mit der Seefahrt und mit uns.
    Natürlich reden wir oft darüber, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen. Heribert sagt dann, dass er nicht sein ganzes Leben zur See fahren möchte. Dass es zwar sein Ziel sei, Kapitän zu werden, er aber schon in ein paar Jahren an Land arbeiten möchte. Theoretisch ist das auch möglich. Wir könnten nach Hamburg ziehen, er könnte im Büro seiner Reederei arbeiten oder als Lotse auf der Elbe fahren. Dann könnten wir heiraten und eine Familie gründen. Wenn Heribert von diesen Plänen spricht, freue ich mich. Gleichzeitig frage ich mich aber, ob es nicht naiv von mir ist, tatsächlich daran zu glauben. Ich weiß, wie sehr Heribert seinen Beruf liebt. Was ist, wenn er an Land unglücklich wird? Wenn ihn das Fernweh so sehr quält, dass er wieder weg möchte? Was ist, wenn unsere Beziehung einem normalen Alltag gar nicht standhält?
    Ich habe ihm das nie gesagt, aber ich glaube nicht daran, dass Heribert dauerhaft mit der Seefahrt aufhören könnte. Und ein bisschen habe ich mich sogar schon damit abgefunden, auf ewig eine Seemannsbraut zu sein.
    »Opa, mach dir bitte keine Sorgen. Es geht mir gut«, sage ich lächelnd und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Mein Opa schüttelt nur ungläubig seinen Kopf.
    Ich weiß, dass er Heribert mag. Vor zwei Wochen erst waren wir gemeinsam hier. Heribert wollte sich verabschieden. Die beiden saßen nebeneinander auf der Hollywoodschaukel, tranken Bier und unterhielten sich über Fußball, Politik und die Seefahrt. Es war schön, die zwei so zu sehen. Mein Opa blühte richtig auf. Wenn er einen Witz machte oder über einen Witz von Heribert lachte, gab er ihm einen kräftigen Klaps auf den Oberschenkel und schüttelte sich dabei vor Lachen. Seit dem
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