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Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand

Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand

Titel: Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
Autoren: Mauel Veronika
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Sie könnte die nächsten Monate oder Jahre in Gesellschaft von Thea, Hanna und all den anderen Mädchen verbringen, deren Seelen sich die Le Vrai Zwillinge bemächtigt hatten.

    Wohin sonst, als in die Klapse, sollten fürsorgliche Eltern ihr Kind, das von Begegnungen mit dem Teufel erzählte, schicken.

    Mia ließ das Frotteetuch zu Boden gleiten und kuschelte sich zurück ins Bett, während ihre Gedanken zu kreisen begannen. Wahrscheinlich würde es das Beste sein, so nah wie möglich an der Wahrheit zu bleiben, denn vor allem ihre Mutter roch frei erfundene Lügengeschichten auf hundert Meter Entfernung.

    Mia wickelte sich fröstelnd die Decke enger um die Schultern. Dass sie gestern Abend aufgrund ihres Zorns im Affekt gehandelt hatte und nach Berlin abhauen wollte und dabei unfreiwillig Bekanntschaft mit Anhängern einer Teufelssekte gemacht hatte, hörte sich doch ziemlich glaubwürdig an. Den Rest, was nach dem Vorfall im Stadtpark geschehen war, den würde sie unterschlagen.

    Mit dem musste sie wohl oder übel alleine fertig werden. Noch jetzt hallten die abscheulichen schmerzerfüllten Rufe in ihren Ohren nach. Sobald sie die Augen schloss, loderten meterhohe Flammen. Bösartige, zu Krallen geformte Finger griffen nach ihr und kalte, stahlblaue Augen musterten sie. Doch dann begann das Bild dieser Augen zu verschwimmen und zurück blieb ein Blau, so stechend wie der Sommerhimmel, so rein wie das klarste Wasser und so warm wie ein Regenschauer im August.

     
    Ein zögerliches Klopfen holte Mia aus ihrem Gedankenwirrwarr zurück in die Realität.

    »Ja«, rief sie und drehte sich ergeben auf den Rücken. Früher oder später musste sie sowieso auf Konfrontationskurs mit ihren Eltern gehen. Und ob jetzt oder in ein paar Stunden blieb sich gleich. Die Situation würde ohnehin dieselbe bleiben.

    Vorsichtig, fast so als ob sie austesten wolle, was sie für eine Reaktion auf ihr Erscheinen erwartete, trat ihre Mutter ins Zimmer.

    »Darf ich reinkommen?« Die Stimme ihrer Mutter hatte etwas Unterwürfiges an sich und Mia konnte sich nicht erklären, warum. Immerhin war sie diejenige, die Mist gebaut hatte.

    Sie nickte.

    Wie ein Geist schlich ihre Mum zum Bett, ließ sich darauf nieder und musterte ihre Tochter nachdenklich.

    »Ich weiß, du willst wissen, was gestern Abend passiert ist«, stellte Mia sachlich fest.

    Mias Mutter hob die Schultern. »Ich will dich zu nichts zwingen, mein Schatz. Wenn du es mir erzählen willst, höre ich dir gerne zu. Doch solltest du der Ansicht sein, es wäre besser, es für dich zu behalten, so werde ich das auch respektieren.«

    Mia zog erstaunt die Augenbrauen nach oben. Sie hätte so ziemlich mit allem gerechnet. Wochenlangem Hausarrest. Schimpfeskapaden bis in die Abendstunden. Ein Hagelschauer an Verboten. Aber nicht hiermit. Ruhig und gelassen saß ihre Mum auf der Bettkante und sah sie aus Augen an, in denen nicht der kleinste Funken Vorwurf zu erkennen war.

    Mia richtete sich auf und ließ sich anstandslos in die Arme ihrer Mutter ziehen, eine Geste, die es schon seit Jahren nicht mehr gegeben hatte. Unter Tränen erzählte sie stockend von ihren Erlebnissen der letzten Nacht. Wie geplant hielt sie sich an die Version, bei der sie an der Stelle, die ihre Flucht vor der Teufelssekte beschrieb, aus ihren Erzählungen ausstieg.

    Beruhigend strich Mias Mum den Rücken ihrer Tochter, der sich aufgrund der zahlreichen Schluchzer heftig hob und senkte.

    Doch sie kannte ihr Kind zu gut, um ihr den Tatsachenbericht ohne Wenn und Aber abzunehmen. Derartiges konnte ihre ansonsten so abgebrühte Tochter nicht so verstören. In Berlin lag es an der Tagesordnung, dumme Sprüche und Drohungen abzubekommen. Dagegen war Mia schon seit Jahren gewappnet.

    Darum konnte sie sich auch eine kleine Nachfrage nicht verkneifen.

    »Das war noch nicht alles, oder?«

    Das Schluchzen verstummte. Mia hob ihr völlig verheultes Gesicht und blickte ihre Mutter durch einen Tränenschleier an. Als sie in die verständnisvollen Augen sah, brachte sie es nicht über das Herz, ihre Mum zu belügen.

    »Nein«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Das war noch nicht alles.«

    Mias Mutter presste die Lippen aufeinander und nickte.

    »Doch den Rest wirst du mir nicht erzählen, habe ich recht?«

    Und bereits zum zweiten Mal an diesem Tag wunderte sich Mia über die kühle Sachlichkeit und das Verständnis.

    »Nein, ich … ich kann nicht«, flüsterte Mia so leise, dass ihre Mutter Mühe hatte,
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