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Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)

Titel: Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
Autoren: Franziska Steinhauer
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dache Nachtigall mitfühlend.
    »Ja. Mein Name ist Korbmacher. Sieglinde Korbmacher.«
    Über einer weißen Spitzenbluse mit Stehkragen trug sie eine lachsfarbene Strickjacke aus Angorawolle. Dünne, eigentümlich verbogene Beine lugten unter einem wadenlangen, ebenfalls weißen Rock hervor. Trotz der Wärme trug sie Strumpfhosen. Die Schuhe waren hell, flach und bequem.
    Sie boten ihr einen Stuhl an, sie nahm etwas umständlich Platz und sah die drei Männer aus wachen, grauen Augen an.
    »Sehen Sie, ich wollte eigentlich schon früher zu Ihnen kommen, aber leider war ich nicht dazu in der Lage«, sie hüstelte verlegen. »Ich musste das Bett hüten, aber nun geht es wieder bergauf.«
    Sie machte eine kleine Pause.
    »Meine Wohnung liegt über der von Frau Markwart. An jenem Tag, als sie den Tod fand, war es sehr heiß und ich hatte alle Fenster weit geöffnet. Ich lege es nicht darauf an die Gespräche meiner Mitmenschen zu belauschen, aber mitunter bleibt es nicht aus, dass ich sozusagen Ohrenzeuge werde. An jenem Tag bekam Frau Markwart Besuch. Die Polizei wollte mit ihr sprechen und ich hörte, wie sie den Schlüssel hinunterwarf. Eine wirklich schlechte Angewohnheit von ihr, und auch so unhöflich! Wie dem auch sei, ich hörte auch, wie jemand das Haus betrat und ihre Wohnungstür aufschloss. Einige Zeit später klappte die Tür erneut und ich hörte, wie sich jemand verabschiedete.«
    »Das war ich«, erklärte Michael Wiener.
    Die Augen der Dame musterten ihn voller Interesse.
    »Aha. Nun, ich glaubte jedenfalls, nun würde Ruhe einkehren, doch da hörte ich schon wieder eine junge Stimme. Diesmal von der Presse. Die Lausitzer Rundschau mache eine Art Portrait über Menschen und ihre Straßen. Ob Frau Markwart wohl einen Moment Zeit hätte? Wieder wurde der Schlüssel hinuntergeworfen und jemand schloss ihre Wohnungstür auf. Eine Zeit lang drang reges Gemurmel zu mir hinauf, die beiden schienen sich gut zu unterhalten. Dann gab es einen dumpfen Aufprall und noch etwas später wurde die Wohnungstür leise geschlossen. Ich weiß, so wie ich das jetzt erzähle, müssen Sie sich fragen, warum ich mich nicht gleich gemeldet habe, das kling alles höchst verdächtig. Aber so war es nicht. Ich hörte dies und das und erst retrospektiv ergab sich daraus ein Bild. Schließlich wusste ich nicht, dass der zweite Besucher sie ermorden würde.«
    »Und Sie konnten sich nicht eher bei uns melden?«
    »Nein, ich wurde am nächsten Morgen im Krankenhaus erwartet. Und für ein paar Tage bestimmten die Nebenwirkungen der Medikamente mein Denken und meinen Tagesablauf. Chemotherapie.«
    »Das verstehen wir natürlich. Können Sie uns sagen, ob es ein Mann oder eine Frau war, den die Zeitung geschickt hat?«
    »Ja, das ist merkwürdig. Ich weiß es nicht sicher zu sagen. Aber es war eine recht jugendliche Stimme – jedenfalls nicht so brüchig wie meine. Aber wissen Sie, ich habe mich nicht darauf konzentriert. Ich war dabei meinen Koffer zu richten und all die Dinge zu bedenken, die vor einer unkalkulierbar langen Abwesenheit wichtig sind. Das Testament auf den Tisch legen, den Kühlschrank ausräumen, den Müll zusammenpacken.«
    Nachtigall strich sich gedankenverloren über das lange Pflaster am Oberarm. Chemotherapie, Krankenhausaufenthalt, den nahenden Tod vor Augen, die arme Frau, dachte er dann.
    »Es ist sehr freundlich, dass Sie gekommen sind. Dürfen wir Sie nach Hause bringen?«
    »Sie meinen in einer grünen Minna?«, sie lächelte ihn schelmisch an. »Was werden da die Nachbarn sagen! Das ist eine großartige Idee«, lustige kleine Funken leuchteten in ihren Augen und Peter Nachtigall lächelte zurück.
    »Na dann. Ich bestelle Ihren Wagen, Madam!«, freute sich auch Michael Wiener und rief bei der Pforte an.
    »Und das nächste Mal können Sie sich auch abholen lassen, wenn Sie uns besuchen kommen wollen!«, Peter Nachtigall zwinkerte ihr zu, als er sich von ihr verabschiedete und sie legte den Kopf leicht schief. Michael Wiener begleitete sie zum Eingangsbereich und übergab sie an die Besatzung eines Streifenwagens.
     
    »Michael, du fährst mit Albrecht bei der Zeitung vorbei. Kann ja sein, dass die wirklich so eine Artikelserie geplant haben. Dann hätte unser Täter Insiderwissen gehabt. Oder sie haben tatsächlich jemanden hingeschickt und der Besuch hat mit Frau Markwarts Tod gar nichts zu tun. Mann, erst sah alles recht einfach aus, dann hatten wir jede Menge Verdächtige und nun bleibt uns kaum noch
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