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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher
Autoren: Martin Mucha
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dazu passenden Stühlen. Ganz hinten war noch ein Zweiertisch frei, und ein Kellner führte uns hin. Auf der anderen Seite der Terrasse drehte sich ein Wasserrad, lebensfroh glucksend. Zusammen mit dem Gemurmel der Essenden ergab das eine nette Atmosphäre.
    Wir bestellten, danach hielt ich es nicht mehr aus.
    »Also, schießen Sie los. Was wollen Sie von mir?«
    »Sie haben doch heute einen Kredit abgeschlossen, oder?«
    »Worauf wollen Sie hinaus?«
    Sie nippte an ihrem Weinglas. Ein roter Sizilianer, ein Primitivo. Dann holte sie ein Notizbuch heraus.
    »Auf die Konditionen.«
    »Das ist Privatsache.«
    »Also soll die Rechnung auch Privatsache sein?«
    »Ich habe gerade einen Kredit abgeschlossen. Ich schwimme im Geld.« In fünf Scheinen. Das sagte ich jedoch nicht dazu.
    Sie nahm noch einen Schluck.
    »Hm, der ist gut, so erdig und voll.« Sie ließ den Geschmack noch ein wenig nachwirken, bevor sie weitersprach. »Fangen wir noch mal von vorne an.«
    »Einverstanden.«
    »Ich bin Marianne Schauberger, Journalistin und hinter einer Story her.«
    Schade, irgendwie hatte ich auf mehr gehofft, sowohl was Namen als auch Hintergrund anging. Das klang mehr nach Waldviertel als nach einer abessinischen Schönheit. Ich brach mir ein Stückchen Weißbrot ab und tauchte es in Olivenöl. Ausgezeichnetes Brot, weich, sanft, guter Biss und perfektes Öl, leicht bitter und scharf, mit einem Hauch Zitrusnote.
    »Und Sie sind?«
    »Arim Shirandzmi. Arbeitslos und hinter einem Abendessen her. Aber ich denke, das wissen Sie längst.«
    »Wieso?«
    »Weil es auf meiner Wohnungstüre steht.«
    Sie lächelte.
    »Wohnungstüren haben manchmal falsche Namen.«
    »Wirklich? In meinem Fall nicht.«
    »Gemeldet ist in der Wohnung ein anderer.«
    »So? Wer?«
    »Ein Dr. Arnold Linder, Lektor an der Uni Wien.«
    »Kenn ich nicht, den Typen.«
    »Ist ein interessanter Kerl. Hat eine Polizeiakte, so dick wie die von Udo Proksch.«
    Sie öffnete ihr Notizbuch und orientierte sich einen Augenblick. Die Seiten waren voll mit einer kleinen, genauen Schrift in Blau. In dem Moment hätte ich meine Seele hergegeben, um in dem Notizbuch zu lesen, aber die hatte ich ja schon verkauft. Dann begann sie vorzulesen.
    »Das Ganze beginnt ’97, da hat man Sie bei einer Razzia in einem Bordell mitgenommen. Haben dort gearbeitet. Im gleichen Jahr hat man Sie beim Autoklauen erwischt, leider stellte sich heraus, dass es Ihr eigenes Auto war. In den nächsten Jahren gibt es jede Menge Einträge wegen Verwicklungen in Eigentumsdelikte, Gewalttaten, illegales Glücksspiel, …«
    Sie wollte die Liste offensichtlich fortsetzen, aber ich unterbrach sie.
    »Ich weiß, was ich getan habe. Damit können Sie mich nicht unter Druck setzen. Ich wurde nie verurteilt. Nicht mal eine Vorstrafe können Sie mir nachweisen.«
    »Das will ich auch gar nicht. Ich wollte Ihnen nur zeigen, dass ich gut recherchiere.«
    »Gut recherchieren? Machen Sie sich nicht lächerlich. Ihre Zeitung zahlt in den Urlaubstopf der Polizei, dann reicht ein Anruf. Da sucht der Polizeipräsident persönlich. Nur bei heikleren Sachen muss nachgezahlt werden.«
    Ich war sauer. Solche Quellen hätte ich auch gerne gehabt. Bei der Polizei saßen jedoch leider keine Freunde von mir, und wenn ich in den Topf gezahlt hätte, würde sich die Kiberei nur schiefgelacht haben.
    »Der Umgang mit sensiblen Daten unterliegt der journalistischen Ethik.«
    »Blödsinn, der Auflage. Ihr hättet Haider schon vor 15 Jahren den Garaus machen können, Ähnliches gilt für Strache, aber so hättet ihr mit ihnen keine Auflage mehr gemacht. Nur wenn es um normale Bürger geht, habt ihr keine Skrupel. Journalistische Ethik gabs vielleicht noch im 19. Jahrhundert. Heute gibt es nur mehr Vermarktbarkeit, Reichweiten und Anzeigenpreise.«
    Ich brach mir noch ein Stück Brot ab. Weißbrot mit Olivenöl beruhigt kolossal.
    »Aber wir wollen uns nicht streiten. Sie sind hinter einer Story her«, lenkte ich ein.
    »Korkarian vergibt interessante Kredite. Ich bin ihm schon einige Zeit auf der Spur. Heute hab ich gesehen, wie Sie in sein Büro gingen. Dann bin ich Ihnen gefolgt und habe ein bisschen telefoniert. Sie können mir nicht einreden, dass Sie nur wegen eines Kredits dort waren. Also, was wissen Sie von ihm?«
    »Warum gehen Sie nicht selbst hin und schauen es sich an? Fürchten Sie etwa um Ihr Seelenheil?«
    »Ach wo, Seelen gibt’s nicht. Ich war schon dort, doch es hat nicht geklappt.«
    »Warum?«
    »Weil Korkarian
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