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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer
Autoren: G O'Carroll
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ganzes Leben lang. Und wenn der alte Johnny eines nicht ausstehen kann, dann sind es billige Lügen. Du und ich, Jane, wir sind eine Familie. Aber wenn ich das Gefühl hätte, dass du mich anlügst, würde ich trotzdem den Anker lichten und ein Stück die Liffey entlangschippern, hinaus in die Irische See. Dort würde ich dir dann die Hand- und Fußgelenke mit ein paar schweren Ketten zusammenbinden und dich über Bord werfen.« Er schnippte mit den Fingern. »Und schon gibt’s keine Jane Finucane mehr und keine kleine Lügen.«
    Jane hätte sich vor Angst fast in die Hose gemacht, während sie auf dem Ledersofa ihres Cousins saß und von ihm mit Blicken durchbohrt wurde. Oben an der Treppe stand immer noch der Glatzkopf und sah ihnen zu, ein wölfisches Grinsen im Gesicht. Johnny ließ sich neben ihr nieder. »So«, sagte er, »nun werde ich dir noch mal dieselbe Frage stellen, und nachdem du jetzt weißt, wie es abläuft, kannst du mir eine Antwort geben. Ich muss dir allerdings sagen, dass wir das wie bei einem Fernsehquiz handhaben: Ich kann nur deine erste Antwort gelten lassen. Falls du sie revidieren musst, treten wir unsere Schiffsreise an, und vorher lasse ich Dessie seinen Spaß mit dir haben.« Er blickte zur Treppe hinüber. »Und Dessie mag es hart, Jane. Er tut seinen Frauen gern weh.«
    Sie zitterte inzwischen am ganzen Körper. Es fehlte nicht viel, und sie hätte vor lauter Angst seine ganze Couchgarnitur vollgepinkelt.
    »Also lass hören«, sagte er sanft. »Ich frage dich jetzt, und ich frage dich nur ein einziges Mal: War die Made bei dir, oder hast du die Bullen angelogen?«

Mittwoch, 3. September, 22:10 Uhr
    Maggs kaufte in dem Mini-Supermarkt an der Lower Camden Street eine Flasche spanischen Sekt. Er hatte so weit gehen müssen, weil er im Laden an der Ecke nichts Vergleichbares bekommen hatte. Für eine Flasche Moët reichte sein Budget nicht, aber Jane stellte da keine großen Ansprüche, außerdem schmeckte das spanische Zeug genauso gut. Nachdem er die Flasche in der großen Innentasche seines Mantels verstaut hatte, wanderte er zurück in Richtung Kanal. Momentan regnete es nicht, auch wenn ein strenger Wind über die Stadt hinwegfegte.
    Zwei Männer in Gewahrsam. Das zauberte ein Lächeln auf sein Gesicht. Nach all der Zeit hatte er kaum noch damit gerechnet, aber am Ende siegte eben doch Justitia, egal, wie langsam ihre Mühlen mahlten.
    Zehn Minuten später bog er in die kleine Gasse ein und ließ den Blick an dem Sechziger-Jahre-Wohnblock hinaufschweifen: graue Betonbalkone, billige Fliesen und große rechteckige Fenster. Er war von jedem Verdacht befreit. Endlich hatten sie jemand anderen am Wickel, was bedeutete, dass er die Flügel ausbreiten und neu durchstarten konnte, wenn er wollte. Wobei er natürlich auch ans Geldverdienen denken musste. Er hatte noch keinen Job, und früher oder später würde selbst die Großzügigkeit von Gruppen wie der in Harold’s Cross ein Ende haben.
    Das betonierte Treppenhaus roch unangenehm. Bisher war ihm das nie so richtig aufgefallen. Vielleicht brachte dieses neu entdeckte Gefühl von Freiheit mit sich, dass sämtliche Sinne sich bei ihm entfalteten. Er roch, dass irgend so ein kleiner Drecksack mitten auf die Treppe gepinkelt hatte, wo andere Leute gehen mussten. Vielleicht würden er und Janey ja bald umziehen. Sie hatten etwas Besseres verdient als diese Wohnung hier. Er zog seinen Schlüssel aus der Tasche und sperrte auf. »Ich bin wieder da, Liebling«, rief er, »aber wir müssen uns mit spanischem Sekt begnügen!«
    Er bekam keine Antwort.
    »Bin wieder da!«, rief er noch einmal. »Es gab keinen richtigen Schampus, deswegen habe ich eine Flasche von dem spanischen Zeug genommen. Selbst dafür musste ich bis runter zur Camden Street.«
    Noch immer keine Antwort. Als er die Tür zum Schlafzimmer aufschob, sah er, dass sie sich ein Nachthemd herausgelegt hatte. Von seiner Freundin selbst fehlte jede Spur.
    »Jane?«, rief er. »Janey, wo bist du?«
    Sie war weder in der Küche noch im Wohnzimmer, aber im Bad schimmerte ein Rest von Wasser in der Wanne. Dann fiel sein Blick auf die Garderobe in der Diele. Janes Mantel war weg – obwohl ihr Handy noch in der Küche auf der Arbeitsplatte lag, neben ihrer Handtasche. Er kratzte sich am Kopf. Wieso sollte sie ohne Geld und Handy das Haus verlassen? Er ging auf den Balkon hinaus, beugte sich über das Geländer und spähte die kleine Gasse auf und ab, aber auch dort war weit und breit
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