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Seelensunde

Seelensunde

Titel: Seelensunde
Autoren: Silver Eve
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Vorlieben fest. Er war durch und durch ein Gentleman und konnte – und wollte – das auch nicht leugnen.
    Vor etwa dreihundert Jahren nach irdischer Zeitrechnung hatte Sutekh mit drei verschiedenen sterblichen Frauen vier Söhne gezeugt, um seine Macht unter den Menschen zu mehren. Nur Alastor und Dagan hatten dieselbe Mutter. Aber Sutekh hatte seine Söhne getrennt voneinander aufwachsen lassen. Dagan hatte er bei sich in der Unterwelt behalten, die anderen drei, Alastor, Malthus und Lokan hatte er von sterblichen Eltern aufziehen lassen. Nicht zuletzt hatte er mit diesem Experiment herausfinden wollen, welcher seiner Söhne der stärkste war.
    Auf diese Weise war England Alastors Heimat geworden. Er war in dem Wissen aufgewachsen, dass er einen Adelstitel erben würde. Die Menschen, die er für seine Eltern gehalten hatte, waren alt genug gewesen, dass sie seine Großeltern hätten sein können. Seine älteste Schwester war fast zwanzig gewesen, als er noch in den Windeln gelegen hatte. Ihm hatte es an nichts gefehlt. Er war in einer Schar von weiblichen Verwandten als einziger männlicher Nachkomme umsorgt und umhegt worden.
    Bis Sutekh eines Tages wie ein Sturmwind in diese Idylle eingebrochen und Alastor aus seinem wohlbehüteten, privilegierten Leben gerissen hatte. Vom Gipfel der menschlichen Gesellschaft war er in die Tiefen der Unterwelt abgestürzt. Dort hatte er schließlich seine Brüder Dagan, Malthus und Lokan kennengelernt. Letzten Endes hatten sie ihm geholfen zu überleben – und ihn davor bewahrt, in Hoffnungslosigkeit und Bitternis zu versinken.
    Inzwischen hatte sich der Mann vor der Bühne wieder aufgerichtet und blickte nun triumphierend in die Runde seiner Kumpane. Er hatte glatt zurückgekämmtes Haar und buschige Augenbrauen. Für eine Sekunde sah Alastor ihm in die Augen – und bis in die Seele hinein. Was er dort sah, ließ ihn lächeln, so schwarz sah es darin aus.
    „Das war’s dann wohl für ihn. Schätze, sie wird ihn sich heute zum Abendbrot einverleiben.“
    „Sieht so aus.“
    „Jammerschade um so eine schöne Schwarze Seele.“ Der Mann musste jahrelang Niedertracht und Gemeinheit auf sich geladen haben, so sehr starrte seine Seele vor Schmutz. „Meinst du nicht, man könnte unsere Freundin dazu überreden, ihn mir zu überlassen? Ich wäre mal wieder dran, einen Job zu machen.“
    „Immer diensteifrig, unser Alastor. Ja, ja, Arbeit macht das Leben süß …“
    „… und Dad glücklich.“ In Sutekhs Diensten stand eine ganze Armee von Seelensammlern, in der seine Söhne, die die Prinzen im Reich waren, natürlich eine besondere Position innehatten. Unter den Sterblichen fuhren die Seelensammler ihre Ernte ein, um Sutekhs unersättlichen Hunger nach Schwarzen Seelen zu stillen. Die menschlichen Seelen waren gewissermaßen die „harte Währung“ der Unterwelt. Zwar mischten die Unterweltler auch bei allen möglichen anderen Geschäften mit, denen die Sterblichen auch nachgingen – Drogen, Prostitution, Waffenhandel. Letztendlich ging es aber vor allem um die Seelen.
    „Wir sind einzig dazu da, Sutekh glücklich zu machen.“ Malthus sah Alastor prüfend aus seinen hellen grauen Augen an. „Ich würde übrigens nicht empfehlen, Lillith das Abendessen wegzunehmen. Sie kann ziemlich unausstehlich werden, wenn sie Hunger hat. Wer ihr die Beute wegschnappt, muss den Verlust persönlich ersetzen.“
    „Wer sagt das? Steht das in der Hausordnung?“, fragte Alastor amüsiert.
    „Ihre Regeln.“ Malthus zuckte die Schultern. „Du kennst mich. Ich kenne, was Klauen angeht, überhaupt keine Skrupel. Aber in diesem Fall würde selbst ich lieber Abstand davon nehmen.“
    Skrupel kannte Malthus tatsächlich nicht. Er war mehr Pirat und Freibeuter als alles andere. So war er immer schon gewesen.Er liebte die Musik laut, die Drinks hart und Frauen feurig. Und er dachte nicht daran, für etwas zu bezahlen, das er auf andere Art umsonst bekommen konnte, ob es nun mit dem Gesetz konform ging oder nicht.
    „Na schön, wenn du meinst, halte ich mich eben daran. Aber sag mir endlich, was wir hier wollen. Sonst bin ich weg.“
    „Informationen, was sonst?“, antwortete Malthus finster. „Ich habe einen Hinweis auf jemanden, der Lokan in jener Nacht gesehen haben könnte.“
    In jener Nacht. In jener verhängnisvollen Nacht, in der Lokan in eine Falle gelockt und ermordet worden war. Alastor unterdrückte seine Wut und seine Trauer darüber. Er durfte sich keine Blöße geben. Er
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