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Seelenlos

Seelenlos

Titel: Seelenlos
Autoren: D Koontz
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wegzunehmen.
    Ich hielt sie fest. » Sir, wissen Sie, was an der Lage der Menschheit am schlimmsten ist?«
    Bill Burton meinte: »Die Steuern.«
    »Da gibt es noch was Schlimmeres«, sagte ich.
    »Das Benzin wird immer teurer, und die Hypothekenzinsen sind auch nicht mehr, wie sie mal waren«, gab Manuel zu bedenken.
    »Am schlimmsten ist, dass diese Welt ein Geschenk für uns war, und wir haben sie zerbrochen. Das heißt, wenn wir es anders haben wollen, müssen wir sie selbst wieder reparieren. Aber das können wir nicht. Wir versuchen es, aber wir schaffen es nicht.«
    Ich fing an zu weinen. Die Tränen überraschten mich. Ich hätte gedacht, ein für alle Mal genug geweint zu haben.
    Manuel legte mir eine Hand auf die Schulter. »Vielleicht können wir sie doch reparieren«, sagte er. »Weißt du? Vielleicht.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Wir sind zerbrochen. Etwas, das zerbrochen ist, kann sich nicht selbst reparieren.«
    »Vielleicht doch«, sagte Karla und legte mir eine Hand auf die andere Schulter.
    Ich saß da und heulte wie ein Schlosshund. Das war mir zwar peinlich, aber doch nicht peinlich genug, um mich zusammenzureißen.
    »Junge«, sagte Chief Porter, »das musst du nicht allein zuwege bringen, weißt du?«
    »Ja, ich weiß.«
    »Also liegt die zerbrochene Welt nicht nur auf deinen Schultern. «

    »Sonst wäre die Welt auch ganz schön beschissen dran.«
    Der Chief hockte sich neben mich. »Das würde ich nicht sagen. Das würde ich überhaupt nicht sagen.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete ihm Karla bei.
    »Ich könnte ein Bier gebrauchen«, sagte Manuel.
    »Du bist im Dienst«, erinnerte ihn Bill Burton. Dann sagte er: »Hol mir auch eins.«
    Ich sah den Chief an. »Im Panamint-Resort liegen zwei Tote und unten im Kanal noch zwei.«
    »Erklär mir doch mal genau, was los war«, sagte er. »Wir werden schon damit fertig.«
    »Was getan werden musste … es war so schwer. Wirklich schwer. Aber das Schwerste ist …«
    Karla gab mir eine Packung Papiertaschentücher.
    »Was ist das Schwerste, Junge?«, fragte der Chief.
    »Das Schwerste ist, dass ich auch tot war, aber irgendjemand hatte etwas dagegen, deshalb bin ich wieder da.«
    »Ja. Das hast du vorher schon mal gesagt.«
    Mir wurde eng um die Brust. Ein Kloß steckte mir im Hals. Ich konnte kaum mehr atmen. »Chief, ich war so nahe dran an Stormy, so nahe dran am Dienst.«
    Er nahm mit beiden Händen mein nasses Gesicht, hob es an und zwang mich, ihn anzuschauen. »Nichts vor seiner Zeit, Junge! Alles zu seiner eigenen Zeit, nach seinem eigenen Plan.«
    »Hm.«
    »Du weißt doch selber, dass das stimmt.«
    »Es war ein unheimlich harter Tag, Sir. Ich musste schreckliche Dinge tun. Dinge, die niemand mit sich herumschleppen sollte.«
    »Mein Gott, Oddie«, flüsterte Karla, »bitte denk doch nicht so.« Zu ihrem Mann sagte sie kläglich: »Wyatt?«

    »Junge, man kann etwas, das zerbrochen ist, nicht reparieren, indem man einen anderen Teil davon zerbricht. Verstehst du, was ich meine?«
    Ich nickte. Ich verstand ihn tatsächlich. Aber zu verstehen hilft nicht immer.
    »Wenn du aufgibst … dann zerbrichst du nur einen anderen Teil von dir selbst.«
    »Beharrlichkeit«, sagte ich.
    »Genau.«
    Am Ende des Häuserblocks bog ein Rettungswagen in die Straße ein, mit blinkenden Lichtern, aber ohne Sirene.
    »Ich glaube, Danny hat ein paar Knochenbrüche, aber er hat versucht, das vor mir zu verbergen«, sagte ich zum Chief.
    »Wir holen ihn. Man wird ihn wie ein rohes Ei behandeln, Junge.«
    »Er weiß noch nicht, was mit seinem Vater geschehen ist.«
    »Aha.«
    »Es wird sehr schwer sein, Sir. Ihm das zu erzählen, meine ich. Unheimlich schwer.«
    »Ich werde es ihm sagen, Junge. Überlass das mir.«
    »Nein, Sir. Ich wäre dankbar, wenn Sie dabei sind, aber sagen muss ich es ihm. Er denkt bestimmt, er ist an allem schuld. Deshalb wird er am Boden zerstört sein, und dann braucht er jemanden, bei dem er sich anlehnen kann.«
    »Er kann sich ja bei dir anlehnen.«
    »Das hoffe ich, Sir.«
    »Ganz fest kann er sich bei dir anlehnen. Bei wem könnte man das besser?«
    Und so fuhren wir zum Panamint, wo der Tod Vabanque gespielt und – wie immer – gewonnen hatte.

62
    Mit vier Polizeiautos, einem Rettungswagen, einem Leichenwagen, drei Leuten von der Spurensicherung, zwei Sanitätern, sechs Cops, einem Chief und einer Karla kehrten wir zum Kasino zurück.
    Ich fühlte mich wie gerädert, aber nicht so erschöpft und kurz vor dem Zusammenbrechen
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