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Seelenmoerder

Titel: Seelenmoerder
Autoren: authors_sort
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unguten Gefühl im Bauch nahm er den Ordner von ihr entgegen und stellte ihr nacheinander die anwesenden Beamten vor. »Die Detectives Cantrell, McElroy und Holmes. Gestern Abend wurde uns eine weitere Vergewaltigung gemeldet, und ich habe gerade alle auf den neuesten Stand gebracht.« Er wandte sich an die Gruppe. »Ich will sämtliche Detectives und uniformierte Kollegen am Tatort haben. Holmes, bis ich da bin, übernimmst du die Vernehmungen. Wir sehen uns später.«
    Stühle scharrten über den Boden, als die Polizisten aufstanden und zur Tür gingen. Abbie wandte sich um, als wollte sie ihnen folgen, doch Ryne hielt sie auf. »Phillips, ich möchte erst mit Ihnen sprechen.«
    Sie sah zu ihm auf. Bei ihrer Größe musste sie gewiss zu den meisten Männern aufsehen, da sie kaum einen Meter sechzig maß. Und ihre rauchgrauen Augen waren so arglos wie die einer Zehnjährigen.
    »Wir können uns im Wagen unterhalten. Ich möchte so bald wie möglich den Tatort sehen.«
    »Später.« Er trat an den Beamer und machte ihn aus, ehe er zwei Stühle heranzog und auf einen davon zeigte.
    Sie kam herüber und setzte sich. Er ließ sich auf den anderen Stuhl fallen, legte ihre Akte vor sich auf den Tisch und schlug sie auf. Kaum hatte er ein wenig hineingelesen, wurde seine Miene erst ungläubig, dann ärgerlich.
    »Sie sind keine Polizistin.«
    Abbie hielt seinem Blick stand. »Ich bin selbstständige Beraterin. Unsere Agentur arbeitet bei problematischen Fällen mit der Polizei zusammen. Wenn Sie Bedenken wegen meiner Qualifikation haben, finden Sie hier meine bisherigen Tätigkeiten aufgelistet. Commander Dixon schien zufrieden zu sein.«

    Dixon. Dieser hinterhältige Mistkerl. »Ich fürchte, da hat es ein Missverständnis gegeben.« Ryne sprach die Untertreibung gelassen aus. »Was unsere Sonderkommission braucht und was ich von Commander Dixon erbeten habe, war ein zusätzlicher Ermittler. Besser zwei. Jedenfalls brauchen wir keine Seelenklempnerin.«
    In ihren ruhigen grauen Augen flackerte etwas auf, was Wut hätte sein können. »Ich habe einen Doktor in forensischer Psychologie …«
    »Einen Doktor brauchen wir erst recht nicht.«
    Sie ignorierte seinen Einwand. »Und seit ich bei Raiker Forensics bin, habe ich an über dreißig spektakulären Fällen mitgearbeitet.«
    »Verdammt.« Er konnte sich eigentlich gewandter ausdrücken, doch in diesem Moment mangelte es ihm an jeglicher Diplomatie. »Wissen Sie eigentlich, mit was für einem Fall wir es hier zu tun haben? Da draußen läuft ein Serienvergewaltiger frei herum, und angesichts seines jüngsten Opfers werden mir bald die Medien aufs Dach steigen. Ich brauche einen zusätzlichen erfahrenen Ermittler, nicht jemanden, der diesen Abschaum auf die Couch legt, wenn wir ihn haben.«
    Sie verzog keine Miene. »Aber dazu müssen Sie ihn erst fassen, oder? Und dabei kann ich Ihnen helfen. Ich habe letztes Jahr am Romeo-Vergewaltigungsfall in Houston mitgearbeitet. Der Täter sitzt momentan eine Haftstrafe von fünfundzwanzig Jahren in Allred ab. Mehr als die Hälfte der Fälle, an denen ich beteiligt war, hatte mit Serienvergewaltigern zu tun. Ich bin genau die Richtige für diesen Fall, Detective Robel. Das haben Sie nur noch nicht begriffen.«
    Von dem Fall in Houston hatte er schon einmal gehört, doch er wollte die Erinnerung jetzt nicht vertiefen. »Wenn
wir psychologische Beratung brauchen, können wir jederzeit auf einen unserer Polizeipsychologen zurückgreifen.«
    »Und wie viele davon – beziehungsweise wie viele Ihrer Ermittler – wurden von Adam Raiker ausgebildet?«
    Ryne antwortete nicht sofort, sondern musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. Der Name war ihm selbstverständlich bekannt, wie wohl den meisten Kriminalpolizisten. Der frühere FBI-Profiler hatte sich einen fast legendären Ruf erworben, bis er vor wenigen Jahren von der Bildfläche verschwunden war. »Raiker? Ich dachte, der sei …«
    »Tot?«
    Schon möglich. »Im Ruhestand.«
    Ihr Lächeln war undurchschaubar. »Er hätte gegen beide Bezeichnungen etwas einzuwenden.«
    Es war reine Zeitverschwendung. Derjenige, an den er seine Einwände hätte richten sollen, befand sich im selben Moment oben in Captain Browns Büro und spielte politisches Pingpong. Die Stuhlbeine scharrten über den Fußboden, als er sich erhob. »Warten Sie hier.« Er ging hinaus und durch das Großraumbüro. Doch auf halbem Weg zur Treppe, die in die Verwaltungsetage führte, begegnete ihm der Gesuchte, umringt
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